Neuperlach:"Das Pferd von hinten aufgezäumt"

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Grauer Klotz: Mit den Entwürfen der zwei Gewofag-Wohngebäude sind die Lokalpolitiker sehr unzufrieden. Die Fassaden müssten überarbeitet werden, fordern sie. Simulation: Delugan Meissl Associated Architects und Wimmer und Partner, Wien (Foto: Delugan Meissl Associated Architects und wup_wimmerundpartner, Wien)

Die Pläne der Gewofag für zwei Neubauten am Hanns-Seidel-Platz stoßen im Bezirksausschuss auf herbe Kritik. Alle fragen sich, wie die Verbindung mit dem Zentralgebäude gelingen soll, für das es noch keinen Investor gibt

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Die Bebauung des Hanns-Seidel-Platzes nimmt Fahrt auf. Nach dem Startschuss für das sogenannte Kulturquadrat an der Südostecke des Areals, wo bereits eine tiefe Baugrube klafft, machen sich die Planer nun an die Nordostecke: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag will an der Ecke von Hanns-Seidel-Platz und Fritz-Erler-Straße zwei L-förmige, fünfstöckige Wohngebäude errichten. Es sollen 255 geförderte Wohneinheiten, eine Kindertagesstätte und eine Tiefgarage entstehen.

Die entsprechenden Entwürfe sind am Donnerstagabend im Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach vorgestellt worden. Zuvor hatten sich bereits die Mitglieder des Unterausschusses Bauvorhaben damit beschäftigt. Wie dessen Sprecher Wolfgang Thalmeir (CSU) ausführte, solle der nördliche der beiden Baukörper unterhalb der futuristisch gestalteten und als "Flugdach" bezeichneten auskragenden Überdachung des mehr als zehnstöckigen geplanten Zentralgebäudes des Hanns-Seidel-Platzes zu liegen kommen.

Für dieses "Mega-Projekt", also das künftige kulturelle Bürgerzentrum, gebe es aber nach wie vor noch keinen Bauherrn und auch keinen Zeitplan, betonte Thalmeir. Deshalb dürften auch die Planungen des nördlichen Gewofag-Gebäudes noch mit einem großen Fragezeichen versehen sein. Den BA-Mitgliedern zufolge ist jedenfalls komplett unverständlich, wie dort mit dem Bau eines Gebäudes begonnen werden kann, wenn noch völlig unklar ist, ob sich dessen äußere Gestaltung in das geplante moderne Gesamtensemble des Platzes einfügt.

Die zweite entscheidende Frage ist für sie, ob es überhaupt möglich ist, das Gebäude mit dem bisher nur auf dem Papier existierenden "Flugdach" und dem Zentralgebäude zu verbinden. Schließlich kenne man dessen endgültige Gestaltung noch gar nicht. Man müsse wohl davon sprechen, so Thalmeir, "dass hier das Pferd von hinten aufgezäumt wird". Für den zentralen Platz des Stadtviertels, auf den man seit Jahrzehnten warte und für dessen besondere architektonische Gestaltung ganz erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet wurden, sei ein solches Vorgehen eher beschämend.

Da verwundere es auch nicht, urteilten die BA-Mitglieder ungnädig, wenn die Pläne der Gewofag "bei näherem Hinsehen auch nicht den beabsichtigten großen Wurf erkennen lassen". Ganz im Gegenteil: Die "Gestaltung der beiden L-förmigen Baukörper ist architektonisch wenig anspruchsvoll und optisch nicht ansprechend", heißt es in der Stellungnahme der Lokalpolitiker. Es sei dringend erforderlich, die Fassaden zu überarbeiten und zu überplanen. Diese Forderung betreffe sowohl die Farbgebung als auch die Anordnung der Fenster und die Gestaltung von Vor- und Rücksprüngen.

Wenig schmeichelhaft geht es weiter: Die Kubatur insbesondere des nördlichen Baukörpers wirke als einfacher, grauer, ungegliederter Klotz. Dieser werde "rein gar nichts" zu einer optischen Aufwertung des zentralen Platzes in Neuperlach beitragen, sondern neben einem architektonisch anspruchsvoll gestalteten Zentralgebäude wie eine "graue Maus" wirken. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, im Bereich des geförderten Wohnungsbaus Baukosten zu sparen, so der BA, dürfe aber gerade an dieser Stelle nicht gespart werden. Für die Lokalpolitiker steht deshalb fest: "So wie derzeit geplant, dürfen die Baukörper jedenfalls nicht realisiert werden."

Massive Kritik wurde auch an der für beide Gebäude vorgesehenen Tiefgarage geübt. Ihre Situierung unter den zwei Wohnblöcken und den Freiflächen verursache eine nicht zu akzeptierende Versiegelung des Bodens. Denn das verhindere das Pflanzen großer Bäume, die einem Platz erst Charakter verliehen. Der BA fordert deshalb, die Tiefgarage zweigeschossig auszuführen, damit die Fläche unter den Gebäuden für sie ausreicht. Sollte es dennoch bei der "Vollversiegelung" bleiben, sei in jedem Fall eine Tiefgaragendeckung von mindestens 1,50 Meter einzuhalten, damit man zumindest kleinere Bäume darauf pflanzen kann.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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