Neuhausen/Maxvorstadt:Vollautomatisches Auto-Apportieren

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Zehn Jahre Anwohner-Tiefgarage in Neuhausen: Die Stadtbaurätin empfiehlt die Technik zur Nachahmung. Die jüngste Anlage am Josephsplatz wurde dennoch in konventioneller Bauweise errichtet

Von Stefan Mühleisen, Neuhausen/Maxvorstadt

Nach zehn Jahren nahezu störungsfreien Betriebs der vollautomatischen Anwohner-Tiefgarage an der Donnersbergerstraße könnte nun eine Debatte über weitere High-Tech-Garagen ins Rollen kommen. Stadtbaurätin Elisabeth Merk ließ nun bei einem kleinen Jubiläums-Festakt an der Anlage in Neuhausen durchblicken, dass sie für computergesteuerte Bauwerke aufgeschlossen sei. "Man kann sich nur weitere Geschwister für dieses Projekt wünschen", sagte sie und formulierte zudem die Idee, bereits vorhandene Tiefgaragen zu automatischen Anlagen umzubauen.

Das 11,35 Millionen Euro teure Bauwerk war und ist die bisher einzige Vollautomatik-Tiefgarage, welche die öffentliche Hand für die Bürger in München gebaut hat. Die bei der Eröffnung 2006 als Wunderwerk gefeierte Anlage kann Autos auf 284 Stellplätzen völlig ohne Menschenhand einparken. Und so funktioniert es: Der Nutzer hält mit seinem Wagen vor dem Rolltor einer der vier kastenförmigen "Übergabestationen", das sich per Chipkarten-Scan öffnet. Drinnen kontrollieren Laserscanner, ob das Auto richtig steht, eine Display-Anzeige hilft dem Fahrer bei der Positionierung. Aussteigen, Knopf drücken - und schon fährt ein Lift die Stahlpalette mit dem Auto in ein viergeschossiges Regalsystem. Die Anlage eruiert je nach Belegung selbständig den günstigsten Platz. Umgekehrt reicht ein Scan der Chipkarte vor dem Rolltor, und der Park-Roboter bringt den Wagen herbei, und zwar innerhalb von ein bis zwei Minuten, wie ein Vertreter der Betreiberfirma, der städtischen Park-and-Ride GmbH, versichert.

Anfangs herrschte bei Politikern und Bürgern Misstrauen, dass der Vollautomat störanfällig sein könne, die falschen Autos apportiere oder womöglich unwiederbringlich verschlucke. Die Vorbehalte waren unbegründet, wie sich herausstellt. Von "99,3 Prozent Verfügbarkeit", spricht Wolfgang Roeck, Geschäftsführer der Wöhr + Bauer GmbH, Erbauer der Anlage und die nächsten zehn Jahre für die Wartung zuständig. Das heißt: Bei insgesamt 800 000 Ein- und Ausparkvorgängen kam es nur bei 0,7 Prozent zu Störungen. Meist sollen dabei Nutzer einen Fehler gemacht haben: Einmal war nicht nur das System verwirrt, weil ein Beifahrer mit hinabbefördert wurde ins dunkle Park-Regal. Andere haben vergessen, die Handbremse anzuziehen oder den Gang einzulegen - weshalb das System aus Sicherheitsgründen das Auto nicht verräumte. Angesichts der geringen Fehlerquote sagt Park-and-Ride-Geschäftsführer Wolfgang Großmann: "Es ist ein Erfolgsmodell."

Die Anlage in Neuhausen ist eine von sieben Anwohner-Tiefgaren, welche die städtische Tochterfirma inzwischen betreibt. Die wurden finanziert aus dem Topf der Stellplatzablösegelder, jenen Gebühren, die Bauherren zahlen müssen, wenn sie keine vorgeschrieben Parkplätze schaffen. Bereits 2003 hat der Stadtrat das Ziel ausgegeben, Autos möglichst in den Untergrund zu verbannen, damit an der Oberfläche mehr Platz für die Menschen ist.

Die Stadtbaurätin offenbarte sich als Vollautomatik-Fan. "Das Experiment ist geglückt", sagte sie. Nun, da die Alltagstauglichkeit der Technik erwiesen sei, müsse über weitere Projekte nachgedacht werden. Vor allem ein Vorteil ist für sie ausschlaggebend: die Platzersparnis. Für eine computergesteuerte Anlage sind keine Flächen fressenden Rangier-Rampen nötig. "Wir können in einer solchen Tiefgarage doppelt so viele Autos unterbringen wie in einer herkömmlichen Anlage", so Merk. Die umstrittene, dabei aber konventionelle Tiefgarage am Josephsplatz mit 265 Plätzen verschlang 9,5 Millionen Euro - plus 3,8 Millionen für die Gestaltung der Oberfläche. Die Nachfrage ist riesig: 277 Anwohner stehen derzeit auf der Warteliste; bei der Anlage in Neuhausen liegt die Wartezeit für einen Platz bei anderthalb Jahren.

Merk ließ keinen Zweifel daran, dass das Parken unter der Erde bald eine immer größere Rolle in der Stadtplanung spielen wird. "Es kann nicht sein, dass wir so viel Platz an der Oberfläche für Autos hergeben." Nach ihrer Vorstellung sollte dabei auch überlegt werden, bestehende Parkgaragen mit einer Vollautomatik nachzurüsten. Dann müsse man nicht mit viel Aufwand teure Neubauten schaffen. Ein Satz in ihrer Rede in Neuhausen war dabei wohl als Appell an die Stadtpolitik zu verstehen: "Motivation ist everything."

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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