Polizei in München:Versuchter Mord an 29-Jährigem: Ermittler stellen Situation mit Puppe nach

Polizei in München: Eine Puppe als Opfer: Der Taxifahrer, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, soll den Fahrgast an der Kapuzinerstraße überfahren haben.

Eine Puppe als Opfer: Der Taxifahrer, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, soll den Fahrgast an der Kapuzinerstraße überfahren haben.

(Foto: Robert Haas)
  • Ein Taxifahrer soll im September einen 29-Jährigen auf der Kapuzinerstraße überrollt und dabei schwer verletzt haben.
  • Die Mordkommission ermittelt wegen versuchten Mordes gegen den Fahrer.
  • Nun haben die Ermittler die Situation mit einer Puppe nachgestellt.

Von Thomas Schmidt

Eine namenlose Puppe soll den Ermittlern der Mordkommission den Weg zur Wahrheit weisen. Sie legen die Menschengestalt auf die Kapuzinerstraße, drapieren Arme und Beine behutsam am Rand des Bordsteins, ihr Kopf weist zur Straßenmitte. Als alles in der richtigen Position ist, gibt ein Beamter Gas.

Mit einem Taxi, dem Taxi, überrollt er die Gestalt, die Puppe verkeilt sich zwischen Unterboden und Asphalt, wird meterweit mitgeschleift, bis das Taxi schließlich stoppt. Fotos und Filmaufnahmen werden erstellt, alles zentimetergenau vermessen. Es ist Dienstagnacht, die Mordermittler arbeiten.

Das Taxi - genau dieses Fahrzeug - soll am 15. September an selber Stelle einen 29-jährigen Münchner überrollt und schwer verletzt haben, so der Verdacht der Polizei. Sie ermittelt gegen den 54-jährigen Fahrer des Wagens wegen versuchten Mordes. Inzwischen wurde er festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Nun stellten Experten des Kommissariats gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft das Geschehen aus der Septembernacht nach. Das Auto ist dasselbe, für das Opfer muss die Puppe den Kopf hinhalten.

Der 29-Jährige selbst erinnert sich nur lückenhaft an die Nacht. Belegt ist, dass er nach einem Kneipenabend um kurz nach drei Uhr von dem 54-Jährigen mitgenommen wurde. Die Fahrt aber dauerte nur wenige Minuten. Der Taxler sagte bei seiner Vernehmung aus, sein Fahrgast sei betrunken und aggressiv gewesen, deswegen habe er angehalten und ihn rausgeworfen. Wutschnaubend soll der 29-Jährige daraufhin mit den Fäusten auf das Auto eingetrommelt haben. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden - so die Version des Taxifahrers -, sei er einfach davongefahren. Überfuhr also ein nachfolgendes Auto den wütenden Mann auf der Kapuzinerstraße?

Die Mordkommission hatte von Anfang an Zweifel an dieser Version. Sie ließ das Taxi sicherstellen, die Spurensicherung machte sich an die Arbeit. Am Unterboden des Wagens fanden die Experten mehrere Schleifspuren und Kleidungsreste, "die augenscheinlich von der verletzten Person herrührten", berichtete die Pressestelle der Polizei damals. Der Verdacht gegen den Taxifahrer erhärtete sich.

Könnte es sein, dass er das Opfer überfahren, meterweit über den Asphalt mitgeschleift und das nicht bemerkt hat? Wer die nächtliche Rekonstruktion des Geschehens am Dienstagabend verfolgt, kann sich das auch mit viel Fantasie nur sehr schwer vorstellen. Hat der Beschuldigte den Münchner aus Versehen oder vielleicht sogar absichtlich überrollt? Bei der Antwort auf all diese Fragen soll nun die namenlose Puppe helfen.

Ein Gutachten soll nun Licht ins Dunkel der Tatnacht bringen. Der Puppe macht es schließlich nichts aus, überfahren und von Polizeibeamten gefilmt und vermessen zu werden. Der 29-Jährige wurde damals ins Krankenhaus gebracht. Kurz zuvor hatte ihn eine Polizeistreife zufällig entdeckt, wie er regungslos, blutend, mit gebrochener Schulter und abgerissenem Ohr auf Höhe des Arbeitsamts auf der Kapuzinerstraße lag. Bis zum heutigen Tag, berichtet die Pressestelle der Münchner Polizei, leide er an den Folgen seiner schweren Verletzungen.

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