Neuperlach:Reise in die Vergangenheit

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Die drei von der Baustelle (v. li.): Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Gewofag-Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler und Stadträtin Bettina Messinger. (Foto: Lukas Barth)

Wie schon bei der Gründung Neuperlachs wird wieder bezahlbarer Wohnraum geschaffen - diesmal an der Carl-Wery-Straße

Von Hubert Grundner, Neuperlach

"Auf die Frage: ,Muss das sein?' gibt's nur eine Antwort: ,Ja, es muss sein'." Mit diesen Worten unterstrich Klaus-Michael Dengler die Notwendigkeit, in der Stadt möglichst rasch möglichst viel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Den Anlass für dieses Bekenntnis des Sprechers der Gewofag-Geschäftsführung bot der Spatenstich für ein neues Quartier mit Kinderkrippe und zwei Tiefgaragen an der Carl-Wery-Straße südlich der Therese-Giehse-Allee in Neuperlach. Der Festakt auf dem Boden der Baugrube am Donnerstagmittag markierte offiziell den Baubeginn für 438 Wohnungen, oder wie Dengler sagte: "Jetzt geht's richtig los."

Insgesamt investiert die Gewofag nach eigenen Angaben rund 110 Millionen Euro in das Projekt. Die Fertigstellung ist für Ende 2018 geplant. "Auch in diesem Quartier wird es eine gute Mischung mit einer Streuung von verschiedenen Einkommensgruppen geben. Hier werden in ein paar Jahren rund 1000 Menschen gut leben", sagte Dengler weiter. Aufgrund des Mangels an bezahlbarem Wohnraum habe die Gewofag die ursprüngliche Planung für das Bauvorhaben geändert und von jeweils sechs auf acht Geschosse aufgestockt. Statt 327 entstehen nun also 438 Wohnungen.

Dabei handelt es sich an der Carl-Wery-Straße um eines von vier städtischen Pilotprojekten zum neuen Modell des "Konzeptionellen Mietwohnungsbaus" (KMB). Für die KMB-Wohnungen gelten keine Einkommensgrenzen. Dieses Modell sehe vor, dass die Wohnungen über lange Zeit verhältnismäßig günstig vermietet würden, um Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen, wie Dengler weiter erläuterte. "Wir können hier erstmalig einen großen Anteil an Wohnungen bauen, deren Vermietung nicht an Einkommensgrenzen gebunden ist. Das Angebot richtet sich zum Beispiel an 'Normalverdiener', die keine München-Modell-Förderung erhalten. Auch diese Wohnungen brauchen wir natürlich in München." Die Gewofag baut 236 - also mehr als die Hälfte - solcher KMB-Wohnungen an der Carl-Wery-Straße. Dabei verpflichtet sich die Wohnungsbaugesellschaft, die Miete 60 Jahre lang nur im Rahmen der Anpassung an den Verbraucherpreisindex zu erhöhen. Der Mietpreis ist an den Mietspiegel gekoppelt. Die übrigen Wohnungen werden nach Auskunft der Gewofag in den Fördermodellen EOF (einkommensorientierte Förderung, 90 Wohnungen), München-Modell Miete (74 Wohnungen) und KomPro/B (Kommunales Wohnungsbauprogramm Teil B, also für Benachteiligte auf dem Wohnungsmarkt, 38 Wohnungen) errichtet. Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen, besteht am Dienstag, 26. Juli: Bei einer Infoveranstaltung wollen Gewofag und Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach den Nachbarn das Vorhaben erläutern.

Für Stadtbaurätin Elisabeth Merk stellte der Spatenstich eine Reise zurück in die Vergangenheit dar. So war sie bereits 2007, in ihrem ersten Amtsjahr, mit dem Projekt an der Carl-Wery-Straße befasst. Woran sich auch ablesen lässt, wie langwierig Planungsprozesse oft sind. Wenngleich in dem Fall die notwendige Beseitigung von Altlasten und die komplizierten Verhandlungen mit privaten Grundstückseigentümern zu der Zeitverzögerung wesentlich beigetragen haben. Ansonsten merkte sie an, dass es schon bei der Gründung Neuperlachs 1967 um bezahlbaren Wohnraum gegangen sei. Insofern handle es sich bei dem Thema um einen "Dauerbrenner" bis heute. Damals wurden binnen fünf Jahren rund 100 000 Wohnungen gebaut - "davon träume ich", gestand die Stadtbaurätin lachend ein.

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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