Wächterhof:Dieser S-Bahnhof wird am häufigsten verwüstet

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Graffiti prägt das Bild am S-Bahnhof Wächterhof. (Foto: Bundespolizei)
  • Der S-Bahnhof Wächterhof wird immer wieder verwüstet.
  • Die Deutsche Bahn zählt den abgelegen im Wald platzierten Zughalt zu den Vandalismus-Schwerpunkten im Münchner Großraum.
  • Eine Videoüberwachung des Bahnhofs soll es aber in absehbarer Zukunft nicht geben.

Von Bernhard Lohr, Hohenbrunn

Es ist ein Bild der Verwüstung: Die Schaukästen mit Informationen für die Fahrgäste sind zertrümmert. Glasscherben liegen überall. Wo sonst Fahrpläne hängen, haben Unbekannte mit Spraydosen rätselhafte Schriftzüge hinterlassen. Der Fahrkartenautomat ist demoliert, die Stele zum Abstempeln der Tickets wurde mit roher Gewalt umgestürzt. Müll ist großflächig über den Bahnsteig verteilt.

Wer auch immer es war: Er hat an der S-Bahnstation Wächterhof ganze Sache gemacht. Die Deutsche Bahn zählt den kleinen, abgelegen im Wald platzierten Zughalt zu den Vandalismus-Schwerpunkten im Münchner Großraum und will die Überwachung intensivieren.

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Die Zerstörungen sind kein Einzelfall. Es gibt sie seit Jahren. Und unter Fahrgästen wächst der Unmut und das Unverständnis über die Zustände. Eine SZ-Leserin aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn schwärmt vom idyllisch gelegenen Bahnsteig in Wächterhof: "Fast hat man als S-Bahn-Fahrer den Eindruck, man steht im Wald, in der Natur." Doch die immer wieder von Menschenhand angerichtete Verwüstung trübe die Idylle. Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) kennt das Problem aus eigener Anschauung. Kaum seien die Vandalismusschäden behoben, werde wieder alles zerstört. Der Bahnhof sei wirklich beeinträchtigt. Auf die Schnelle eine Fahrkarte zu kaufen, sei oft gar nicht möglich, sagt er.

Wolfgang Hauner, Sprecher der Bundespolizeiinspektion München, spricht von einem "schwer in den Griff zu kriegenden" Phänomen. Nach seiner Erfahrung sind es in der Regel jugendliche Täter, die alkoholisiert und oft unter Gruppenzwang agieren. Mancher lebe Frust aus, mancher lasse seiner Wut auf die Bahn freien Lauf, weil die wieder mal zu spät komme oder zu teuer sei. Manch einer meine, als Kunde schlicht ein Recht auf Zerstörung zu haben.

Dass es immer wieder an der Station Wächterhof solche Probleme gibt, hat offenbar damit zu tun, dass Täter sich unerkannt bewegen können. "Eine Ursache dürfte die abgelegene Lage und die daraus resultierende fehlende soziale Kontrolle sein", teilt die Deutsche Bahn auf Anfrage mit. Der Fahrkartenautomat wird der Bahn zufolge zwar online überwacht, sodass technische Störungen direkt bei der Bahntochter DB Vertrieb angezeigt und schnell repariert würden.

Videoüberwachung könnte helfen

Schmierereien am Display würden aber nicht erfasst. Zudem schickt die Bahn vermehrt Mitarbeiter der DB Sicherheit nach Wächterhof. Eine echte Lösung des Problems würde laut Bürgermeister Straßmair eine Videoüberwachung bringen. Die habe die Gemeinde Hohenbrunn vor Jahren schon mal angeregt. Nun wiederholt er den Appell: "Ich würde das sehr begrüßen."

Zuletzt wurde im Münchner S-Bahnnetz die Videoüberwachung kräftig ausgebaut. In allen Zügen gibt es mittlerweile Kameras, deren Aufzeichnungen 72 Stunden gespeichert werden. Dazu kommen über die Stammstrecke hinaus Kameras in 58 von 150 Bahnhöfen im Großraum. Nach 48 Stunden werden diese Aufnahmen gelöscht. Bei Verdacht auf Straftaten werden die Bänder ausgewertet. Und die Kameras verfehlen ihre Wirkung nicht. Ein Bahnsprecher sagt, dass die Graffiti-Schmierereien in den Zügen und die Scratching-Attacken, bei denen Zeichen in Glasscheiben geritzt werden, stark zurückgegangen seien, seit die Täter damit rechnen müssen, gefilmt zu werden.

Auch eingeschlagene Scheiben sind an der Station zwischen Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn zu sehen. (Foto: Claus Schunk)

Auch Polizeisprecher Wolfgang Hauner lobt die abschreckende Wirkung der Kameras, die natürlich auch dazu beitrügen, Täter zu ermitteln. Seiner Überzeugung nach gibt es noch "Stellen, da würden wir uns wünschen, dass die Kameraüberwachung ausgebaut wird". In Wächterhof ist das aber offenbar kein Thema. Ein Bahnsprecher sagt, dass man sich beim Einsatz von Kameras auf größere, von vielen Fahrgästen frequentierte Bahnhöfe konzentriere. Eine flächendeckende Überwachung sei nicht das Ziel.

Derweil ruft die Bahn Fahrgäste zur Mithilfe auf. Sie sollen Zerstörungen und Verunreinigungen über die Hotline der 3-S-Zentrale gemeldet werden. 3 S steht für Sicherheit, Sauberkeit, Service. Die Nummer lautet 089/1308-1055 und ist in der Vitrine am Bahnhof Wächterhof ausgehängt. Und dort zu finden, wenn die Vitrine nicht gerade zertrümmert ist oder Informationsblätter verschmiert und unleserlich sind.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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