München:Bischof wider Willen

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Um den heiligen Korbinian, der im Erzbistum Freising wirkte, ranken sich viele Legenden. Der streitbare Geistliche, der die Nachwelt zu zahlreichen Büchern und sogar zu einem Musical inspirierte, fasziniert bis heute

Von Katharina Aurich

Für viele Freisinger ist der heilige Korbinian der erste wahre Europäer - er stammte aus Arpajon in Frankreich, pilgerte nach Rom, gründete ein Kloster in Südtirol und wurde schließlich der erste Freisinger Bischof. Aus den Legenden, die sich um sein Leben ranken, schrieb Autor Stephan Schwarz ein opulentes Musical "Korbinian", das im vergangenen Sommer auf dem Marienplatz in Freising die Zuschauer begeisterte. Offensichtlich berührt die Geschichte des Gottesmannes, dem ein Bär das Gepäck über die Alpen getragen haben soll, die Menschen heute noch genauso wie vor 1300 Jahren. Korbinians Attribute sind deshalb neben dem Bischofsstab der mit Gepäck beladene Bär.

Der Bischof, der keiner sein wollte, wurde vom Papst ausgeschickt, zu missionieren. Offensichtlich hatte er dazu großes Talent: Korbinian sei "einer von jenen heiligen Männern, die mit ihrem Schweiße das alte Bayernland befruchteten, mit ihrem Worte die gottentfremdeten Gemüter bekehrten und mit ihrem Tugendbeispiele dem Volke Hohen und Niedern voran leuchteten", schreibt Georg Ott, Stadtpfarrer in Abensberg, 1863 in seinen gesammelten Heiligenlegenden. Mit Recht werde er unter die Apostel Bayerns gezählt.

Korbinian wurde im Jahr 680 in eine wohlhabende Familie geboren, der Vater starb kurz nach seiner Geburt, so dass ihn seine Mutter alleine aufzog. Der junge Mann baute sich neben seinem Elternhaus eine Zelle, um als gottesfürchtiger Einsiedler zu leben. Schon bald pilgerten die Menschen zu ihm, er wurde zum gefragten Ratgeber. Sein Ruf verbreitete sich immer mehr, schließlich pilgerte er nach Rom, wo ihn Papst Konstantin I. gegen seinen Willen zum Priester und Bischof weihte und ihn mit der Missionierung ungläubiger Menschen beauftragte. So reiste Korbinian durch die Schweiz, Bayern und Norditalien. "Bald fing die innere Heiligkeit Korbinian auch nach Außen durch die Gabe der Wunder zu leuchten an. Von allen Seiten strömten Bedrängte und Leidende herbei, suchten und fanden Hilfe. Da er nun auch predigte und seine Worte ihm vom Munde so lieblich wie Honig flossen, konnte es daher nicht fehlen, dass eine Menge Sünder sich bekehrten und sein Name weit und breit genannt wurde." (Ott, Heiligenlegenden).

Die Legende erzählt, dass Korbinian mit großem Gefolge die Alpen überquerte, als ein Bär sein Maultier tötete. Er sprach mit dem Bären und zähmte ihn mit seinen Worten, so dass sich das Tier das Gepäck aufbinden ließ und es nach Rom trug. Diese Legende wirkt bis heute und hat die Freisinger Korbinian und Thomas Goerge inspiriert, ein Kinderbuch "Der Bischof und der Bär" zu schreiben und zu zeichnen. Korbinian erhielt vom Papst die Erlaubnis, in Kuens (Südtirol) ein Kloster zu gründen, er kultivierte mit den Mönchen das Land, ließ Weinberge anlegen und Obstbäume pflanzen.

Aus dieser Zeit stammt folgende Begebenheit, die man im ökumenischen Heiligenlexikon nachlesen kann: Das Kloster bekam ein Fässchen Wein geschenkt, in dem es aber noch gärte. In der Nacht flog der Korken mit lautem Knall aus dem Fass. Korbinian hörte das Geräusch, aber es berührte ihn nicht, denn er war mitten im Gebet. Am nächsten Morgen sahen die Klosterbrüder, dass der Wein trotz des geöffneten Spundloches nicht ausgelaufen war.

Schließlich wurde Korbinian wieder nach Bayern zurückberufen, wo 720 das Bistum Freising entstand. Er ließ eine Kirche zu Ehren des heiligen Stephanus errichten, später entstand dort die Abtei Weihenstephan. Korbinian war es jedoch nicht vergönnt, in Freising unbehelligt zu wirken, denn er warf seinem Förderer Herzog Grimoald dessen Ehe mit Plektrudis, der Witwe seines Bruders, vor. Eine Ehe mit der verwitweten Schwägerin war zwar nach römischen Recht erlaubt, aber nicht nach kirchlichem. Grimoald trennte sich von seiner Frau, die auf Rache sann und ein Attentat auf den Bischof plante, so dass er in sein Stift nach Kuens floh.

Grimoalds Nachfolger, Herzog Hugibert, holte Korbinian zurück, den das Volk begeistert begrüßte. Kein Wunder, dass die Autoren des Musicals "Korbinian" aus diesem Stoff um Liebe und Intrige ganz großes Kino machten. Korbinian starb um 730 in Freising, und schon bald kamen Wallfahrer an sein Grab, die sich durch eine Berührung Hilfe versprachen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs treffen sich jedes Jahr Gläubige auf dem Freisinger Domberg zur Korbinianswallfahrt. Auch immer mehr Jugendliche haben den Bischof entdeckt, kommen jedes Jahr für drei Tage auf den Domberg und setzen sich bei der "Jugend-Korbi" mit zeitkritischen Fragen auseinander.

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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