Neuperlach:"Schlamperei und Pfusch"

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Sportverein Neuperlach muss die für 21. November geplante Eröffnung des Sportparks erneut verschieben. Vorsitzender Norbert Kreitl kritisiert vor allem den Zwang zu europaweiter Ausschreibung

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Auf der Zielgeraden eines harten Rennens ist schon so mancher Läufer ins Stolpern geraten. Ähnlich ergeht es derzeit dem Vorstand des Sportvereins Neuperlach (SVN) München: Fertigstellung und Inbetriebnahme des Sportparks mit Kletter- und Boulderzentrum, Dreifach-Sporthalle mit Tribüne, drei Sporträumen und Fußballumkleiden verzögern sich erneut. Die bereits mit vielen Gästen aus Sport und Politik geplante Feier musste abgesagt werden. Was nun wiederum Norbert Kreitl, den Vereinsvorsitzenden, auf Nachfrage der SZ zu einer ausführlichen Stellungnahme veranlasst hat.

Schon zweimal wurde die Eröffnung verschoben: Der erste Fertigstellungstermin war für den 10. Oktober angekündigt, der zweite für den 21. November. Die Einladungen dazu - 500 Stück - wurden bereits versendet. Die Gründe für die Absage sind laut Kreitl vielfältig. Schon in der Planung für das Zehn-Millionen-Euro-Projekt habe der Verein bei den öffentlichen Zuschussgebern, insbesondere beim Freistaat Bayern, versucht, das Projekt mit Generalunternehmern auszuschreiben. Dies wurde verweigert. Daraufhin wurde der verantwortliche Minister, Innenminister Joachim Herrmann (CSU), angeschrieben. Aber auch dessen Antwort lautete: "Der SVN ist öffentlicher Bauträger." Dem habe der Verein, so Kreitl weiter, entschieden widersprochen. Was aber im Erfolgsfall auch nichts genutzt hätte, weil man dann die öffentlichen Zuschüsse verloren hätte. Allerdings merkt der Vereinschef an, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg Sportvereine keine öffentlichen Bauträger seien, "das ist sachgerecht und vernünftig".

Wie es besser geht, das hat der SVN beim Neubau seines Sportcenters mit Dreifach-Tennishalle, Fitness- und Wellnesscenter sowie drei Sporträumen und dem Büro des Gesamtvereins an der Staudingerstraße bewiesen. Damals wurde mit der Firma Markgraf ein mittelständisches bayerisches Bauunternehmen als Generalunternehmer verpflichtet. Die Firma habe das Sportcenter dann ohne große Probleme in vier Monaten errichtet, und auch die Baukosten wurden laut Kreitl eingehalten.

Ganz anders war die Ausgangslage hingegen beim Bau des Sportparks an der Fritz-Erler-Straße 3. Nun musste der SVN jedes einzelne Baugewerk europaweit einzeln ausschreiben, was bereits mit hohem Aufwand verbunden war. Vor allem aber: "Das führte dazu, dass wir jetzt 28 Einzelgewerke und damit 28 Firmen auf der Baustelle haben, die alle kontrolliert werden müssen. Dies ist für einen ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstand kaum möglich. Für einen öffentlichen Bauträger, Staat und Stadt mit ihren großen Bauabteilungen, kann dies funktionieren - obwohl es auch genügend Beispiele von Bauvorhaben in der Bundesrepublik und in Bayern gibt, die lange Verzögerungszeiten und hohe zusätzliche Kosten beinhalten", kritisiert Kreitl.

Ihm zufolge begannen jedenfalls schon mit dem ersten Spatenstich im April 2014 die Probleme für den Verein. Die mit dem Rohbau beauftragte Baufirma habe den Bauzeitenplan nicht eingehalten sowie die geforderte Qualität beim Sichtbeton nicht ordentlich ausgeführt. Die geforderten Nacharbeiten seien bis heute nicht erledigt. Auch habe das vom SVN beauftragte Planungs- und Architekturbüro nicht so gearbeitet, wie dies zu erwarten sei. Bei 28 Einzelgewerken müsse eine Bauleitung straff tätig sein, was nicht der Fall gewesen sei. Im Verlauf der Arbeiten habe sich nach und nach herausgestellt, dass die festgesetzten Bauzeiten für die Gewerke nicht eingehalten werden können. "Es wurde einfach geschlampt, teilweise haben Baufirmen gepfuscht", schimpft Kreitl deshalb. Hinzu kam noch die Insolvenz der Firma Sport Erhard, die mit der Ausstattung der Dreifach-Sporthalle beauftragt war.

"Zwischenzeitlich haben wir einen Anwalt für Baurecht eingeschaltet sowie ein Bau-Controlling, die unsere Interessen wahrnehmen, da mit hohen Regressansprüchen von unserer Seite zu rechnen ist.

Der Fertigstellungstermin ist jetzt geplant für Ende Januar 2016", erklärt der Vereinsvorsitzende. Der juristische Beistand scheint angeraten zu sein. Denn neben einer regelmäßigen Belegung durch die Europäische Schule waren in der Halle bereits mehrere große Veranstaltungen geplant, die nun ausfallen. Auch müssen alle Sportgruppen des SVN, die in den Sportpark verlegt worden wären, länger in den städtischen Hallen bleiben, was zusätzliche Kosten verursacht.

Hohe Einnahmeverluste entstehen überdies dadurch, dass der SVN derzeit keine neuen Mitglieder im Kletter- und Boulderbereich aufnehmen kann. Norbert Kreitl zieht eine bittere Bilanz: "Insgesamt, so können wir sagen, bedeutet dies einen Einnahmeausfall von etwa 200 000 Euro in den dreieinhalb Monaten, in denen später eröffnet werden kann."

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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