Nationaltheater:Bayerisches Staatsballett verliert Großsponsorin

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Erich und Irène Lejeune sind in der Computerbranche reich geworden, seit 2008 förderte sie das Ballett. (Foto: Getty Images)
  • Irène Lejeune, Hauptsponsorin des Staatsballetts, hat angekündigt, ihre Unterstützung einzustellen.
  • Der Grund: Sie lehnt den neuen Chef Igor Zelensky ab. Er habe sie nachhaltig geärgert und nur negativ über das Ballett gesprochen.
  • Lejeune gab insgesamt 1,3 Millionen Euro - derlei private Spenden sind für das Haus enorm wichtig.

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Das Bayerische Staatsballett hat in Igor Zelensky bald einen neuen Chef. In der Kompanie gibt es deshalb derzeit viel Unruhe. Und nun kommen auch noch gravierende finanzielle Einbußen hinzu: Irène Lejeune, seit 2008 Botschafterin des Staatsballetts und dessen Hauptsponsorin, hat angekündigt, ihre Unterstützung zum Ende der Spielzeit einzustellen.

1,3 Millionen Euro gab die Unternehmerin insgesamt - wichtige Zusatzeinnahmen für das Ensemble, dessen eigene Haushaltsmittel lediglich 7,3 Millionen Euro betragen. Grund für ihren Rückzug: Lejeune lehnt den neuen Chef Zelensky ab. "Ich will kein Russisches Staatsballett", sagt sie.

Zelenskys Amtsantritt zur neuen Saison macht schon länger Wirbel. Der internationale Ballettstar und derzeitige Leiter zweier Kompanien in Moskau und Nowosibirsk hatte viele Ensemblemitglieder und Fans vor den Kopf gestoßen. 29 Tänzerinnen und Tänzern verlassen das Staatsballett.

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Das war aber nicht Auslöser für den Rückzug der Sponsorin. Lejeune ist dem scheidenden Ballettchef Ivan Liška seit Langem eng verbunden und schätzt dessen Arbeit über die vergangenen 18 Jahre. Mit dem künftigen Ballettchef ins Gespräch zu kommen, habe sie über ein Jahr lang vergeblich versucht, sagt sie. "Ich wurde von Toni Schmid immer wieder vertröstet", sagt sie. Schmid ist Ministerialdirigent im Kunstministerium, verantwortlich für die Personalien an den Staatstheatern - und zugleich derzeit der Einzige, der regelmäßig in Kontakt zu Zelensky steht.

Als es doch zum Treffen mit dem Ballettchef gekommen sei, habe der sie nachhaltig geärgert: "Er hat nur negativ über das Staatsballett gesprochen - zu wenige Tänzer, zu wenige Vorstellungen", sagt Lejeune. Ähnlich unzufrieden hatte sich Zelinsky auch bei der Jahrespressekonferenz der Bayerischen Staatsoper geäußert.

Mit 68 Tänzerstellen ist das Bayerische Staatsballett zwar eine der größten Ballettkompanien Deutschlands. Gemessen an russischen Ensembles wie etwa dem Bolschoi-Ballett mit 200 Tänzerinnen und Tänzern ist das aber wenig für ein führendes Haus. Und etwa 70 Vorstellungen pro Spielzeit können ein Ensemble von der Größe des Staatsballetts mit fünf Ersten Solistenpaaren kaum zufriedenstellen.

Trotz hoher staatlicher Zuwendungen sind private Spenden enorm wichtig

Die konkreten Auswirkungen von Lejeunes Rückzug sind noch unklar. Der Verlust des Sponsorings wiegt für das Staatsballett aber schwer. Denn trotz hoher staatlicher Zuwendungen spielen die privaten Spenden an Staatsoper und -ballett inzwischen eine entscheidende Rolle. Rund vier Prozent des Gesamthaushalts der Staatsoper stammen daraus. Im Jahr 2015 machte das etwa 4,4 Millionen Euro aus. Laut Kunstministerium machen 26 Prozent davon die Leistungen der Spielzeitpartner und der Hauptsponsoren aus. Für das Ballett ist das Lejeune, für die Oper Linde und BMW: Das Chemieunternehmen finanziert dabei Neuproduktionen wie Betrieb mit, BMW zahlt unter anderem auch für "Oper für alle" auf dem Max-Joseph-Platz.

Irène Lejeune gleicht dabei aber eher einer Mäzenin alten Stils als einer hart kalkulierenden Sponsorin. Sie betrachtete die Unterstützung des Balletts als Herzensangelegenheit. 1978 gründete sie die weltweit agierende Consumer Electronic GmbH zusammen mit ihrem Mann Erich Lejeune. 1998 ging sie mit dem Unternehmen an die Börse und wurde erster weiblicher Finanzvorstand eines börsennotierten Unternehmens in Deutschland.

Staatsopernintendant Nikolaus Bachler bemühte sich, Lejeune zu halten. Dieser habe ihr vorgeschlagen, statt des Balletts das Staatsorchester zu unterstützen. "Dazu aber habe ich keine emotionale Bindung", sagt Lejeune. Ministerialdirigent Toni Schmid hält sich bedeckt: "Es ist das gute Recht von Sponsoren, sich zurückzuziehen." Ein Engagement für den laufenden Betrieb sei selten und "nie für die Ewigkeit gedacht".

Lejeune wird sich weiterhin für Ivan Liška einsetzen. Der wird künftig im Chef-Büro der Heinz-Bosl-Stiftung anzutreffen sein. Der neue Ballettdirektor Igor Zelensky habe ihr, so Lejeune, in einem Brief geschrieben: "Ich bin schockiert."

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Ursprünglich hatten wir berichtet, Irène Lejeune unterstütze das Bayerische Staatsballett mit jährlich 1,3 Millionen Euro. Richtig ist: Die Unternehmerin hat das Ensemble seit 2008 mit insgesamt 1,3 Millionen Euro unterstützt.

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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