Parkmöglichkeiten für Fahrräder:Radlverhau und Felgenkiller

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Vorderradklemmen - "das sind die klassischen Felgenkiller": Wie Tester der Verbraucherzentrale Bayern derzeit die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an den S-Bahnhöfen überprüfen.

Marco Völklein

Das Knäuel aus Stahl, Draht und Aluminium sieht von weitem nicht danach aus, als würde sich darunter irgendeine ordnende Struktur verbergen. Doch bei näherem Hinsehen erkennen Ruth Schawohl und Nina Gmeiner tatsächlich etwas, das wie ein Radlständer wirkt.

Ruth Schawohl (rechts) und Nina Gmeiner (links) sind als Fahrradständertester der Verbraucherzentrale Bayern unterwegs. (Foto: Alessandra Schellnegger)

"Das sind die klassischen Felgenkiller", sagt Gmeiner und deutet auf die knapp 20 "Vorderradklemmen", die an dem kleinen Stellplatz vor dem Ostbahnhof-Haupteingang den Fahrradfahrern Platz für ihre Velos bieten sollen. "So richtig gerne nutzt diese Dinger eigentlich kaum ein Radfahrer", so Gmeiner.

Gmeiner und Schawohl gehören zu der Truppe von Testern, die im Auftrag der Verbraucherzentrale Bayern bis in den Herbst hinein die Fahrradabstellmöglichkeiten an den 149 S-Bahn-Stationen im MVV-Tarifgebiet prüfen. Jede einzelne Station gehen sie ab, notieren unter anderem Anzahl und Anordnung der Stellplätze.

Sie checken, ob die Ständer überdacht und ausgeleuchtet sind, wie weit sie von den Bahnsteigen entfernt stehen und ob sie von Passanten gut einzusehen sind. Außerdem sprechen die Tester stichprobenartig Fahrradfahrer an und fragen deren Erfahrungen mit den jeweiligen Abstellmöglichkeiten ab.

Bei Vorderradklemmen trägt das Vorderrad schnell einen Achter davon

Rund um den Ostbahnhof finden die Testerinnen zahlreiche Beispiele dafür, wie moderne Abstellmöglichkeiten nicht aussehen sollten. Bei den "Vorderradklemmen" am Haupteingang zum Beispiel ist es so, dass der Nutzer lediglich das Vorderrad in die Halterung schieben kann, "das komplette Rad aber an die Halterung anschließen, das kann er nicht - das ist ein Manko", findet Testerin Gmeiner.

Zudem passen breite Mountainbike-Reifen in die Halterungen gar nicht rein. Und wenn ein Fahrrad mal umkippt, trägt das Vorderrad ganz schnell einen Achter davon - "daher meiden viele Radfahrer solche Fahrradständer", sagt Gmeiner.

Besser sieht es aus bei den Abstellmöglichkeiten am östlichen Ausgang des Ostbahnhofs. Dort immerhin finden die Testerinnen sogenannte Anlehnbügel vor, also Ständer, an denen die Nutzer ihre Räder mit dem Rahmen und dem Vorderrad festketten können.

"Da können die Räder nicht umfallen und sind auch besser gegen Diebstahl gesichert", sagt Gmeiner. Zudem sind die Stellplätze dort überdacht, und durch die Straßenlaternen ist der ganze Bereich auch in der Nacht einigermaßen gut ausgeleuchtet. Gmeiner und Schawohl vermerken all das in ihrem Fragebogen - am Ende werden die Daten ausgewertet.

Bis in den Herbst hinein gehen die Tester der Verbraucherzentrale die S-Bahnhöfe im MVV-Gebiet noch ab. Die Münchner Ergebnisse werden dann einfließen in eine bundesweite Studie des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Derzeit schicken alle 16 Verbraucherzentralen in den einzelnen Bundesländern Tester zu den Abstellplätzen an Haltepunkten des öffentlichen Nahverkehrs.

Die Konsumentenschützer haben eine Klimaaktion unter dem Motto "Für mich. Für dich. Fürs Klima" gestartet. Im Rahmen dieser Aktion wollen sie die Verbraucher zu mehr Klimaschutz anhalten. Und dazu gehört es auch, dass mehr Menschen per Rad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. "Das ist eine unserer Kernbotschaften", sagt Gmeiner. "Viele Leute sagen uns bei unseren Befragungen, dass sie öfter mit dem Rad fahren würden, wenn sie vernünftige Abstellmöglichkeiten vorfinden würden."

Stellplatzmangel herrscht auch am Hauptbahnhof und Marienplatz

Das wissen auch die Kommunen - und versuchen, wo es geht, neue und modernere Ständer für Räder zu schaffen. In München hat der Stadtrat zuletzt beschlossen, bis Jahresende stadtweit mehr als 1000 neue Abstellplätze zu errichten.

Dabei wird das Baureferat auch 24 Kfz-Stellplätze in Velo-Parkplätze umwandeln - was im Stadtrat zu Streit zwischen der rot-grünen Mehrheit und den Oppositionsfraktionen von CSU, FDP und Freien Wählern geführt hat. Während die Grünen von einer "flächeneffizienten Lösung" sprachen, schimpfte die CSU, durch die Umwandlung werde gerade in dicht besiedelten Vierteln wie Haidhausen "dringend benötigter Parkraum für Autos vernichtet".

In den Augen vieler Radfahrer sind aber 1000 neue Stellplätze noch immer nicht genug. Vor allem an Brennpunkten wie dem Hauptbahnhof oder am Marienplatz stehen aus ihrer Sicht nicht genügend Ständer zur Verfügung. "Die Situation ist für die Kommunen aber oft nicht ganz einfach", räumt Verbraucherschützerin Gmeiner ein. Die Bahn zum Beispiel verweist darauf, dass die Errichtung von Radstellplätzen Aufgabe der Kommunen sei. Denen wiederum gehören die Grundstücke an U- und S-Bahn Stationen aber oft gar nicht.

"Die Städte und Gemeinden müssen sich erst mit den Grundstücksbesitzern einigen", sagt Gmeiner. Außerdem melden ja nicht nur Radfahrer ihre Ansprüche an; die Stadtplaner müssen auf dem ohnehin begrenzten öffentlichen Platz auch noch andere Verkehrsträger unterbringen. "Hier am Ostbahnhof zum Beispiel", sagt die Verbraucherschützerin und deutet auf das Verkehrsgewusel vor dem Haupteingang, "hier muss ja auch noch Platz für Taxis und den Busverkehr bleiben."

© SZ vom 31.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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