Neuperlach:Sieg auf der ganzen Linie

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Sport eint: Beim Pep-Benefizlauf waren auch Flüchtlinge am Start. (Foto: privat)

Der Sportverein Neuperlach gilt wegen seiner Angebote an Flüchtlinge längst als Vorbild für ganz München

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Man kann den Beitrag, den die Sportvereine bei der Integration von Flüchtlingen leisten, sicher gar nicht hoch genug einschätzen. Insofern macht sich auch der Sportverein Neuperlach (SVN) München um ein möglichst friedliches Miteinander der Stadtgesellschaft verdient - und hat in dieser Rolle sogar eine Vorbildfunktion eingenommen: Bereits Ende 2014, kurz nachdem die ersten Flüchtlinge im Stadtbezirk angekommen waren, öffnete sich der SVN und machte ihnen diverse Sportangebote. Der Gedanke dahinter: Die Menschen sollten ihre Freizeit sinnvoll verbringen, auch das Leben jenseits ihrer Gemeinschaftsunterkünfte (GU) kennenlernen und Kontakte zu deutschen Bürgern knüpfen. Nicht zuletzt kann Sport als wirksames Ventil dienen, um Frust und Aggression abzubauen, die sich unter so schwierigen Lebensumständen bekanntlich leicht aufstauen. Kurt Damaschke, stellvertretender Vorsitzender des SVN, beurteilt das "Sport-Spiel-Spaß-Projekt" jedenfalls "auf alle Fälle positiv".

Diese Einschätzung findet sich auch in der Zwischenbilanz, die Damaschke dem Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach vorgelegt hat. So laufe das Projekt nach langsamem Beginn, da einige Unterkünfte und betreute Wohngruppen verspätet eröffneten, inzwischen auf vollen Touren; aktuell werden jede Woche bis zu 50 junge Flüchtlinge betreut. Gespielt wird dienstags und donnerstags. Damit seien allerdings, so Damaschke, die Betreuungskapazitäten des Vereins personell erschöpft. Umso dankbarer ist man beim SVN den Mitgliedern des Bezirksausschusses: Mithilfe der bewilligten finanziellen Zuschüsse "können wir die Flüchtlinge aus dem Stadtbezirk auch mit passenden Schuhen und Trikots ausstatten", heißt es in der Bilanz. Darüber hinaus zollt Damaschke dem Helferkreis aus Waldperlach Lob und Respekt. Diese Zusammenarbeit, ebenso wie mit den Betreuern der Caritas, habe wesentlich zum Erfolg des Betreuungsprojektes beigetragen.

Das Angebot des SVN München scheint sich sogar schon in der ganzen Stadt herumgesprochen zu haben. Nach Auskunft des Vereins kommen inzwischen auch einige junge Flüchtlinge aus dem Münchner Norden oder aus Sendling von sich aus nach Neuperlach. Deren Betreuung laufe außerhalb des vom BA geförderten Projektes. Für Geflüchtete aus Einrichtungen, bei denen die Arbeiterwohlfahrt (Awo) zuständig ist, gibt es demnach eine Vereinbarung, dass die anfallenden Kosten von der Awo übernommen werden.

All das legt es aus Sicht der Beteiligten nahe, das Sport-Projekt mit den Flüchtlingen fortzuführen. Wobei anzumerken wäre, dass unter "Sport" praktisch nur Fußball zu verstehen ist. Trotz des breiteren Angebots an die Bewohner verschiedener Gemeinschaftsunterkünfte und Wohngruppen erhielt der SVN so gut wie keine Rückmeldung, das Interesse für andere Sportarten signalisiert hätte. Jedenfalls gehen laut Kurt Damaschke die finanziellen Mittel, die der SVN vom örtlichen Bezirksausschuss erhalten hat, allmählich zu Ende. Der Verein sucht deshalb nach Möglichkeiten, das Projekt auf gleichem Niveau weiterzuführen. So bereite man derzeit einen Zuschussantrag an den Bezirksausschuss vor, den man im Herbst stellen will. Daneben bemühe man sich um Unterstützung durch das Sozialreferat. Gemeint ist ein dort angesiedelter "Topf für schnelle Hilfen", den Sponsoren und Spender mit Geld- und Sachbeiträgen füllen. Allerdings soll laut Damaschke die Spendenbereitschaft zuletzt deutlich nachgelassen haben. Daneben soll es in nächster Zeit ein Gespräch mit Vertretern des Bayerischen Landes-Sportverbandes geben. Vielleicht engagiere sich ja die Dachorganisation der Sportvereine in der Betreuung von Flüchtlingen. Konkretes konnte Damaschke dazu aber nicht sagen.

Als relativ enttäuschend empfindet das SVN-Vorstandsmitglied die bisherige geringe Beteiligung der Stadt. Die könnte doch, schlägt Damaschke vor, die Vereine motivieren, Sportangebote für Flüchtlinge aufzulegen. Ebenso nützlich wäre es, wenn das Rathaus die Initiativen der verschiedenen Vereine koordinieren würde. Dann ließen sich Plätze und Hallen effektiver nutzen, personelle und finanzielle Ressourcen schonen oder sinnvoller einsetzen.

Und nicht zuletzt scheitert so manches Hilfsangebot aus der Bevölkerung an bürokratischen Hürden. Wie wäre es zum Beispiel, fragt Damaschke, wenn man einer Frau, die jede Woche die Fußballtrikots abholt, wäscht, zusammenlegt und zurückbringt, unkompliziert entschädigt. Trotz solcher Defizite wollen die Verantwortlichen beim SVN München das Fußball-Projekt fortführen. Wenn dadurch das Leben in einer Unterkunft wie der an der Arnold-Sommerfeld-Straße und drumherum friedlich verläuft wie bisher, dann haben alle gewonnen.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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