Prozess:Leitender Ingenieur bei Bosch zweigt zwei Millionen ab

Lesezeit: 2 min

  • Der frühere Leiter des Brandlabors der Firma Bosch Sicherheitssysteme GmbH muss sich wegen Untreue in 61 Fällen vor Gericht verantworten.
  • Der Ingenieur rechnete Privatmöbel auf Firmenkosten ab.
  • Zusammen mit einem türkischen Geschäftsmann stellte er fingierte Rechnungen über Geschäfte in der Türkei.
  • Beide sind geständig und haben sich verpflichtet, das Geld zurückzuzahlen. Ihnen werden Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt.

Von Christian Rost

Der frühere Leiter des Brandlabors der Firma Bosch Sicherheitssysteme GmbH in Ottobrunn hat rund zwei Millionen Euro veruntreut und den größten Teil des Geldes auf Bankkonten in Österreich versteckt. Zudem ließ der 58-Jährige auf Firmenkosten Möbel für sich und Bekannte anfertigen. Wegen Untreue in 61 Fällen muss sich der Mann seit Donnerstag am Landgericht München I verantworten. Mitangeklagt ist ein 51 Jahre alter Geschäftsmann aus der Türkei, der den Ingenieur tatkräftig unterstützt hatte. Beide legten zum Prozessauftakt Geständnisse ab.

Der Ingenieur leitete bis Juli 2009 bei der Firma Bosch die Produktgruppe "Feuer". In dieser Funktion war er auch für Brandversuche in einem Labor verantwortlich - sie sind Voraussetzung für die Zulassung neuer Produkte. Für die Brandtests wurden Holzleisten, Paneelen und Möbel verwendet, deren Bestellung der Abteilungsleiter veranlasste. Die eingehenden Rechnungen zeichnete er selbst ab.

Der Ingenieur hatte die Rechnungen stets von Vorgesetzten abzeichnen lassen

Im Jahr 2005 verabredete er mit einem Schreiner aus dem Münchner Umland, der Bosch belieferte, dass dieser auch Möbelstücke für den Privatgebrauch anfertigen sollte. In 14 Fällen ließ der Ingenieur für sich oder für Bekannte diverse Einrichtungsgegenstände schreinern: zum Beispiel ein Liegengestell für 1600 Euro, Dekorationselemente mit Einbauleuchten für 764 Euro oder auch einen Lattenrost für 310 Euro. Für insgesamt knapp 80 000 Euro orderte der Bosch-Mitarbeiter Waren bei dem Schreiner, die er dann als Holzleisten für Brandversuche deklarierte und über seinen Arbeitgeber abrechnete.

Einen weitaus größeren Schaden verursachte der Mann im Zusammenspiel mit dem mitangeklagten Geschäftsmann aus Antalya, der als exklusiver Händler von Bosch-Produkten in der Türkei tätig war. Dieser sollte auf Anweisung des Ingenieurs auch die Zulassung von Brandmeldeanlagen bei den türkischen Behörden veranlassen. Dabei fielen Test-, Antrags- und Zertifizierungsgebühren an. Die beiden Männer vereinbarten, diese Gebühren mit einem 50-prozentigen Aufschlag zu versehen und zudem rein fingierte Rechnungen an Bosch zu stellen.

In den Jahren 2005 bis 2009 wurden von dem Unternehmen Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 1,8 Millionen Euro beglichen, wobei die Zulassung von Bosch-Produkten in der Türkei lediglich 68 000 Euro gekostet hat. Der Ingenieur hatte die Rechnungen auch stets von Vorgesetzten abzeichnen lassen, um sich laut Staatsanwaltschaft "als besonders pflichtbewusster und korrekter Hauptabteilungsleiter zu gerieren und keinen Untreueverdacht gegen sich aufkommen zu lassen".

Da die Vorgesetzten die Rechnungen nicht näher prüften, überwies die Firma Bosch die Beträge auf ein Konto des türkischen Geschäftsmannes bei der Hypo-Vereinsbank. Der 51-Jährige hob das Geld dort in bar ab und zahlte es auf Konten des Ingenieurs in Österreich bei der Volksbank Innsbruck-Schwaz ein. Dort liegen heute noch insgesamt etwa zwei Millionen Euro, wobei eine halbe Million Euro in Wertpapiere investiert wurde.

Nun aber wird das Konto geräumt. Sowohl der Ingenieur, der im April 2011 festgenommen wurde und drei Wochen in Untersuchungshaft saß, als auch der mitangeklagte Geschäftsmann haben sich zwischenzeitlich verpflichtet, das Geld an Bosch zurückzuzahlen. Sie hatten es sich eigentlich teilen und mutmaßlich für schöne Dinge ausgeben wollen - der Ingenieur hatte sich bereits einen Porsche bestellt.

Zumindest können die Angeklagten damit rechnen, nicht ins Gefängnis zu müssen. Weil sie den Schaden ausgleichen und zudem voll geständig sind, stellte ihnen die 9. Strafkammer unter dem Vorsitz von Philipp Stoll Bewährungsstrafen in Aussicht - im Fall des Ingenieurs eine Strafe von eineinhalb bis zwei Jahren, im Fall des Geschäftsmannes zwischen 15 und 18 Monaten.

Beide Freiheitsstrafen sollen für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Verteidiger Frank Eckstein und Osman Isfen stimmten dem Deal ebenso zu wie der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Das Gericht verpflichtete die beiden Angeklagten, sich an die mit Bosch getroffene Vereinbarung zu halten. Darin geht es nicht nur um die Rückzahlung des veruntreuten Geldes, sondern auch um die Kooperation des ehemaligen Bosch-Ingenieurs. Dieser soll dem Unternehmen weitere Personen benennen, die sich auf Firmenkosten bereichert haben. Der Ingenieur sagte dies bereits zu.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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