NullAchtNeun:Sichere Bank

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Es gibt wohl niemanden in Deutschland, der sich mit Fußballbänken so gut auskennt wie Uli Hoeneß. Seit 30 Jahren drückt er als Manager die Bayern-Bank. Doch das ist nun vorbei.

Nadeschda Scharfenberg

Es ist an der Zeit, sich grundsätzlich Gedanken darüber zu machen, ob die Trainerbank noch Trainerbank heißen darf. Die Trainerbank in der Allianz Arena zum Beispiel müsste korrekterweise Trainerflugzeugsitzreihe heißen, denn mit einer Bank hat das Gebilde am Rasenrand wenig gemein. 15 Ledersessel in dezentem Grau stehen Seit an Seit, es handelt sich tatsächlich um die Möblierung eines Fliegers. Im Olympiastadion bestand die Bank zuletzt aus miteinander verschraubten Bürostühlen, beliebt auch das Modell Autositz (Wolfsburg).

Seit 30 Jahren auf der Bank des FC Bayern: Manager Uli Hoeneß. Das ist nun vorbei. (Foto: Foto: dpa)

Es sitzt sich also bequem, weshalb es heutzutage halb so wild ist, Ersatzspieler zu sein. Vorbei die Zeiten, als der Popo dank des harten Holzes platt und plätter wurde und die Fußballer schon ihrem Hintern zuliebe der Einwechslung entgegenfieberten. Eine Ersatzbank alten Schlages, die zum Aufrechtsitzen zwang, hätte den letztjährigen Bayern-Italiener Massimo Oddo gewiss vor folgender Fan-Tirade im Internet bewahrt: "Ein Oddo auf der Ersatzbank lümmelt wie ein Penner rum, halb sitzend, halb liegend, da frage ich mich, was für eine Einstellung die sogenannten Profis haben."

Es gibt wohl niemanden in Deutschland, der sich mit dem Härtegrad von Fußballbänken so gut auskennt wie Uli Hoeneß. Seit 30 Jahren, nonstop, drückt er als Manager die Bayern-Bank, Trainer kamen und gingen, doch Hoeneß, der leuchtend rote Fels in der Brandung, blieb unverrückbar. Mit der Zeit veränderten sich nicht nur Bänke und Banknachbarn, sondern auch Hoeneß selbst. Das Haar wurde lichter, der Bauch mal runder, mal flacher und die Sportmode eleganter. Gottlob sind Trainingsjacken heute nicht mehr lila-türkis wie 1991/92. Hermann Gerland, damals wie heute Co-Trainer, trug dereinst einen Hotzenplotz-Bart, aber das nur am Rande.

Einmal, 2003, da setzte Hoeneß ein modisches Glanzlicht mit einer viel zu kleinen Bommelmütze - ein Fan-Geschenk. Die Kappe brachte Glück, der FCB siegte, wenn auch knapp, und der Manager tollte wie ein Welpe durchs Stadion. Beim Jubeln war Hoeneß eine Bank. Unvergessen, wie er in der Vorsaison nach einem der wenigen Kantersiege den Klinsi bis fast zur Bewusstlosigkeit herzte (und doch bald entließ). Wunderbar auch dieses Bild: der Manager, aufgefahren aus dem Sitz, in inniger Umarmung mit Jupp Heynckes. Mit beiden Pranken hält Hoeneß den schmächtigen Sportlehrer umfangen, während dieser ihm, halb abwehrend, halb zärtlich, die Hand auf den Bauch legt. Im Hintergrund reckt Gerland, glattrasiert, den Daumen. Aber das nur am Rande.

Hoeneß und die Bank, Szenen einer innigen Beziehung. Mal hob es ihn, mal sank er hin, stierte angespannt oder verzweifelt. Aber eines tat der Manager nie: lümmeln, so bequem die Sessel auch sein mochten. Im Winter, wenn sich die Anderen unter Decken kuschelten, saß Hoeneß im Hemd da, kerzengerade, die Daunenjacke auf dem Schoß zusammengeknüllt.

Aus, vorbei. In dieser Saison wird Hoeneß nicht mehr auf der Bank weilen, sondern auf der Tribüne. Ob er endlich entspannt fläzen wird? Wohl kaum. Auch wenn es sich bei den VIP-Sitzen in der Allianz Arena um eine Art Kino-Sessel handelt.

© SZ vom 08.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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