Siedlungspläne bei Aschheim und Unterföhring:Kompakt, untertunnelt, grün

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Das Planungsreferat der Stadt München legt als Diskussionsgrundlage für 600 Hektar großes Neubaugebiet zwischen Daglfing und Johanneskirchen drei Varianten vor. In allen Fällen sollen die Bahngleise unter die Erde verlegt werden.

Von Ulrike Steinbacher

Zwei Entwürfe tragen die fantasievollen Namen "Perlenkette" und "Küstenlinie", einer heißt ganz prosaisch "Beidseits des Hüllgrabens". Alle drei machen Vorschläge, wie sich etwa 15 000 Wohnungen im 600 Hektar großen Gebiet zwischen Daglfing und Johanneskirchen sinnvoll verteilen lassen.

30 000 Menschen sollen einmal in diesem neuen Stadtviertel leben, das östlich der Bahntrasse und westlich des Gemeindegebiets Aschheim geplant ist. 10 000 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Die drei Entwürfe, die das Planungsreferat Ende Juli vorgestellt und über den Sommer weiter ausgearbeitet hat, sind die Grundlage für die öffentliche Diskussion, die jetzt beginnt. Der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen will in seiner Sitzung am Dienstag, 11. Oktober, eine Stellungnahme formulieren. Beim Stammtisch des Nord-Ost-Forums zur Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) am Mittwoch, 19. Oktober, können interessierte Bürger sich zu den Varianten informieren.

Ergebnissoffene Diskussion über drei Entwürfe

Ergebnisoffen soll die Debatte in jedem Fall verlaufen, das betont das Planungsreferat immer wieder. Soll heißen: Die drei Entwürfe sind nur Ausgangspunkte für die Diskussion über die Gestaltung des neuen Wohnviertels. Sie können auseinandergenommen oder kombiniert, verworfen oder ergänzt werden. Insgesamt zeichnen sie aber schon ein sehr detailreiches Bild, denn sie sind mit Schadstoff- und Verkehrs-Gutachten für das Gebiet unterfüttert, mit Untersuchungen zu Stadtklima und Lärmbelastung angereichert.

Gemeinsam ist allen drei Varianten ein hoher Anteil an Grünzügen, der wiederum eine kompakte und dichte Bebauung voraussetzt. Reihenhäuser, sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk schon bei der Vorstellung der Varianten im Juli, "wird es nicht geben können". Der Entwurf "Quartiere als Perlenkette" reiht drei Siedlungsschwerpunkte um die alten Dörfer Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen entlang der S-Bahn-Trasse aneinander. Ausgerichtet wäre das neue Viertel dann in Nord-Süd-Richtung, die Flächen östlich des Hüllgrabens blieben unbebaut. Ganz anders die zweite Variante mit dem bezeichnenden Namen "Beidseits des Hüllgrabens".

Sie konzentriert die Grünflächen im Norden und die Bebauung im Süden. Die Baulücken zwischen Englschalking, Daglfing und Riem würden geschlossen und auch die Trabrennbahn überbaut, "um einen konsistenten Stadtkörper entwickeln zu können", wie es im Entwurfstext heißt. Die Gartenstadt Johanneskirchen und die Zahnbrechersiedlung im Norden, die heute schon bestehen, würden eine solitäre Siedlungsinsel im Grüngürtel bleiben.

Landschaftsbuchten und ein Badessee

Planidee Nummer drei dagegen, die "Küstenlinie", bezieht diese Insel ein: Sie würde zur Kuppe eines großen "Siedlungsfingers", der von Daglfing über Englschalking nach Norden ausgreift. Schräg nach Südosten versetzt würde sich auf den Flächen der Galopptrainingsbahn und der Olympiareitanlage ein zweiter "Siedlungsfinger" strecken. Zwischen den beiden Fingern und zum Aschheimer Gewerbegebiet Dornach hin entstünden so "Landschaftsbuchten", Stadt und Grünflächen wären verzahnt. Sogar einen kleinen Badesee südlich der alten Gütertrasse am Lebermoosweg können sich die Planer vorstellen.

So unterschiedlich wie die drei Bebauungsvarianten sind die Ideen zur Verkehrserschließung. Voraussetzung ist aber in jedem Fall der viergleisige Ausbau der Bahnlinie mit getrennten Trassen für S-Bahn und Güterzüge und die Verlagerung dieser Gleistrassen unter die Erde. Nur wenn die Züge künftig im Tunnel fahren und die Bahn-Schneise verschwindet, die den 13. Stadtbezirk teilt, kann das neue Quartier sinnvoll angebunden werden. Und nebenbei bekämen Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen dann endlich die ersehnten barrierefreien S-Bahnhöfe.

Im Fall "Perlenkette" würde die S-Bahn am Westrand des Wohngebiets den Hauptstrang des Verkehrsnetzes bilden, ergänzt durch eine ÖPNV-Trasse, die weiter im Osten eine zusätzliche Nord-Süd-Verbindung herstellt. Dort könnten Busse fahren, aber auch die Tram 25, wenn sie vom S-Bahnhof Berg am Laim weiter Richtung Daglfing und dann nach Norden verlängert würde, oder die Tram 16, wenn sie auf einem neuen Abzweig die Johanneskirchner Straße nach Osten nehmen und dann nach Süden abbiegen würde. Die U-Bahn schließlich könnte die Verbindung zwischen S-Bahn und Tram herstellen: mit einer Verlängerung der U 4 vom Arabellapark über Englschalking, das damit zum Verknüpfungsbahnhof avancieren würde, in den Nordteil des Siedlungsgebiets.

Quartier mit U-Bahnanschluss

Bei dieser Variante würde die U-Bahn also im neuen Quartier enden. Die beiden anderen Planideen haben da eine bessere Lösung: Sie stellen einen Ringschluss der U 4 zur U 2 in der Messestadt West und zur S 2 in Riem her, mit einer Haltestelle im neuen Quartier und einer in Englschalking, sodass es auch eine Verknüpfung zur Flughafen-S-Bahn gäbe. Der Entwurf "Küstenlinie" arbeitet mit einem ähnlichen Konzept, allerdings braucht er - wegen der beiden "Siedlungsfinger" - zwei U-Bahnhöfe. Zusätzlich können sich die Planer bei dieser Variante im Süden eine Verlängerung der Tram 25 oder eine Busverbindung bis zum S-Bahnhof Riem vorstellen.

In allen drei Entwürfen verschwinden die Straßenverschwenkungen an den Bahnübergängen: Johanneskirchner und Englschalkinger Straße werden direkt über den S-Bahn-Tunnel ins neue Wohnquartier verlaufen. Dort existiert heute noch keine Hauptstraße in Nord-Süd-Richtung, sie muss neu gebaut werden. Der Verlauf wird sich danach richten, wie das Siedlungsgebiet letztlich gestaltet wird.

In jedem Fall aber plant die Stadt, diese neue Straße im Norden an die Kreisstraße M 3 anzubinden, die wiederum den Anschluss an den Autobahnring A 99 herstellt. Darüber werden die Nachbarn in Unterföhring nicht sehr glücklich sein, denn die M 3 ist heute schon stark belastet. Für die Varianten "Hüllgraben" und "Küstenlinie", die im Süden ihren Schwerpunkt haben, wird auch eine Anbindung Richtung Trudering notwendig sein. Dafür soll der Schatzbogen, der jetzt an der Riemer Straße endet, nach Norden verlängern werden.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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