Prozess:Mann droht mit Anschlag in München: fünf Monate Haft

Lesezeit: 2 min

  • Ein junger Mann betrinkt sich und droht mit Terroranschlag, nun ist er vor Gericht zu fünf Monaten Haft verurteilt worden.
  • Yasin S. war dabei so betrunken, dass er nicht einmal mehr mitbekam, wie er vor den Polizisten in die Hecke pinkelte.

Von Christian Rost, München

Drei Tage nach den Terroranschlägen in Paris am 13. November 2015 versetzte ein 24-Jähriger in Neuperlach Passanten in Angst und Schrecken. Auf der Straße drohte er: "Morgen, 17 Uhr, passiert ein Anschlag. Yalla, yalla, ihr werdet alle sterben." Polizisten nahmen den betrunkenen Mann fest.

Das Münchner Amtsgericht verurteilte Yasin S. am Dienstag wegen Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten zu einer Haftstrafe. Dass er nun fünf Monate ins Gefängnis muss, hat der Einzelhandelskaufmann nicht erwartet.

Er ging die Sache vor Gericht recht locker an. Satte 15 Minuten kam der Angeklagte zu spät zum Verhandlungstermin und entschuldigte sich mit den Worten: "Ging nicht anders." Einen Anwalt brachte er nicht mit, was möglicherweise etwas unvorsichtig war, zumal er bereits elf Vorstrafen im Bundeszentralregister angesammelt hat - überwiegend Gewalttaten - und bei seiner Anschlagsdrohung sogar noch unter Bewährung stand.

Statistitik der USA
:Zahl der Terroranschläge geht weltweit zurück

2015 wurden weltweit 11 774 Angriffe verübt, 13 Prozent weniger als im Vorjahr. Hauptziel ist nicht der Westen.

Jedenfalls saß er alleine auf der Anklagebank und meinte, er könne sich nur noch sehr lückenhaft an die Geschehnisse an jenem Herbsttag erinnern. Zusammen mit einem Kumpel habe er "gefeiert", weil ihm an diesem Tag seine Freundin gesagt habe, dass sie schwanger sei.

Die Feier fiel dann etwas trostlos aus

Die Feier fiel dann zwar etwas trostlos aus - man holte bei einem Supermarkt Wodka und Red Bull und setzte sich in der Maximilian-Kolbe-Alle auf eine Bank -, dafür wurde "wirklich viel getrunken", wie sich S. noch erinnert. Auf 2,2 Promille kam er später beim Atemalkoholtest im Polizeirevier.

Nicht mehr erinnern konnte er sich angeblich, dass er zuerst einen Mann von einem Fahrrad schubsen, dann einem Passanten einen Tritt in den Allerwertesten versetzen wollte, aber nicht traf, und schließlich zwei Frauen übel anpöbelte. Einer der beiden wollte er dann das Handy wegnehmen, als diese die Polizei rief.

Angeblich wusste er auch nicht mehr, dass er bei der Ankunft einer Streifenbesatzung verbal richtig aufgedreht hatte. Zeugen berichteten, S. habe herumgebrüllt, selbst an den Pariser Anschlägen beteiligt gewesen zu sein. "Ihr seid alle ungläubig, ihr müsst alle sterben", rief er noch, als er vor den Augen der Polizisten, die ihm eigentlich nur einen Platzverweis erteilen wollten, in eine Hecke pinkelte. Dass er danach in Handschellen abgeführt wurde, daran konnte sich S. wieder erinnern.

Eigentlich lehnt er Terror ab, sagt S.

Die Drohungen mit Anschlägen bestritt S. nicht, er meinte, wenn Zeugen so etwas gehört hätten, dann habe er das wohl gesagt. "Das tut mir leid", meinte der junge Mann, der sich als friedlichen Menschen bezeichnete und beschwor, absolut nichts mit Terror zu tun zu haben. Er lehne Terror ab, sagte S.: "Ich muss einen Blackout gehabt haben."

Ein Sachverständiger vom Institut für Rechtsmedizin konnte dem Angeklagten aber keinen geistigen Komplettausfall durch seinen Alkoholkonsum bescheinigen. Zwar sei er erheblich alkoholisiert gewesen, damit sei seine Schuldfähigkeit aber nur eingeschränkt und nicht aufgehoben, so der Experte.

Terrorgefahr nach Brüssel
:Das Terror-Risiko wird überschätzt

Nach den Anschlägen in Brüssel erscheint die Terrorgefahr in Europa und Deutschland größer denn je. Risikoforscher Wolfgang Bonß sagt: alles Quatsch.

Interview von Lukas Ondreka

Die Staatsanwältin sah es ebenso und verlangte eine Haftstrafe von einem halben Jahr für Yasin S. Seit Jahren und insbesondere nach dem Terror in Paris sei das "Thema Nummer eins die Angst vor einem Anschlag". S. habe mit seinen Drohungen eine ganze Reihe Passanten verängstigt, so die Anklägerin.

Richterin Gertrud Schröder verhängte schließlich fünf Monate Haft. Eine Bewährungsstrafe kam aus Sicht der Vorsitzenden nicht mehr infrage. Nur ein halbes Jahr vor seinen Anschlagsdrohungen in Neuperlach war S. wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Nun müsse "die Flut an Straftaten unterbrochen" werden, meinte die Richterin mit Blick auf die Vollzugsstrafe.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: