Peter Gauweiler:"Euro-Krise nicht durch Staaten-Hartz-IV lösen"

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Deutliche Worte eines Unbeugsamen: Peter Gauweiler spricht beim Aubinger Herbstfest Klartext - zur Kommunalpolitik und zur Griechenland-Krise. Dabei stänkert der CSU-Mann gegen Grüne, Geldelite - und EU-Kommissar Günther Oettinger.

Franz Kotteder

Ausgerechnet eine rote Linke haben sie dem Peter Gauweiler verpasst. Ein Umstand, über den er selbst am liebsten lästert im Bierzelt des Aubinger Herbstfestes. "Das ist beim Mountainbiken mit meinem Sohn am Gardasee passiert", ausgerechnet in einer Linkskurve ist er kopfüber gestürzt, und dann haben ihm die Ärzte den linken Unterarm in eine Manschette gesteckt, eine rote eben. "Aber ich bleibe unbeugsam", sagt deren Träger, "ich bin nach wie vor der alte Schwarze Peter."

Klare Ansagen nach Berlin und Europa: Peter Gauweiler. (Foto: Robert Haas)

Das hätte unter den gut 1000 Zuhörern auch niemand anders vermutet, als Gauweiler zum bayerischen Defiliermarsch, gespielt von der Aubinger Dorfmusik, ins Festzelt an der Belandwiese einzieht. Er spricht beim politischen Sonntagsfrühschoppen eine knappe Stunde lang zum Thema "Wie weiter mit Europa?", und da darf man klare Worte erwarten.

Doch zuerst widmet sich Gauweiler der Kommunalpolitik. Für Rot-Grün hat er viel Hohn und Spott, für die SPD aber auch ein kaum verhülltes Angebot parat: "Die ganz großen Entscheidungen vom Mittleren Ring bis zum Wohnungsbau wären doch in den letzten 20 Jahren ohne die CSU gar nicht gegangen." Und Beppi Schmid, der OB-Kandidat der CSU, sei ohnehin "ein Mann des Ausgleichs", so wie es der legendäre zweite CSU-Bürgermeister Hans Steinkohl zu den Zeiten von Hans-Jochen Vogel gewesen sei.

Bei einer Frage gebe es aber keine Zugeständnisse, wenn es nämlich um den Hochhausbau gehe: "Wir wollen nicht ausschauen wie Frankfurt und Hannover, wir wollen München bleiben!" Da brandet zum ersten Mal starker Applaus auf im Zelt. Der kommt noch öfter auf, auch wenn Gauweiler beim Hauptthema seiner Rede keineswegs den Populisten gibt, sondern durchaus Verständnis zeigt für Griechenland und seine Bürger: "Dieses Wechselbad kann kein Land aushalten."

Neulich habe er in Athen an einer Diskussion des Goethe-Instituts zur Euro-Krise teilgenommen ("zusammen mit Claudia Roth - ein traumhafter Abend, kann ich nur sagen!"). Dort habe ihm ein Mittelschullehrer erzählt, dass er seit drei Monaten kein Gehalt mehr vom Staat bekommen habe und künftig 20 Prozent weniger verdienen solle. "Ich habe größtes Verständnis dafür, dass diese Leute auf den Straßen demonstrieren. Wir Deutsche kennen diese Art von Reform aus den Jahren 1931 und '32 unter dem Reichskanzler Brüning. Wir wissen auch, wohin das geführt hat."

Die Schuldenkrise, so Gauweiler, lasse sich nicht "durch eine Art Staaten-Hartz-IV" lösen. Auch für den Vorschlag von EU-Kommissar Günther Oettinger, Sparkommissare nach Griechenland zu schicken, fand er deutliche Worte: "Der spinnt doch! Das geht absolut in die falsche Richtung." Seiner Ansicht nach ist eine Staatsinsolvenz die einzig gangbare Lösung: "Auch die Türkei stand ja mal vor dem Staatsbankrott, ist dann den Weg der Insolvenz und der Abwertung seiner Währung gegangen. Heute steht sie so gut da wie manche asiatische Länder."

Ein ähnlicher Weg, zusammen mit Hilfen aus dem Internationalen Währungsfonds, sei auch für Griechenland der richtige Weg: "Denen hängt das Euro-System wie ein Mühlstein um den Hals, das kann nichts werden." Abgesehen davon müsse sich auch in der Finanzwirtschaft etwas ändern.

Den tatsächlichen Sachwerten stünde heute ein Vielfaches an irrealen Finanzwerten gegenüber: "Und wenn die auf die Idee kommen, diese ganzen Scheißhaus-Papiere einzutauschen, haben wir es mit einer Abwertung zu tun, wie wir sie uns noch gar nicht vorstellen können." Die staatliche Banken- und Finanzaufsicht sei "taub und blind", in ihr säßen immer noch die gleiche Leute wie zu Zeiten der Lehman-Pleite.

Gauweilers Rezepte: Leerverkäufe sollen verboten werden, die Erleichterungen für Hedgefonds, die unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer beschlossen worden seien, müssten zurückgenommen, die Finanzaufsicht neu besetzt werden. Gauweiler weiter: "Wir brauchen einen Radikalenerlass für Banker. Wir brauchen ganz simple Ordnungspolitik auch für das Finanzwesen. Das ist Law and order!"

Gauweiler weiß, dass diese Thesen in seiner Fraktion als etwas radikal gelten, pocht aber auf das Recht, "nicht zu allem Ja und Amen sagen zu müssen". Auch wenn er "lieber von Merkel als von Künast regiert" werde, sei ihm das Recht auf Selbstbestimmung heilig, und seine eigene Meinung werde er sich schon gar nicht nehmen lassen. Das klingt gewiss nicht nach einer Solidaritätsadresse für die Bundesregierung. Aber vielleicht ist gerade deshalb der Applaus am Schluss von Gauweilers Rede besonders lang.

© SZ vom 12.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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