Autobahnlärm A 995:Allianz aus Politik und Bürgerschaft

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Unterhaching und Taufkirchen wollen gemeinsam gegen den Autobahnlärm ankämpfen. Details verraten sie noch nicht.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Die lärmgeplagten Anwohner der Giesinger Autobahn A 995 fordern seit Jahrzehnten ihr Recht auf Ruhe ein, ihre politischen Vertreter in den Rathäusern von Unterhaching und Taufkirchen versuchen ebenso lang, Innenministerium, Landratsamt und Autobahndirektion von der Notwendigkeit lärmmindernder Maßnahmen zu überzeugen. Bislang rannten beide, Bürger und Bürgermeister, weitgehend gegen verschlossene Türen, sieht man von wenigen Teilerfolgen ab, wie etwa der Einführung der nachts geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 80 für Autos und Tempo 60 für Lastwagen, deren Einhaltung aber nicht einmal kontrolliert wird. Die Ernüchterung, die sich zwischenzeitlich in beiden Rathäusern ob des ständigen Abblockens maßgeblicher Stellen breit gemacht hat, weicht nun aber offenbar der Kampfeslust.

Der Unterhachinger Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und sein Taufkirchner Kollege Ullrich Sander (parteifrei) wollen härtere Geschütze auffahren und planen dezidierte Aktionen gegen den drohenden Stillstand in der Lärmschutzdebatte. Aber nicht nur auf politischer Ebene wollen beide Gemeinden noch näher zusammenrücken, auch die Bürger sollen nun mobilisiert werden. "Wir brauchen den Druck der Bevölkerung", sagte am Mittwoch im Unterhachinger Gemeinderat Karin Radl (SPD). In einem einstimmig verabschiedeten Grundsatzbeschluss hat der Gemeinderat Bürgermeister Panzer ermächtigt, seine bisherigen Bemühungen fortzusetzen, "Verbesserungen des Lärmschutzes auf der Verwaltungsebene und durch gemeinsame Aktionen mit Nachbarkommunen und unter Bürgerbeteiligung zu erreichen".

Dazu zähle insbesondere ein Engagement für effektive Geschwindigkeitskontrollen. "Ich will eine breite Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit, wenn wir die haben, können wir loslegen", sagte Panzer am Mittwochabend im Gemeinderat. Details des forcierten gemeinsamen Vorgehens nannte Unterhachings Bürgermeister nicht. Es werden noch weitere Gespräche mit Taufkirchens Bürgermeister Sander folgen, über die Ergebnisse der interkommunalen Gespräche werde er Mitte März in einer Pressekonferenz berichten, sagte Panzer.

"Mehr als 45.000 Menschen wohnen in Taufkirchen und Unterhaching."

Einen Schulterschluss im Kampf gegen den Autobahnlärm habe es zwischen Taufkirchen und Unterhaching schon lange gegeben, aber das nunmehr geplante parteiübergreifende gemeinsame Vorgehen werde von einer neuen Qualität sein", sagte der Unterhachinger Rathaussprecher Simon Hötzl am Donnerstag. Vor allem von dem Vorhaben, die Bevölkerung mit ins Boot zu holen, verspreche man sich eine wesentlich größere Durchschlagskraft. Bisher sei man auf Verwaltungsebene in zig Gesprächen mit Landratsamt, Innenministerium und Autobahndirektion nicht wesentlich vorangekommen, mit öffentlichem Druck sei das eher möglich, sagte Hötzl: "Mehr als 45 000 Menschen wohnen in Taufkirchen und Unterhaching, das ist schon eine Menge."

Das Problem, vor dem auch die neue Allianz aus Politik und Bürgerschaft stehen wird, ist der Unterschied zwischen gefühltem und gemessenem Lärm. Erst vor wenigen Monaten hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zum wiederholten Male unmissverständlich in einem Schreiben an die Gemeinde Taufkirchen klar gemacht, dass es weder aus Gründen des Lärmschutzes noch aus Gründen der Verkehrssicherheit zulässig sei, eine weitere Geschwindigkeitsbegrenzung für den Teilabschnitt der A 995 anzuordnen. Die Unfallzahlen seien zu gering und der Lärm würde den Richtwert von 70 Dezibel tagsüber und 60 nachts nicht "in erheblichem" Umfang überschreiten, hieß es weiter in dem Schreiben. Außerdem habe man 2013 Flüsterasphalt aufgetragen.

Dieser Belag helfe freilich nur, wenn langsamer gefahren wird, hält Wolfgang Panzer dagegen. Die meisten Proteste gegen den Autobahnlärm werden zwar in Taufkirchen verzeichnet, wo mehrere Hochhäuser unmittelbar neben der A 995 stehen. Aber auch in Unterhaching regt sich vermehrt Widerstand. "Ich kann nachts nicht mehr schlafen", klagte im Oktober ein direkt neben der Autobahn wohnendender Unterhachinger in einer Bürgerfragestunde vor einer Gemeinderatssitzung.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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