Landkreis Starnberg:Biber beißt Spaziergänger

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Ein Biber bei der Arbeit: Oft überschwemmt das Tier durch seine Dämme angrenzende Felder und Wiesen, was die streng geschützten Säugetiere nicht allen Landwirten sympathisch macht. (Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Ein 24-jähriger Kraillinger ist beim Spaziergang im Naherholungsgebiet an der Würm von einem Biber attackiert worden.
  • Die Experten rätseln, was das Tier zum Angriff verleitet haben könnte, da Biber sonst friedfertige Tiere sind.

Von Armin Greune, Stockdorf

Ein 24-jähriger Kraillinger ist beim Spaziergang im Naherholungsgebiet an der Würm von einem Biber attackiert worden. Der junge Mann, der mit zwei Hunden unterwegs war, trug eine tiefe Bisswunde davon, die noch immer ärztlich versorgt werden muss. Ein derartiges Verhalten eines Bibers ist bislang noch nicht beobachtet worden. Die Experten rätseln, was das Tier zum Angriff verleitet haben könnte.

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"Aggressivität ist ihm eigentlich völlig fremd", sagt Franz Wimmer, der erfahrenste unter den sieben Biberberatern im Landkreis Starnberg. Seit mehr als elf Jahren vermittelt er in Konfliktfällen und informiert in Vorträgen über die Nager, die in den vergangenen Jahren zahlreiche Reviere im Fünfseenland zurückerobert haben. Von einem scheinbar willkürlichen Angriff eines Bibers auf einen Menschen hat Wimmer noch nie gehört.

"Ich stand am Ufer, da kam er im Wasser dahergeschossen"

Wie aber der 24-Jährige berichtet, sei die Begegnung mit dem Tier völlig unvermittelt gewesen: "Ich stand am Ufer, da kam er im Wasser dahergeschossen und hat mich berührt." Dass er dabei in die rechte Wade gebissen wurde, habe er im ersten Schreck gar nicht registriert. Erst als er das Blut bemerkte, "hat auch der Schmerz eingesetzt", sagt der 24-Jährige auf Nachfrage. Zwei Spaziergängerinnen hätten ihm geholfen und die Wunde mit einem T-Shirt verbunden. Anschließend sei er dann in die Gräfelfinger Klinik gefahren, wo die etwa drei Zentimeter breite und zwei Zentimeter tiefe Wunde versorgt wurde. Der Schnitt im Fleisch ist nicht gerade, sondern leicht versetzt und könnte daher von den imposanten Schneidezähnen des Tiers stammen. Inzwischen hat der Kraillinger mit seiner Verletzung noch zwei Mal den Arzt aufgesucht, Komplikationen bei der Wundheilung seien aber bislang nicht eingetreten.

Der Vorfall hatte sich am vergangenen Freitag ereignet: Gegen drei Uhr nachmittags war der 24-Jährige mit zwei Golden Retriever im Grubmühler Feld zwischen Stockdorf und Gauting Gassi gegangen. Etwa 100 Meter südlich des Grubmühler Wehrs gingen die Hunde in der Würm baden, er selbst sei nur im Fluss gewatet, sagt der 24-Jährige. Auf dem dort eher unzugänglichen Ostufer kam es kurz darauf zum Angriff des Bibers, als sich die Retriever schon wieder am Ufer aufhielten. Die Begegnung hat dem Kraillinger einen ziemlichen Schrecken eingejagt: "Früher bin ich oft in der Würm geschwommen, aber jetzt habe ich schon ein bisschen Angst". Er ist im Würmtal aufgewachsen, bei seinen regelmäßigen Spaziergängen am Fluss hatte er zuvor erst einmal in diesem Februar einen Biber gesichtet - genau dort, wo sich jetzt der Angriff ereignete.

"Das Tier muss sich extrem gestört gefühlt haben"

Tatsächlich hätten die Tiere in jüngster Zeit zwischen Starnberg und Pasing "deutlich zugenommen", sagt Horst Prießnitz, Biberberater aus Gauting: "Jedes Revier ist besetzt." Wie er hat aber auch sein Kollege Luitpold Schneider noch nie von einer derartigen Biberattacke gehört: "Das Tier muss sich extrem gestört gefühlt haben", meint der Andechser Förster. Womöglich hatte es gerade Junge zur Welt gebracht. Schneider hat bislang nur von Verteidigungsreaktionen gehört, wenn sich Biber in die Enge getrieben fühlten. So müsse man beim Einfangen sehr vorsichtig sein, denn "sie können brutal zubeißen" .

Erst vor acht Wochen ist ein Mann im schwäbischen Bopfingen in den Unterarm gebissen worden, als er nachts versuchte, einen Biber unter einem Auto hervorzuscheuchen. Und vor drei Jahren ging ein Angriff in Weißrussland durch die Weltpresse, bei dem ein Angler starb: Als er einen Biber fotografieren wollte, biss das Tier die Schlagader im Oberschenkel durch, der 60-Jährige verblutete. Wimmer weiß, dass die Nagezähne, die in Nordamerika auch Wölfe oder Bären in die Flucht schlagen, rasiermesserscharfe Waffen sein können. In der rötlichen Vorderseite der Zähne wird Eisenoxid eingelagert - sodass sie sich ungleichmäßig abnutzen und automatisch nachschärfen. Wimmer empfiehlt unbedingt, respektvollen Abstand zu den Tieren einzuhalten: "Wenn ein Biber nicht abhaut, würde ich auch abhauen."

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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