Rätsel um Zukunft von Wiesn-Zelt:Wer wird Wirt im Hippodrom?

Bleibt Sepp Krätz nach dem Steuerhinterziehungs-Verdacht Wiesnwirt im Hippodrom? Fest steht nur: Es gibt Kollegen, die sehr gerne an seine Stelle rücken würden - darunter ist nicht nur ein berühmter Fernsehkoch.

Astrid Becker

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(Foto: Getty Images)

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Im Moment sieht es zwar noch so aus, als ob Sepp Krätz trotz des Verdachts auf Steuerhinterziehung Wirt auf dem Oktoberfest bleibt. Trotzdem muss sich die Stadt mit potentiellen Nachfolgern befassen. Die SZ stellt die wichtigsten der zwanzig Kandidaten vor, die sich offiziell beworben haben - und spekuliert über deren Chancen.

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(Foto: Catherina Hess)

Alfons Schuhbeck Er träumt schon lange von einem eigenen Zelt auf der Wiesn. Sein Problem ist allerdings seine Omnipräsenz. Es gibt fast nichts, wo Alfons Schuhbeck, 62, nicht auftaucht: Ob als Koch des FC Bayern, als kulinarischer Ratgeber im Radio und Fernsehen, als Eisverkäufer, Buchautor, Gourmettheater-Betreiber oder Markenbotschafter von McDonald's - Schuhbeck lässt einfach nichts aus. Dabei versuchte der gebürtige Traunsteiner sein Glück zunächst als Fernmeldetechniker, ehe er sich aufs Kochen besann. Bei seinem Adoptivvater im Waginger Kurhausstüberl erkochte er 1983 zum ersten Mal einen Michelin-Stern und galt schon bald als "Promi-Koch". In den neunziger Jahren sammelte er von Bekannten Geld für Kapitalanlagen ein - der Deal ging schief, und Schuhbeck geriet unter Betrugsverdacht. Das Verfahren gegen ihn wurde jedoch eingestellt. Schuhbeck soll aber auch selbst massiv geschädigt worden sein, er verließ Waging und eröffnete 2003 in München die Südtiroler Stubn am Platzl, das er mittlerweile mit einer Reihe von Lokalen und Geschäften beherrscht. Seine Chancen, zur Wiesn zugelassen zu werden, stehen dennoch nicht sonderlich gut: Alfons Schuhbeck ist vielen in der Stadt zu prominent, sie fürchten sich vor noch mehr Schicki-Micki auf dem Oktoberfest. Zudem hat sich der Gastro-Unternehmer schon mit vielem einen Ruf erworben, nur nicht als Volksfestwirt. Und das ist für die Stadt eines der wichtigsten Kriterien. Wahrscheinlichkeit: 5 Prozent

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(Foto: Denise Höfle)

Johanna Barsy Mit seiner fehlenden Volksfest-Erfahrung steht Schuhbeck nicht alleine: Auch Johanna Barsy gilt in städtischen Kreisen nicht gerade als ideale Kandidatin für diese wichtige Aufgabe. Dafür verbinden sie enge verwandtschaftliche Beziehungen zum Hippodrom: Sie ist die Schwester von Sepp Krätz und strebt nun auch in den "Olymp der Gastronomie", wie das Oktoberfest bei Wirten genannt wird. Mangelnde Kenntnisse der Großgastronomie sind ihr allerdings nicht vorzuwerfen: Immerhin betreibt sie mit ihrem Mann Johann seit 21 Jahren eines der wichtigsten Ausflugslokale im Münchner Umland: Forst Kasten bei Gauting. Der bekannte Biergarten verfügt über 2000 Plätze. Das offizielle Motto von Johann Barsy klingt schon stark nach Oktoberfest: "Wenn die Natur gedacht hätte, wir sollten uns von Nahrungsergänzungsmitteln ernähren, dann hätte die Evolution Brausetabletten wachsen lassen." Forst Kasten ist preisgekrönt: 2010 erhielt das Lokal die goldene Auszeichnung des bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Außerdem betreibt die Schwester von Krätz noch das "Waldheim" in Großhadern. Wahrscheinlichkeit: 30 Prozent

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(Foto: CATH)

