Schäftlarn/Gräfelfing:Unterm Christbaum vereint

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Hilla Christians und Sarah Eghianruwa feiern Weihnachten

Von Cristina Marina, Schäftlarn/Gräfelfing

Voriges Jahr haben die Frauen zum ersten Mal Heiligabend miteinander verbracht: Hilla Christians aus Niederbayern und Sarah Eghianruwa aus Nigeria. Beide wohnten damals in Pullach; beide sind inzwischen weggezogen. Eine aus freien Stücken, die andere unter Zwang. Trotzdem feiern sie heuer wieder Heiligabend zusammen.

Getroffen haben sich die Frauen im September 2015 - vier Monate zuvor war Eghianruwa nach Deutschland gekommen. Im Juli kam ihre Tochter zur Welt. Christians engagierte sich im Pullacher Asylhelferkreis. Als sie die junge Mutter kennenlernte, lud Christians sie zu einer ihrer "Baby-Gruppen" ein.

Christians arbeitet als Familientherapeutin, berät Eltern und leitet Eltern-Kind-Gruppen an, kleine Runden, in denen frischgebackene Eltern sich in ihrer neuen Rolle miteinander austauschen. Fünf Tage vor Weihnachten zog Christians Mann aus. "Es war alles in Ordnung so", sagt Hilla Christians heute. Ihre mittlerweile großen Kinder wollten erst einmal für sich Weihnachten feiern. "Auch um die neue Situation zu verarbeiten." Christians stellte fest, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit "an Weihnachten frei hatte". Sie dachte an Eghianruwa, der es aus anderen Gründen ähnlich ging.

Sarah Eghianruwa gehört zu den Christen in Nigeria, die zweitgrößte Religionsgemeinschaft des Landes. Weihnachten bedeute für sie, in die Kirche zu gehen, erzählt sie. Über ihre Flucht spricht Eghianruwa erst einmal nicht. Sie befindet sich im Asylverfahren, wie es auf Beamtendeutsch heißt. Als Sarah Eghianruwa kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland ihre Tochter zur Welt brachte, gab sie ihr den Namen Divine - die Göttliche. Divine ist heute zweieinhalb Jahre alt.

In der Unterkunft in Gräfelfing, wo die Familie seit einem Jahr lebt, trägt sie einen bunten Norwegerpulli und eine Kinderleggins mit grauem Leo-Muster. Wenn Hilla Christians sie besuchen kommt, läuft sie ihr in die Arme und die beiden spielen miteinander. "Nonna", so nennt Eghianruwa Christians inzwischen: das italienische Wort für "Oma".

Mit 54 Jahren gehört Hilla Christian allerdings zum Schlag der jungen Omas. Die Familie Eghianruwa habe sie "adoptiert", erzählt sie. Den Ausschlag gab, dass Sarah Eghianruwa noch einmal schwanger wurde. Der Vater - derselbe wie beim ersten Kind - durfte aus der Flüchtlingsunterkunft in München noch nicht zu ihr ziehen. Als alleinerziehende Schwangere sei sie in Gräfelfing einsam und auf sich allein gestellt gewesen, "also habe ich sie gefragt, ob sie wollte, dass ich bei der Geburt dabei bin", erzählt Christians. Sarah Eghianruwa wollte es. Seitdem trägt Hilla Christians den offiziellen Oma-Status für Divine und ihre sieben Monate alte Schwester Lilian.

Heiligabend im vergangenen Jahr war es "wunderschön", berichtet Eghianruwa. Sie haben bei Christians in der alten Wohnung in Pullach gefeiert, dieses Jahr feiern sie Heiligabend in der neuen Wohnung in Schäftlarn. Diesmal allerdings mindestens zu viert, denn nicht nur Baby Lilian ist als neues Familienmitglied hinzugekommen, sondern auch der Vater der Kinder durfte inzwischen zu seiner Familie ziehen.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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