Feldkirchen:Polizisten, Nachbarn, Videos

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Auf Einladung des BR diskutieren Politiker und Bürger in Feldkirchen über den Schutz vor Einbrechern. Die Politiker sind sich weitgehend einig, aber die Ängstlichen können sie nicht wirklich beruhigen.

Von Christina Jackson, Feldkirchen

Die Angst vor Einbrüchen bestimmt das Leben zahlreicher Menschen in Feldkirchen, Vaterstetten und Markt Schwaben. Diese Erkenntnis hat das Team um die BR-Moderatoren Tilmann Schöberl und Franziska Storz bei den Recherchen zu ihrer Live-Sendung "Jetzt red i" gewonnen. Die Redaktion hatte Kontakt zu rund 20 Institutionen in den drei Gemeinden aufgenommen, die sich in jüngster Zeit als Schwerpunkt der Einbruchskriminalität herauskristallisiert habe. In der Diskussion am Mittwochabend waren sich Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und die bayerische SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen einig, dass die Strafen für Einbrecher verschärft und die Polizeikräfte aufgestockt werden müssen. Die ängstlichen unter den Zuhörern beruhigte das nur bedingt.

Im Publikum in der Feldkirchner Gemeindehalle kamen beide Seiten zu Wort: Jene, die die Furcht vor nächtlichen Beutezügen umtreibt, ebenso wie jene, die gelassen reagieren. Ein Besucher verwies auf die bayerische Verfassung, in der die Gewährleistung der Sicherheit jedes Bürgers verankert sei. Stattdessen aber habe man in Bayern zehn Jahre lang gespart und kein neues Personal bei der Polizei eingestellt. Er kritisierte auch, dass Einbruchsdelikte in der Vergangenheit viel zu lax behandelt worden seien.

Die Polizei soll von anderen Aufgaben entlastet werden

Herrmann Benker von der Polizeigewerkschaft in Bayern ergänzte, die Kollegen seien häufig mit Missionen beauftragt, die eigentlich nicht zu ihren Aufgaben zählen, wie die Begleitung von Schwerlast- und Justiztransporten. Aspekte, die Innenminister Herrmann versprach, anzupacken. "Die Schwerlasttransporte müssen privatisiert werden." Er rühmte den Freistaat auch für seine Sicherheit: "Wir haben bundesweit die niedrigste Kriminalitätsrate. In Nordrhein-Westfalen ist diese sechsmal so hoch." Kohnen lobte den Vorstoß von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zu einer Verschärfung des Strafmaßes für Einbrecher. Bislang habe die Mindeststrafe von drei Monaten wenig zur Abschreckung der Täter beitragen. Mit einer Anhebung auf mindestens ein halbes Jahr bis zu zehn Monaten sende man das Signal, dass es sich um keine Bagatelle handelt. "Wir haben bislang nie den psychologischen Effekt beachtet."

Von einem dramatischen Personaleinbruch, der sich im Laufe der Jahre bei der Polizei in der Region ereignete, sprach Peter Augustin. Er war mehr als 30 Jahre als Beamter im Dienst. Zu Beginn seiner Laufbahn sei das Arbeitspensum noch überschaubar gewesen. In seiner Polizeiinspektion habe man mit den Mitarbeitern schnell auf die Anliegen der Bürger reagieren können. Im Laufe der Jahre aber sei das Arbeitspensum enorm gestiegen. "Es hat sich vervielfacht." Die Mitarbeiterzahl blieb demgegenüber konstant. "Dabei wurden unsere Inspektionen in den Siebzigerjahren im Zuge des RAF-Terrors massiv aufgestockt. Wir hatten also eine sehr gute Ausgangslage."

Während Kohnen den Sparzwang der Stoiber-Ära kritisierte, "der sich jetzt bemerkbar macht", verwies Herrmann auf den Stellenzuwachs von 2500 Kräften in den vergangenen sieben Jahren. Er kündigte außerdem an, man werde in den kommenden vier Jahren weitere 2000 Stellen schaffen. Einziger Streitpunkt zwischen den beiden Politikern war die Videoüberwachung im öffentlichen Raum: Herrmann machte sich für eine Ausweitung der Videoüberwachung stark, Kohnen indes mahnte die Einhaltung des Datenschutzes an.

"Nachbarn sind der beste Schutz"

Die Zuhörer jedoch wollen sich nicht auf die Politik verlassen. Markus Hönle etwa unterstrich im Laufe der Sendung die Bedeutung der Eigeninitiative des Bürgers. Der Feldkirchner hat die Tipps der Polizei zur Absicherung sensibler Bereiche im Haus - wie Terrassentüren und ebenerdiger Fenster - längst befolgt. Zudem hat er den kleinen Waffenschein und eine Schreckschusspistole erworben. Er ist überzeugt: "Der beste Schutz ist eine gute Ausrüstung." Von der Diskussion hätte er sich mehr Informationen zu den ehrenamtlichen und umstrittenen Sicherheitswachten erhofft.

Keine neuen Erkenntnisse hat Thomas Schüler nach eigenen Angaben aus der Diskussion gewonnen. Er fühlt sich in seinem Heimatort Feldkirchen sicher und sagt: "Der beste Schutz sind die Nachbarn." Trotzdem befürwortet auch er die Videoüberwachung. Dabei beurteilt er das Thema Datenschutz insgesamt als wichtig. "Es ist ein zweischneidiges Schwert. Aber wenn Google schon alles über mich weiß, dann habe ich mit der Videoüberwachung im öffentlichen Raum wenig Probleme."

© SZ vom 02.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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