Landtagswahl:Wahlkampf ohne Auto - ein bewundernswerter Verzicht!

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SPD-Kandidat Michael Ott will in den nächsten Monaten ausschließlich mit den Öffentlichen unterwegs sein. Ein großer Schritt - vor allem, wenn der Stimmkreis München-Mitte ist.

Kolumne von Dominik Hutter

Schade, es hätte so schön sein können. Zuzusehen, wie Michael Ott in einem heftig blubbernden "Hummer" mit V 8-Motor auf dem Marienplatz vorfährt, sich geschmeidig aus dem Ledersitz windet und der jubelnden Menge zuwinkt. So wie es US-Präsidenten tun, wenn sie von ihrem gepanzerten Dienstauto "The Beast" in die Air Force One wechseln.

Ott hätte zeigen können, wie selbstverständlich er sich auf dem Parkett der großen Politik zu bewegen weiß. Aber ach, er will es nicht. Der SPD-Landtagskandidat für den Stimmkreis München-Mitte weigert sich, die Untrennbarkeit von Mensch und Maschine zu akzeptieren. Sein Wahlkampf soll autofrei ablaufen, das gab er nun offiziell bekannt. Was dann vermutlich auch bedeutet, dass nicht einmal Auftritte per Hubschrauber geplant sind.

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Ein solch radikaler Verzicht ist nicht nur bemerkens-, sondern auch bewundernswert. Der Kandidat legt sich selbst Fußfesseln an, nicht einmal eine publikumswirksame Raserei über Kaufinger- und Neuhauser Straße ist noch drin. Stattdessen muss sich Ott auf das läppische Dutzend U- und S-Bahnlinien beschränken, das seinen Stimmkreis durchmisst. Oder auf die bestenfalls zweistellige Zahl von Bus- und Tramlinien. Oder aufs Fahrrad, was im Extremfall eine Gewalttour zwischen Haidhausen und dem Westend bedeutet. Autsch!

Der SPD-Mann wagt diesen Schritt, weil er ein umweltpolitisches Zeichen setzen will. Nein, nicht für den Kauf regionaler Produkte wie zum Beispiel BMW. Sondern für saubere Luft sowie einen Ausbau von MVV und Radwegen. Ott lädt auch seine Gegenkandidaten ein, diesem revolutionären Akt zu folgen und ebenfalls aufs Auto zu verzichten. Das mit dem "Einladen" sagt man so als Politiker, wenn man die anderen beschämen und ausstechen will. Eigentlich hofft man, dass sie es nicht tun. Weil sie es bestimmt bevorzugen, nach einem Langzeitaufenthalt im Stau auch noch auf Parkplatzsuche zu gehen. Innenstadt ohne Auto - das ist ja wie Urlaub ohne Streit. Oder S-Bahn ohne Störung.

Ganz, ganz ausnahmsweise kommt (in ganz seltenen Fällen und dann auch nur ungern) trotzdem das Auto für die SPD zum Einsatz: wenn zum Beispiel sperrige Plakatständer transportiert werden müssen. Der Kandidat fährt dann aber nicht mit. Großes Indianer-Ehrenwort.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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