Mordprozess:Durchschnittlich intelligent - und schuldfähig

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Gutachter stellt eine Expertise über drei Angeklagte vor, die in Fürstenried einen irakischen Landsmann aus Eifersucht mit Kopfschüssen hingerichtet haben sollen.

Von Susi Wimmer

Ein psychiatrisches Gutachten über fremde Menschen zu erstellen, ist an sich schon ein eher diffiziles Unterfangen. Erst recht, wenn der Klient sich weigert, auch nur ein einziges Wort mit dem Gutachter zu sprechen. Trotzdem stellte Joachim Kuznik am Dienstag seine Erkenntnisse über die drei Männer vor, die zur Zeit wegen gemeinschaftlichen Mordes auf der Anklagebank vor der zweiten großen Schwurgerichtskammer am Landgericht München I sitzen. Kuzniks Fazit: Er hält die Tatausführung für "geplant, abgesprochen, zielgerichtet mit einem stringenten Handlungsstrang", die drei Männer für durchschnittlich intelligent - und schuldfähig. Einer der Männer bestreitet die Tat, die anderen beiden schweigen bislang.

Hikmat A., 49 Jahre alt, sein Bruder Askar H., 47 Jahre alt, sowie ihr 44-jähriger Neffe Jerjis S. sollen im Mai 2017 ihren irakischen Landsmann Salam S. gleich einer Hinrichtung mit drei Kopfschüssen in seiner Wohnung in Fürstenried ermordet haben. Am nächsten Tag soll das Trio erneut die Wohnung aufgesucht haben, um Feuer zu legen. So sieht es die Staatsanwaltschaft. Das Motiv soll eines der ältesten der Welt sein: Eifersucht. Die Ehefrau von Hikmat A. soll ein Verhältnis mit Salam S. gehabt haben.

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Gutachter Kuznik zitiert aus Zeugenvernehmungen: Unter den Angeklagten sei schon länger die Rede davon gewesen, dass man Salem S. sowie die Ehefrau Tschiman Y. töten wolle. Und Askar H. solle aus seinen früheren Zeiten als Schleuser eine Waffe besitzen. Aufgrund seines persönlichen Eindrucks der Angeklagten vor Gericht sowie den Schilderungen der Zeugen sieht der Gutachter keine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit und auch keine Anhaltspunkte für eine aufgehobene Einsichtsfähigkeit.

Vergangenen Montag hatte Hikmat A., der die Schüsse abgefeuert haben soll, über seinen Verteidiger Berthold Braunger eine Erklärung abgegeben. Er habe die Tat nicht begangen und sei auch an den Tattagen nicht in der Wohnung von Salam S. gewesen. Braunger schilderte den Tagesablauf seines Mandanten am Tattag, den 14. Mai 2017. Hikmat A. habe an jenem Sonntagnachmittag einen Musikkurs seines kurdischen Kulturkreises besucht. Es gebe sogar ein Video, wo er Gitarre spiele. Er sei kurz zu Hause gewesen, anschließend habe er seinen Döner-Laden in Milbertshofen geputzt, um 22 Uhr habe ihn dort ein Zeuge gesehen. Zwischen 22 und 23 Uhr sei er zu Hause gewesen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Salam S. gegen 22.30 Uhr in Fürstenried ermordet wurde. Am folgenden Tag, so Braunger, sei Hikmat A. mit seiner elfjährigen Tochter nachmittags beim Elternsprechtag der Schule gewesen, anschließend im Döner-Imbiss und um 21.30 Uhr zu Hause. Immer an seiner Seite: die Tochter. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Täter am 15. Mai 2017 gegen 22.15 Uhr Feuer in der Wohnung von Salam S. gelegt haben. Braunger beantragte, die Alibi-Zeugen zu hören.

Bislang fehlt den Ermittlern die Tatwaffe, und auch in der Wohnung des Opfers fanden sich keine Spuren des Trios. Allerdings wiesen das Lenkrad und der Schaltknüppel in Hikmat A.s Wagen Schmauchspuren auf. Der Prozess wird in der nächsten Woche fortgesetzt.

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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