Kindergarten:Beim Weihnachtsbasteln kennt die Mutterliebe keine Grenzen

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In vielen Kindergärten wird vor Weihnachten Schmuck für den Christbaum gebastelt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Und schreckt auch vor dem Diebstahl einer bemalten Christbaumkugel im Kindergarten nicht zurück. Die Begründung dafür könnte kaum unweihnachtlicher sein.

Kolumne von Stephan Handel

Es begab sich aber zu der Zeit, dass wieder einmal Weihnachtsbasteln terminiert war für die Kinder: Sie durften Glaskugeln bunt bemalen, während ihre Mütter zusammensaßen und sich über Erziehungsfragen austauschten. Als aber nun eine der Mütter aufbrechen wollte, da stellte sie fest, dass die von ihrem Kind bemalte Kugel nicht mehr aufzufinden war unter all den bemalten Kugeln, die zum Trocknen ausgelegt waren.

Das Geschrei war natürlich groß, des Kindes in diesem Fall. Bis der Mutter die rettende Idee kam: "Weißt du was", sprach sie zum Sohn, "wir nehmen einfach die Kugel von jemand anderem". Da verstummte das Geschrei sofort. Allerdings hatte eine der Betreuerinnen das Zwiegespräch gehört und fragte die Mutter nun, ob sie 1. das ernst meine und 2. noch ganz bei Trost sei.

Die Antwort - ein Musterbeispiel für selbstlose und absolute Mutterliebe: Na, meinte die Frau Mama, ihr Kind weine jetzt und sei traurig, das wolle sie nicht, da sei es ihr doch lieber, wenn ein anderes Kind traurig sei und weine. Bis die verblüffte Betreuerin ihre Sprache wiedergefunden hatte, hatte die Mutter ihr Kind gepackt, eine - fremde - Weihnachtskugel mit dazu und war abgerauscht.

Diese Geschichte, Ehrenwort, ist nicht ausgedacht, sondern hat sich genau so ereignet, im Advent des Jahres 2017 und zwar hierzulande. Die fragliche Mutter hat ihrem Kind dabei gleich mehrere Sachen beigebracht: 1. Es ist okay zu stehlen. 2. Es ist egal, wie es anderen geht, solange es mir gut geht. 3. Wer sich nicht an die Regeln des Zusammenlebens hält, der hat am Ende mehr als die anderen. 4. Mir doch wurscht, ob jemand weint meinetwegen.

Es ist übrigens so, dass der Christbaum, der mit bunten, womöglich selbst bemalten Kugeln geschmückt wird, das Weihnachtsfest repräsentiert. Nur für den Fall, dass jemand das vielleicht nicht mehr ganz so präsent hat: Die Christen nennen es auch das Fest der Liebe. Vermutlich nicht nur der zur eigenen Verwandtschaft.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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