Internationales Restaurant "Last Supper":Boazn mit Heiligenschein

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Das Last Supper in der Maxvorstadt serviert neue deutsche Küche mit mediterranem Einschlag: exklusive Speisen in extra großen Portionen, die an eine Todsünde grenzen. Halleluja!

Lars Langenau

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Eine Boazn mit Heiligenschein - zu einem himmlischen Erlebnis wird der Besuch im Last Supper allerdings nicht durch die beiden hier, sondern dank des wahrhaft himmlischen Genusses. (Foto: Ingrid Fuchs)

Wolfgang, so müsste man meinen, stamme aus Österreich. Irgendwie stammt ja jeder Wolfgang aus Österreich. Doch dieser junge Herr, der uns bedient, kommt aus Erding. Trotzdem hat Wolfgang Ahnung von Weinen. Sowas traut man eigentlich doch eher Leuten mit Mitte 50 und roter Nase zu. Aber Wolfgang ist Anfang zwanzig und bedient im Last Supper in der Fürstenstraße.

Er empfiehlt uns zu den gewählten Speisen einen 2009er Riesling aus dem wunderschönen hessischen Weindorf Kiedrich. Vom Winzer Robert Weil, dem "Sven Väth des Weinanbaus", sagt Wolfgang. Das Last Supper verfügt über eine beeindruckende Speisekarte, und ausgesuchte Weine mit Flaschenpreisen von 33 bis 220 Euro. Diese Preise könnte man noch überschreiten, wenn man Wolfgang und seinen geheimen Tröpfchenempfehlungen vertrauen darf.

Selbst phonetisch stammt der Name Last Supper nicht von Frank Zappa, wie Gotteslästerer anmerken würden, sondern sinngemäß vom Abendmahl, Jesus letztem Abendmahl. Grob übersetzen könnte man Last Supper auch mit Henkersmahlzeit. Soweit wollten wir angesichts unserer reizenden Begleitungen gar nicht denken. Was würde uns da alles entgehen. Bezüglich des Essens natürlich.

Der Name findet sich als Zitat an so ziemlich allen Wänden des Lokals: Hier eine Madonnenfigur, dort ein Jesulein, da eine Putte, drüben ein Kruzifix. Möglichst kitschig, möglichst poppig, möglichst schrill. Das Last Supper macht auf postreligiös. Und auf gewisse Weise ist es das auch. Und der Wolfgang, der ist wirklich ein netter.

Der erste Eindruck täuscht. Wenn man beim Last Supper in der Maxvorstadt von außen durch die Scheiben schaut, dann fragt man sich im Affekt: Was ist denn das für eine Boazn? Bayerische Landhausmode runter gebrochen auf das Design der Inneneinrichtung? Doch der erste Anschein täuscht. Bei dem Last Supper haben wir es mit einer (im positiven Sinne) Boazn mit Heiligenschein zu tun. Das Restaurant hat den Charme einer Berghütte - und ist gleichzeitig hip.

Ebenso hip sind die Bedienungen, also Wolfgang und Co.. Die Kellner tragen lässig abgewrackte T-Shirts, bewegen sich taktvoll durch die Räumlichkeiten zu Rock'n Roll und Punk - und sind trotz aller Lockerungsübungen sehr aufmerksam.

Eine Atmosphäre, die die Christenheit erfreut

Das Publikum bewegt sich überwiegend in der Altersklasse zwischen Mitte 20 und Mitte 50. Wobei es durchaus seien kann, dass ein Mitte 50-Jähriger verträumt händchenhaltend mit einer Mitte 20-Jährigen am Nachbartisch sitzt und man sich fragt, ob die Gattin gerade die Horde Kinder ins Bett bekommen muss.

Aber Ehebruch und sonstige todeswürdige Straftaten des Alten Testaments werden im Last Supper nicht so eng gesehen. Man ist ja schließlich selbst in München überwiegend Anhänger des Neuen Testaments. Und im Last Supper ist man sogar so liberal, dass man, wenn man dazu neigt, auf den Tisch steigen könnte und laut "Jehova" rufen könnte, ohne gesteinigt zu werden. Es ist, gelinde gesagt, einfach eine Atmosphäre, die eine aufgeklärte (oder gern auch postreligöse) Christenheit erfreut.

Impressionen aus dem Last Supper
:Wie eine Todsünde

Das Last Supper in der Maxvorstadt serviert neue deutsche Küche mit mediterranem Einschlag: exklusive Speisen in extra großen Portionen, die an einer Todsünde grenzen. Halleluja!

Übrigens: Das Lokal hat 60 Innenplätze und 16 draußen, ist aber eher ein Restaurant für schlechte Wetterbedingungen, falls man nicht irgendwie bescheuert am Straßenrand sitzen möchte. Reservierung ist ein Muss!

Das Last Supper besteht inzwischen seit 13 Jahren und hat mit der Blauen Donau einen Ableger gefunden. Wolfgang sagt zur Konkurrenz nur trocken: "Oft kopiert und nie erreicht." Das lassen wir jetzt einfach mal unkommentiert so stehen. So lasset uns denn weiter jauchzen: Das Last Supper bietet weit mehr als Manna oder einen grätigen Petersfisch aus dem See Genezareth. Es serviert deutsche Küche mit mediterranem Einschlag. Es hat ein paar Evergreens und eine (fast) täglich wechselnden Tageskarte, die saisonal beeinflusst ist.

