Biber im Kreis München:Ungeliebte Nager

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Putzig anzuschauen: Doch der Biber kann Schäden anrichten. (Foto: Heyder/dpa)
  • Nicht überall im Landkreis München freuen sich die Menschen über die Biber, die sich wieder ansiedeln.
  • Viele Landwirte beklagen Schäden wegen überfluteter Felder und Fraß im Getreidefeld.
  • Um den Biber zu schützen und das Zusammenleben mit dem Nager zu regeln, beschäftigt das Landratsamt inzwischen zwei ehrenamtliche tätige Biberberater.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Als Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle kürzlich in einer Ausschusssitzung des Gemeinderats vom ersten Biber auf seinem Gemeindegebiet berichtete, verkündete er den putzigen Zuwanderer unter der Rubrik erfreuliche Mitteilungen. Die Mitglieder des Gremiums nahmen die Neuigkeit ebenso begeistert zur Kenntnis. Gut aufpassen, nicht ärgern, nicht füttern und nicht anfassen, lautete die Aufforderung an die Bürger aus dem Rathaus.

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Wo der Biber seinen Lebensraum zurückerobert hat

Auf solches Wohlwollen stößt der Nager aber nicht überall im Landkreis. Während er im Süden durchaus als seltener Gast gesehen wird, der auf der Suche nach einem Revier mal vorbeischaut, sind Landwirte aus dem Norden und Nordosten weniger gut auf den Biber zu sprechen.

Sie beklagen Schäden wegen überfluteter Felder und Fraß im Getreidefeld. In den wasserreicheren Gebieten an Isar und Würm hat der Biber seinen natürlichen Lebensraum zurückerobert. Vor allem in den Isarauen mit ihrem dichten Netz an Bachläufen, Kanälen und Gräben sowie ihrem zusammenhängenden Band aus Auwäldern und Forsten fühlt er sich wohl.

Hier befindet sich ein Großteil der bekannten Reviere im Landkreis, 48 von derzeit 54 registrierten Gebieten. Damit hat sich die Zahl seit 2010 (22 Reviere) mehr als verdoppelt. Die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts München geht von etwa 250 Tieren aus. Das sind vergleichsweise wenige, schaut man sich die Zahlen aus den nördlich angrenzenden Landkreisen an. Freising etwa spricht von 700 Bibern, auch Dachau geht von 500 Tieren aus.

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Zahl der Reviere hat sich verdoppelt

Der Biber und seine Bauwerke sind streng geschützt. Man darf dem Nager also weder nachstellen, noch ihn stören, fangen oder gar töten. Durch Überjagung galt er gegen Ende des 19. Jahrhunderts als ausgerottet, erst in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde er in Bayern wieder angesiedelt. Bayernweit geht man derzeit von mindestens 12 000 Bibern in insgesamt rund 3500 Revieren aus.

Um den Biber zu schützen und zugleich in dem dicht besiedelten Gebiet des Landkreises München ein Zusammenleben mit dem nicht immer erwünschten Baumeister zu regeln, beschäftigt das Landratsamt inzwischen zwei ehrenamtliche tätige Biberberater. Seit gut einem Jahr wird Peter Martin nun durch Thomas Bernt unterstützt. Laut Bayerischem Umweltministerium ruht das Bibermanagement zum Erhalt der Tiere und zur Minimierung von Konflikten und Schäden auf vier Säulen: der fachkundigen Beratung und Aufklärung, der Prävention, dem Schadensausgleich und den Maßnahmen gegen Biber und ihre Bauten.

Mancher Landwirt würde möglicherweise verstärkte Maßnahmen gegen die Tiere und ihre Bauten bevorzugen und könnte sich auf Berichte berufen wie den von Kreisrat Max Kraus (Freie Wähler). Der erzählte kürzlich im Umweltausschuss des Landkreises, in Ismaning sei durch den Biber inzwischen mehr als 100 000 Euro Schaden entstanden, da der Nager vor "zig" im FFH-Gebiet gepflanzten Bäumen nicht halt gemacht habe. Sein Kollege Josef Hornburger (CSU) aus Heimstetten führte an, dass der Biber schon Felder geflutet habe. Im Landkreis München setzt man in solchen Fällen aber vor allem auf vorbeugende Maßnahmen.

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Den Biber in die Schranken weisen

Michael Wagner von der Unteren Naturschutzbehörde entgegnete: "Große Verwässerungen in Ismaning kann man nicht dem Biber anlasten." Das habe auch der Energieversorger Eon zu verantworten. Man müsse akzeptieren, dass der Biber Landschaft gestalte. Die Natur komme damit schon zurecht. Entnahmen ergäben auch deshalb keinen Sinn, da dann sofort ein Jungtier das verlassene Revier entdecke und einziehen würde. Lediglich vier Entnahmen hat es daher in den vergangenen vier Jahren im Landkreis zur Abwendung von wirtschaftlichen Schäden gegeben. Eine Entnahme bedeute auch immer eine Tötung, betonte Wagner, da auch im Ausland, etwa in Slowenien, kein Interesse mehr an zusätzlichen Bibern bestehe.

Als erfolgreiche Prävention sehen die Bibermanager die Drainagen von Biberdämmen. Dies sei eine bewährte Methode zur Vermeidung von Vernässung und Überschwemmungen, sagt Wagner. An mehreren Dämmen im Schörgenbach in der Isaraue wurden solche Drainagen eingebaut. Auch im Ismaninger Fallgraben, bei Badersfeld (Oberschleißheim) und im Dreierteilgraben in Unterschleißheim setzt man auf diese Methode. Eine wichtige Präventionsmaßnahme sei der Schutz von Bäumen mit einem Drahtzaun wie etwa am Poschinger Weiher in Unterföhring, am Feringasee und am Großen Goldbach in Ismaning. Auch die Sicherung eines Getreidefelds mit einem Elektrozaun sei im vergangenen Jahr in Ismaning nötig gewesen, um den Biber bis zur Ernte zu vergrämen.

Den Biber im nördlichen Landkreis vor allem präventiv in die Schranken zu weisen, kritisieren nicht nur die Vertreter der Landwirtschaft. Auch Grünen-Kreisrat Markus Büchler sieht das "in dem dicht besiedelten Raum etwas anders" und meinte provokativ:"Wir überlassen ja auch dem Laubholzbockkäfer nicht die Landschaftsgestaltung." Landrat Christoph Göbel (CSU) zeigte Verständnis für die Landwirte: "Wir müssen schauen, wo wir tatsächlich flächige Probleme haben, wo es um den Wegbruch ganzer Bearbeitungsflächen geht." Zugleich betonte er, dass der Schutz des Bibers vorgeschrieben sei: "Die Behörden müssen sich auch an Recht und Gesetze halten."

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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