Die Familie Brandl Nach einer zweijährigen Pause ist die Familie Brandl mit ihrem Unternehmen Vinzenzmurr seit 2010 wieder auf der Wiesn. Sie betreibt dort die "Metzger Stubn" und strebt längst nach einer Expansion, also nach einem größeren Zelt mit mehr Plätzen. Für die Urenkelin des Firmengründers, Evi Brandl, liegt der Griff nach einem Zelt wie dem Hippodrom ohnehin nahe: Sie hatte es nach dem Steuerhinterziehungsskandal der einstigen Wirte Marianne und Anton Weinfurtner 1994 gekauft. Nach nur fünf Tagen jedoch musste sie die Geschäftsführung einem anderen überlassen: Artur Fichtel. Denn auch sie sah sich im Visier der Steuerfahnder. Sieben Monate später verkaufte sie das Zelt wieder - an Sepp Krätz. Mittlerweile teilt sich Evi Brandl die Geschäftsführung des Metzgerunternehmens mit ihren beiden Söhnen Alexander und Markus (auf dem Foto rechts). Und zusammen will die Familie nun von den kleinen zu den großen Wiesnwirten aufsteigen. Ihre Chancen sind gar nicht mal schlecht: Weil die Brandls reichlich Erfahrung haben - und bei der Stadt als renommiertes Münchner Unternehmen gelten. Doch ganz ohne Tadel ist ihr Ruf nicht: Im Frühjahr des vergangenen Jahres gab es eine großangelegte Razzia in 22 Filialen der Großmetzgerei. Der Vorwurf damals: Dort sollen systematisch Wurstreste verarbeitet worden sein, zum Beispiel in Fleischsalat. Aber letzteres gilt ohnehin nicht als typische Wiesnspezialität. Wahrscheinlichkeit: 50 Prozent

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Brüder Hochreiter Bei ihnen ist der Wunsch, endlich zu den großen Wiesnwirten zu gehören, fast eine logische Konsequenz. Schließlich ist die Familie Hochreiter auf dem Oktoberfest bereits seit 1973 vertreten, damals mit einer kleinen Wurstbude am "Bräurosl"-Zelt. Einen Namen haben sich die Wirte jedoch mit ihrem 1970 eröffneten Biergarten am Viktualienmarkt gemacht, in dem etwa alle sechs Wochen ein anderes Münchner Bier zum Ausschank kommt. Christl und Erich Hochreiter haben den Ruhm der Gastronomenfamilie begründet, mittlerweile folgen dem 2008 gestorbenen Senior seine drei Söhne Erich, Dieter und Werner (Foto) nach. Jeder von ihnen ist für eines der drei kleinen Festzelte der Familie zuständig: Erich für die Weißbier-"Carousel"-Bar, Dieter für die Haxenbraterei und Werner für die "Bratwurst". Die Hochreiters verfügen also über die geforderte Erfahrung und über beste Beziehungen - zu allen Brauereien und zur Stadt. Ihre starke Präsenz auf der Wiesn könnte ihnen aber in diesem Fall auch zum Nachteil gereichen. Wahrscheinlichkeit: 75 Prozent

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(Foto: oh)

Siegfried Able Ihm wird nachgesagt, alles zu bekommen, was er sich in den Kopf setzt. Siegfried Able betreibt den See-Biergarten Lerchenau, das "Münchner Zuckerl" und "Pizza Panini" am Hauptbahnhof und im Stachus-Untergeschoss, einen Kiosk im Tierpark Hellabrunn, den "Münchner Eiszauber" am Stachus und seit 2008 die "Kalbskuchl" auf der Wiesn, wo er seit 1994 einen kleinen Stand hatte. Heute ist er für seine Ochsensemmeln berühmt, die darauf befindliche Sauce hat er sich sogar patentieren lassen - zum Ärger mancher Wirte, die die Rezeptur von der Haberl Gastronomie zu kennen glauben. Daher wird Able von vielen großen Wiesnwirten eher kritisch beäugt. Aber wenn der Spezialist für Event-Gastronomie erst einer von ihnen ist, wird sich das schnell ändern. Ables Chancen stehen gut - zumal er beste Beziehungen zur Rathaus-SPD haben soll: Deren Weihnachtsfeier fand jedenfalls im "Eiszauber" statt. Wahrscheinlichkeit: 78 Prozent

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(Foto: picture alliance / dpa)

Sepp Krätz Falls die Staatsanwaltschaft nicht Anklage gegen ihn erhebt, wird Sepp Krätz wohl wieder den Zuschlag bekommen. Der gelernte Metzger gilt als guter Gastronom, aber auch als Choleriker mit starkem Hang zur Selbstdarstellung. Als er seinen Titel "Gastronom des Jahres 2011" feierte, mietete er dafür die Residenz und engagierte Ministerpräsident Horst Seehofer als Laudator. Das dürfte der Stadtspitze wenig gefallen haben. Auch die kurz danach erhobenen Vorwürfe, er sei Mitarbeitern gegenüber handgreiflich geworden, sorgen für Unruhe - ebenso wie die drei Razzien wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Wahrscheinlichkeit: 85 Prozent

© SZ vom 01.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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