Wir wählen als Vorspeise eine Tomaten-Orangen-Ingwersuppe mit Croutons, die unsere charmante Begleitung zum vielleicht etwas übertriebenen Ausruf "das ist eine Explosion der Geschmacksknospen" verführte. Wir haben probiert: Die Suppe jetzt. Und die ist wahrlich sehr delikat.

Zum Anregen des Appetits oder zum Stillen des ersten Hungers werden uns frisches Brot und leider altes Pizzabrot gereicht. Aber mal ganz ehrlich, und das soll jetzt nicht ketzerisch oder gar blasphemisch klingen, Jesus hätte sich nach diesem Pizzabrot wohl die Finger geleckt. Hätten die Römer vor 2000 Jahren schon Pizzabrot gebacken.

Im Siebten Himmel

Nun wir leben ja im Jetzt - und da sind wir ganz froh für ein paar frivole Sätze nicht gleich gekreuzigt zu werden. Entschädigt werden wir jedenfalls durch die frischen Muscheln "belgische Art", die hervorragend munden und lediglich aufgrund der Menge einen kleinen Eiweißschock verursachen.

Zudem probierten wir das Rindercappaccio mit Parmesan und kleinem Salat. Das Carpaccio - ein Traum. Und wir? Im siebten Himmel. Die Portionen sind riesig, wir sind glücklich. Alles vorzüglich und nochmal: das Carpaccio - ein Genuss.

So langsam gönnen wir uns dann den Hauptgang. Zu den Highlights des Lokals gehört das "Rinderfiletsteak mit Bratkartoffeln und kleinem Salat". Wenn wir einmal eine Henkersmahlzeit, oder sagen wir lieber unser letztes Gericht, ordern dürfen, dann findet dieses Filet sicher den Eingang auf unsere Wunschliste. (Sofern wir nicht sehr alt sterben und keine Zähne mehr haben sollten.) Das Filet ist genau nach unseren Wünschen: weich wie ein Handballen und an der Grenze zwischen englisch und medium. Perfekt.

Zudem wählen wir das "gebratene Makrelenfilet auf gegrillten Zucchini und Zitronenthymianrisotto in Riesling-Trüffelschaum" sowie "mit Chorizio gefüllte Poulardenbrust auf Paprika-Fenchelgemüse mit Rucolagnocchi". Diese beiden Gerichte sind eher was für die Damen am Tisch - und trotz des etwas trockenen Vogelviehs jauchzen sie beim Verspeisen glücklich vor sich hin. Halleluja!

Exklusive Küche, mehr als bodenständige Portionen

Als Nachspeise ordern wir Crème brûlée, die so lala ist. Überzeugt hat uns hingegen das "Ricotta-Walnußmusse mit Kiwicarpaccio". Mit dünn geschnitten Dingen haben sie es irgendwie im Last Supper. Das machen sie richtig gut. Für die Crème brûlée sollte der Koch bitte einmal zur Fortbildung nach Frankreich oder unsertwegen auch nach Katalonien gehen.

Am kleinen Käseteller hingegen ist nichts zu meckern, aber diese Milchprodukte sind nach diesem Abendmahl dann doch ein wenig zu viel. Zu diesem Zeitpunkt fehlt eigentlich nur noch das berühmte Pfefferminzplätzchen aus Monty Pythons Sinn des Lebens um uns zum Platzen zu bringen.

Doch zu diesem Zeitpunkt bog schon wieder unser aufmerksamer Wolfgang um die Ecke und kredenzte uns Jägermeister in praktischen Alkoholikerflaschen. Ein Schatz, der Wolfgang. Aber bloß nicht nach dem Jägermeister fragen! Sonst bekommt man ihn nicht. Wäre wir nicht eindeutig heterosexuell veranlagt, dann ... aber lassen wir das. Nicht noch eine der sieben Todsünden auf uns laden. Zumindest an Gula, der Völlerei, kamen wir bei dieser Kritik ganz und gar nicht vorbei.

Summa Summarum: Das Last Supper serviert exklusive Küche in mehr als bodenständigen Portionen. Unser Wolfgang ist super und wir hätten ihn gern als persönlichen Sommelier mit nach Hause genommen. Aber Wolfgang gehört zum Last Supper wie der andere Wolfgang in unser lustiges Nachbarland.

Ein Letztes sei Euch Sündern, die das Last Supper aufsuchen wollen, noch gesagt: Gäste, die sich in Web-Kritiken an der Bedienung des Lokals reiben und bemängeln, dass in diesem Restaurant der Kunde nicht König sei, rufen wir zu: "Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch" (Jeremia 23, 16).

Last Supper, Fürstenstr. 9, U-Bahn Odeonsplatz/U-Bahn Universität, Tel: 089-28808809. Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 19 bis 1 Uhr. Das Last Supper akzeptiert nur Bargeld als Zahlungsmittel.

http://www.restaurant-lastsupper.de/

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