Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt:Nicht mal Ruhe bei der letzten Ruhe

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Das Nachtleben auf der Müllerstraße dringt zunehmend in Seitenstraßen. Anwohner stört: Es findet nicht nur in den Clubs statt, sondern auch davor. (Foto: Stefan Rumpf)

Die Bürger wehren sich gegen Pläne für ein Museum am Alten Südfriedhof. Im Viertel gebe es schon genug Magneten, wie etwa die "Feierbanane"

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die Anwohner des Stadtbezirks Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt sind ziemlich verstimmt, dass die vielen Nachtschwärmer ihnen den Schlaf rauben. Bei der Bürgerversammlung in der Turnhalle der Förderschule an der Klenzestraße zeichnete sich jetzt ab, dass nicht nur Gärtnerplatz und Müllerstraße betroffen sind. Zunehmend dringen Feiernde offenbar auch in die Nebenstraßen vor. Seitdem Optimol-Werke und Kultfabrik als Nachfolger des Kunstparks Ost geschlossen seien, drückten die Besucher in diesen Stadtteil, sagte der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Alexander Miklosy (Rosa Liste). Anträge die darauf abzielten, Veranstaltungen auf dem Viehhof-Gelände und dem Gärtnerplatz zu reduzieren, wurden von der Versammlung jedoch nicht unterstützt.

Vehement sprachen sich die rund 250 anwesenden Bürger allerdings gegen Pläne für ein Museum am Alten Südfriedhof aus. Sie forderten die Stadt auf, die Planungen dafür einzustellen. In einem Viertel, das mit Oktoberfest, "Feierbanane", öffentlichen Partytreffen am Gärtnerplatz und dem sich zum "Ballermann" entwickelnden Isarufer stark unter Druck stehe, dürfe kein weiterer Magnet geschaffen werden, hieß es. "Der Ort der letzten Ruhe ist für uns die letzte Oase der Entschleunigung." Man wolle kein Marketing, keine Litfaßsäule, keine Audioguides oder QR-Codes an den Gräbern. Der Alte Südfriedhof sei ein "kleines Fleckerl, nicht Wien, auch kein Pariser Père Lachaise", sagte ein Anwohner. Sogar CSU-Stadtrat Marian Offman, der Bürgermeisterin Christine Strobl als Leiter der Versammlung vertrat, zeigte sich über die einhellige Unterstützung hocherfreut - obwohl die Museumspläne von seinen Parteikollegen im Stadtrat initiiert wurden. "Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen. Das geht nicht."

Ein weiteres Thema waren die Wege für Fahrradfahrer. Die Stadtverwaltung wird sich nun damit befassen müssen, ob die Fraunhoferstraße auf ihrer gesamten Länge einen Radweg bekommen kann. Ein Antragsteller sagte, die Straße sei nicht ungefährlich für Radler angesichts der Gleise für die Straßenbahn und parkenden Autos, Radler wichen deshalb häufig auf den Gehweg aus und gefährdeten die Fußgänger. Der Anwohner, an der Fraunhoferstraße wohnt, führte weiter aus: Jetzt würden wohl viele schon anfangen, die wegfallenden Parkplätze im Geiste zu zählen. Doch die Stadt müsse sich eben entscheiden: "Entweder will sie eine Radlhauptstadt werden oder sie will die Autofahrer nicht vergraulen."

Auffallend war an diesem Abend: Es gab nicht mal eine Wortmeldung zum südlichen Bahnhofsviertel, das in den vergangenen Monaten häufig wegen Prostitution, Drogen, Bettelei und Alkohol in den Medien thematisiert worden war. Sowohl die Stadt als auch die Polizei seien derzeit sehr wachsam, sagte Miklosy. Die Anwohner litten jedoch nicht unter dem Eindruck, den das Bahnhofsviertel nach außen vermittle. Auch der Leiter der Polizeiinspektion 14, Hans Reisböck, sah keinen Grund zur Aufregung. Er sagte, sein Team und die Kripo seien verstärkt dort unterwegs und hätten die Lage im Griff. "Wir zeigen möglichst viel Präsenz, um aufzudecken. Und vor allem, um Ihnen ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln." Zwar sei in der gesamten Ludwigs- und Isarvorstadt die Zahl der Körperverletzungen um 20 Prozent in den vergangenen neun Monaten gestiegen. Auf der anderen Seite habe sich die Einbruchzahl in Büros auf 100 halbiert, die in Wohnungen sei um 20 Prozent zurückgegangen, die Zahl der Kelleraufbrüche sogar um 60 Prozent. Reisbeck: "Im 2. Stadtbezirk sind Sie gut aufgehoben und können ein gutes Sicherheitsgefühl haben."

Kritik an der Stadt wurde auch wieder wegen der Sperrzeiten der Theresienwiese über mehr als drei Monate für den Auf- und Abbau des Oktoberfests geübt. Kitesurfern, Bladern, Spaziergängern würde damit im Sommer ihre Erholungsfläche genommen. Vor allem Schüler hätten darunter zu leiden, der Ausweichweg sei wenig geschützt.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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