Landgericht München:Rechtsanwalt prellt Mandanten

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Über Jahre hinweg prellt ein Münchner Rechtsanwalt Mandanten um mehrere 100 000 Euro - um die Familienkanzlei zu finanzieren.

Von Christian Rost

Ein Münchner Rechtsanwalt hat über Jahre hinweg Mandanten um insgesamt rund 348 000 Euro geprellt. Seit diesem Montag muss sich der 70-Jährige wegen Untreue in 69 Fällen vor dem Landgericht München I verantworten. Zum Prozessauftakt vor der 19. Strafkammer legte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis ab.

Demnach reichte der auf Versicherungsfälle spezialisierte Jurist in den Jahren 2009 bis 2013 Geld nicht an seine Mandanten weiter, sondern beließ es auf seinen Konten und bestritt damit seinen Lebensunterhalt beziehungsweise finanzierte seinen Kanzleibetrieb. Die Beträge von wenigen Hundert Euro bis in einem Fall sogar 145 000 Euro stammten von Gegnern seiner Mandanten, die ihn für Rechtsstreitigkeiten engagiert hatten. Der Anwalt hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ein separates Treuhandkonto für solche Zahlungen zu führen, die er an seine Mandanten hätte weiterreichen müssen, sondern ließ sie einfach über seine beiden Privatkonten laufen.

Der Angeklagte lebt inzwischen von Sozialhilfe

Der Mann zeigte sich schließlich selbst an und gab seine Anwaltszulassung zurück. Seitdem gehe es ihm besser, "psychisch und auch körperlich", sagte er. Als Motiv für die Untreue-Taten gab er an, eine schwere persönliche Krise durchlitten zu haben. Er war Anfang der Siebzigerjahre in die damals noch florierende Kanzlei seines Vaters in bester Innenstadtlage eingestiegen. Als der Angeklagte die Kanzlei dann von 1999 an nach dem Tod seines Vaters alleine führte, ging sie "den Bach runter", wie er vor Gericht sagte.

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Grund für den schleichenden Niedergang war hauptsächlich sein Alkoholismus. Jahrzehntelang war der Jurist schwer alkoholabhängig und schaffte erst spät mithilfe einer Therapie den Ausstieg aus der Sucht. Es gelang ihm dann aber nicht mehr, die Kanzlei zu alter Blüte zurückführen, weswegen er immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Zwei schwere Schicksalsschläge im Privaten belasteten ihn zudem: Er hatte zwei Lebenspartner, die beide starben.

Mittlerweile lebt der Anwalt von Sozialhilfe in einer Wohnung, für die er ein Wohnrecht besitzt. Zwar bezieht er eine Rente, davon bleibt ihm aber nicht viel, weil sie von der Anwaltskammer gepfändet wird. Die Kammer hatte aus einem speziellen Fonds die betroffenen Mandanten entschädigt und versucht nun, sich das Geld vom Angeklagten zurückzuholen. Für den Prozess sind zwei Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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