SPD-Mann Matteo Dolce:Jung und hartnäckig

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Matteo Dolce, SPD-Gemeinderat in Taufkirchen, fällt mit neuen Ideen in der Kommunalpolitik auf. Seinen Arbeitsplatz hat er sich in der Verwaltung gesucht, weil er mit Gewinnmaximierung nichts anfangen kann.

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Wenn die Ortsvereine der SPD zu einer Veranstaltung einladen, dann ist das meist vom Alter her ein Treffen der Fortgeschrittenen. Selbst seit sich die Sozialdemokraten im Landkreis mit der Studentin Bela Bach an der Spitze eine Verjüngungskur verordnet haben, bleibt der Kreis der Jusos überschaubar und eher unauffällig.

Auch Taufkirchen stand lange nicht im Fokus, wenn sich wieder mal die Frage stellte: Wo gibt es bei uns Nachwuchshoffnungen, die sich nicht nur aus Familientradition, sondern aus persönlicher Überzeugung in ein Gremium wie den Gemeinderat wählen lassen? Die mit jugendlichem Enthusiasmus ebenso wie mit Mut und klugem Kopf an die Sache rangehen? Nach einem jungen Kandidaten für ihre Liste hatte die SPD Taufkirchen vor der Kommunalwahl 2014 nicht wirklich gesucht, Matteo Dolce "ist einfach zu uns gekommen", wie die damalige SPD-Bürgermeisterkandidatin Rosi Weber erfreut feststellte.

Inzwischen ist Dolce 27 und eine feste Größe in der SPD-Fraktion im Taufkirchner Rathaus und hat schon für mehr Wirbel gesorgt als manch andere, die schon seit vielen Jahren dem Gremium angehören.

Dauerthema Autobahn

Insbesondere beim Taufkirchner Dauerthema Autobahnlärm bewies der junge Sozialdemokrat im Jahr 2016 Hartnäckigkeit und den Willen, auch mal mit ungewöhnlichen Ideen in der Sache voranzukommen. Freilich haben sich schon viele vor ihm an dem Versuch, ein durchgängiges Tempolimit auf der A 995 durchzusetzen, die Zähne ausgebissen. Selbst die Bürgerinitiative war nach ein paar Jahren so desillusioniert, dass sie sich wieder auflöste. Dolce schreckte das aber nicht ab, er wollte auch nicht weiter abwarten, ob Politiker in gewichtigeren Positionen als ein Taufkirchner Gemeinderat doch irgendwann den Innenminister von der Notwendigkeit eines Lärmschutzes an der Giesinger Autobahn überzeugen könnten. Dolce erinnerte an das Versprechen aus dem Wahlkampf, hier endlich etwas voranzubringen, versuchte eine fraktionsübergreifende Allianz zu schmieden und setzte das Thema Lärmschutz ganz oben auf seine politische To-Do-Liste.

Er schrieb an den bayerischen Innenminister, nahm Kontakt mit der Autobahnpolizei in Holzkirchen auf und bat um Geschwindigkeitskontrollen in den Nachtstunden. Er organisierte Infoveranstaltungen und beantragte in der Gemeinderatssitzung fest installierte Blitzer. Im Schulterschluss mit seinem jungen Kollegen von den Grünen, David Grothe, wollte Dolce schließlich sogar eine Demo auf der Autobahn veranstalten, um das Thema noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Das Landratsamt und schließlich auch das Verwaltungsgericht untersagten jedoch im Sommer die Veranstaltung, die mit einer einstündigen Sperre der A 995 verbunden gewesen wäre.

Die Demo fand trotzdem statt, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt auf einem Waldparkplatz. Aber Dolce war ein guter Verlierer, er kartete nicht nach, bedauerte sein Scheitern vor Gericht zwar, aber blickte nach vorne. Aufgeben wird er in der Sache nicht, der Lärmschutz bleibt sein Thema. "Wir können nicht die Beschlüsse aus der Bürgerversammlung ablehnen, weil wir sagen, wir können eh nichts machen", mahnte er kürzlich in der Gemeinderatssitzung, als es um das weitere Vorgehen des Gremiums bei diesem Thema ging.

"Mit Gewinnmaximierung kann ich nichts anfangen."

Dieser Satz sagt viel über das aus, was Matteo Dolce antreibt, sich politisch zu engagieren. In Castiglione del Lago in Mittelitalien geboren, kam er im Alter von eineinhalb Jahren nach Deutschland und wuchs im Münchner Stadtteil Schwabing auf. Bereits mit 15 trat er der SPD bei, für ihn damals vor allem als Zeichen seiner persönlichen Unterstützung der rot-grünen Bundesregierung. Politisch selbst aktiv war er damals noch nicht, er konzentrierte sich auf sein Abitur am Willi-Graf-Gymnasium und machte bei der Stadt München eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Ein bewusst gewählter beruflicher Weg, denn er sagt: "Die Verwaltung ist der Vollzug von Politik und deshalb so wichtig." Er arbeite nicht für jeden, sondern für alle, für die Bürger. "Mit Gewinnmaximierung kann ich nichts anfangen, ich könnte niemanden einen Handyvertrag verkaufen", sagt er. Inzwischen studiert er an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM), ein duales Studium, das seine Woche in zwei Tage an der Hochschule und drei in der Geschäftsstelle der SPD-Stadtratsfraktion aufteilt. Am Ende der Ausbildung soll der Bachelor of Laws mit Schwerpunkt im Öffentlichen Recht stehen.

Als Dolce 2010 nach Taufkirchen zog, entschied er, sich dort auch in der örtlichen SPD zu engagieren. Rasch wurde er Beisitzer im Ortsverein, schließlich platzierten die Taufkirchner Sozialdemokraten den jungen Mann sofort auf Rang fünf ihrer Liste für die Kommunalwahl. 1653 Mitbürger haben ihn gewählt. Dolce war damals noch nicht so bekannt als SPD-Mitglied, man nahm in eher als Vertreter des Malteser Hilfsdiensts wahr, den Mann aus dem First Responder. Denn Dolce ist schon seit seiner Jugend ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig, zunächst beim Bayerischen Roten Kreuz, später bei den Maltesern.

Wie schafft der Mann das?

Studium, Stadtverwaltung, Gemeinderat, Sanitäter - wie schafft der Mann das? Dolce lacht: "Gutes Zeitmanagement", meint er. Er nutze häufig die Zeit dazwischen, etwa in der S-Bahn, um noch etwas durchzuarbeiten. Aber er sei auch nicht jemand, der sich jeden Abend auf einer anderen Veranstaltung sehen ließ, nur um sein Gesicht zu zeigen. "Das ist nicht mein Verständnis von Politik." Allerdings kann er sich vielleicht sogar vorstellen, mal auf anderer Ebene für die SPD Politik zu machen. Im Moment sieht er aber seinen Platz noch in der Kommunalpolitik. Er findet: "Man sollte erst einmal lange etwas Gescheites gearbeitet haben."

© SZ vom 05.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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