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(Foto: Claus Schunk)

Roswitha Frare engagiert sich als Näherin im Repair-Café

Von Cristina Marina, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Wenn Roswitha Frare sich am kommenden Samstag auf den Weg zum Repair-Café macht, wird sie Metermaß, Schere, Knöpfe, Nähgarn und Stecknadeln im Gepäck haben. "Und meine Brille". Eine gewöhnliche Nähmaschine brauche sie nicht. Zwanzig Jahre lang hat die 78-Jährige als Schneiderin auf einer Industrie-Nähmaschine gearbeitet. "Eine solch kleine ist für mich bloß wie Spielzeug", sagt Frare.

Zum ersten Mal nimmt sie nun an einem Repair-Café teil. Davon habe sie schon öfter gehört, denn andernorts gibt es die Cafés regelmäßig, ihre Tochter mache auch häufig mit. Frare hat ihren Lebensgefährten im Oktober verloren. Sie müsse nun zusehen, wie sie ihr Leben anders gestaltet bekomme, wie sie sagt. Sie habe zwar einen großen Garten, um den sie sich gern kümmere, doch Frare möchte auch "unter die Leute kommen".

Dafür eignet sich das Reparatur-Café gut. Dort helfen Menschen, die sich in einem Handwerk auskennen, anderen ihre kaputten Sachen zu reparieren. Ob Spielzeug, Fahrräder, Lampen oder eben Kleidung - jeder Besucher darf den mitgebrachten Gegenstand mit ein wenig Hilfe von Profis selbst in Ordnung bringen. Erfunden hat die Repair-Cafés die Niederländerin Martine Postma. Sie wollte der "Wegwerfmentalität" entgegen wirken und helfen, dass weniger Müll entsteht. Besser wäre, die Sachen zu reparieren; doch das Wissen fehlt. Immer weniger Menschen verfügen mittlerweile über die Kenntnisse und die handwerklichen Fähigkeiten, die dazu nötig sind.

Auch mit Upcycling kennt sie sich aus

Roswitha Frare freut sich darauf, beim Ausbessern der Kleidung mitzuhelfen. Alles könne man reparieren, sagt sie. Die Café-Besucher müssen nur den Mut haben, sich auf das Nähen einzulassen. Sie selbst habe Buchhaltung gelernt, doch "mein ganzes Leben lang wollte ich schneidern". Schon im Alter von vier Jahren hatte sie ihrer Mutter geholfen, die damals eine "Singer mit Elektromotor" besaß. Später ergriff Frare ihren Traumberuf und führte eine ortsansässige Dirndl-Schneiderei.

Auch mit Upcycling - zu Deutsch: aus alten Teilen neue machen - kennt sich Frare aus. Von ihrer inzwischen verstorbenen Nachbarin hatte sie eine Kiste mit Stoffresten bekommen - und daraus Kissen und Puppenkleider für die Kinder gemacht. Oder aus einem bestickten Kissen nähte sie einen Rucksack. Das Repair-Café in Höhenkirchen wird organisiert von der Volkshochschule Südost und findet am Samstag, 20. Januar, zwischen 13.30 und 17.30 Uhr in der Aula der Erich-Kästner-Grund- und Mittelschule, Brunnthaler Straße 8, in Höhenkirchen-Siegertsbrunn statt.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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