Restaurant Zum Schönfärber:Wo das Essen nicht die Hauptrolle spielt

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Das Ambiente im Restaurant zum Schönfärber ist betont lässig, der Chef auch - und glänzt dennoch mit großer Weinkenntnis. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In der Weinwirtschaft zum Schönfärber kann man ordentlich speisen, das Wichtigste ist hier aber der Wein. Der wird ohne viel Gehabe, aber mit absoluter Präzision serviert.

Von Kurt Kuma

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell, da das Lokal mittlerweile geschlossen ist.

Zur Straße hin eine riesige Schaufensterfront. Innen eine weiße Theke mit Leuchtstreifen und Siebzigerjahre-Rundungen, darüber ein Bildschirm, auf dem ein alter Schwarz-Weiß-Film mit Pappmonstern läuft. Rechter Hand ist die Wand rot gestrichen, links grün. Chillige Musik wabert. Kurzum, alles äußerst lässig hier. Lediglich die rot-weiß-karierten Tischdecken sind eine Reminiszenz an die Behaglichkeit klassischer Wirtsstuben.

Das Coolste am Gesamtkonzept ist jedoch der Hausherr selbst. Mit Wollmütze und Rauschebart, beides in Schwarz, sowie einem sonoren Niederbairisch pflegt der Chef penibel seinen eigenwilligen Stil, irgendwas zwischen Nirvana und Hüttenwirt.

Tatsächlich ist Thomas Hertlein, der Mann mit der Mütze, kein Unbekannter in der Münchner Gastro-Szene. Vor drei Jahren gab er Die blaue Donau auf, ein erfolgreiches Lokal in der Elisabethstraße. Jetzt ist er wieder da, mit Youtube-Videos ("Der Weinheilige") und seinem neuen Wirtshaus Zum Schönfärber in der Kazmairstraße. Wer statt des betont tiefenentspannten Ambientes lieber beschürzte Sommeliers um sich hat, die ständig "Monsieur", "Madame" und "Hat es gemundet" sagen, ist hier völlig falsch. Und man muss sagen: selbst schuld. Der Mann mit der Wollmütze ist ein kompromissloser, leidenschaftlicher Weinliebhaber - und Kenner.

Eine Ansage im Stil von "Für an Fuchz'ger konn I eich aan sehr scheena Wein rüberwachteln..." (oder so ähnlich) sollte man keinesfalls unterbewerten. Sie brachte uns zum Beispiel eine Flasche leicht bernsteinfarbenen, perfekt ausgebauten Weißwein aus dem spanischen Priorat (Artigas) auf den Tisch, dessen Eindruck weit über den Abend hinausreichte. Weinbegleitung bedeutet im Schönfärber, der Wein wird begleitet. Vom Essen. Das ist nicht abwertend gemeint, man kann mit Freude satt werden, aber das Thema Wein ist das Einzigartige, der USP, wie ein Betriebswirt sagen würde.

Wir begannen beim ersten Besuch mit dem günstigsten Glas aus dem offenen Ausschank, einem trockenen Riesling aus dem Weinviertel. Schon dieser erwies sich als ausgewogen, sanft mineralisch, ohne viel Restsüße, in vielen Lokalen zweifellos bereits die Oberklasse. Beim Schönfärber ist es der Einsteigerwein. Für zwei Euro mehr pro Glas gibt es einen ein Cuvée von Chenin Blanc und Chardonnay aus dem südostfranzösischen Limoux.

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Chardonnay? Ist das nicht der Garant für billige Massenware? Nicht dieser, ganz und gar nicht. Das Cuvée hat eine bissfeste, satte Statur, die jeden noch so durchgeschmorten Rinderbraten tragen kann. Sicher, sechs Euro für 0,1 Liter sind ein Wort. Aber hier wird's grundsätzlich: Will man wirklich das gleiche Geld lieber in ein Viertel Lugana oder Pinot grigio investieren? Zudem macht der Wirt seine Kalkulation transparent: Der genannte Priorat kostet im Laden um die 25 Euro, wir haben es überprüft. Das Doppelte vom Einkaufspreis - fairer geht es kaum.

War da noch etwas? Ach ja, das Essen. Die Begleitung. Zum Start wählten wir Rindstatar vom Angus mit eingelegten Gürkchen. Das Fleisch war kein Filet, aber makellos zart und fachmännisch gewürzt. Gut gefallen hat uns auch ein Schieferplättchen mit gebeizten Saiblingsscheibchen, gelber Bete und zwei Dips, eines aus Paprika, das andere mit Erbsen. Die Vorspeise war knapp bemessen, aber der Fisch knackig und frisch, und die Dips, das eine pikant, das andere belebend würzig, beide nicht tödlich-dominant.

Ein kleines Schälchen Entenconfit mit Rauchfisch-Gelee und Krautsalat kam uns sogar noch deftiger vor als das Tatar, nichts also für laue Sommerabende, aber perfekt, um eine raue Februarnacht abzuwettern. Unter den Hauptgängen empfanden wir ein Stück Rotbarschfilet als etwas arg harmlos.

Das Gericht hätte mehr Kante, mehr Würze, mehr Geschmacksnoten bieten müssen, um den charaktervollen Wein würdig zu ergänzen. Umso vielstimmiger zeigte sich ein geschmortes Schaufelstück vom Ochsen mit einer tiefdunklen, würzigen Schmorsauce, Kartoffel-Lauchgemüse und Blaukrautpüree. Ein Teelöffel hatte fast stehen bleiben können in der schweren, facettenreichen, schwarzroten Schmorsauce.

Ein stattliches Kotelett vom Duroc-Schwein entfaltete ähnliche Wucht. Das vergleichsweise helle Fleisch wurde ebenfalls mit dunkler Rotweinsauce überhäuft und mit Peperonata und Polenta garniert. In tiefen Tellern serviert, vermengten sich Fleisch, Sauce und Beilagen der Hauptgerichte leider zu einem kaum mehr separierbarem Gemenge. Und eine "zarte Maispoularde mit Rosmarin-Kartoffeln" war zwar zart und üppig, aber die Kartoffelschnitten eindeutig zu stark gebraten.

Die kleinen Minuspunkte wurden wettgemacht von einem sensationellen, leicht cremigen Stück Schokokuchen mit Mandel-Florentiner-Deckel und einem kräftigen Schlag Sauerrahm-Zitroneneis obendrauf. Es war der klare Sieger unter den Nachspeisen. Der zweite Platz geht an eine Grießflammerie mit Fruchtcoulis. Bei der Menüwahl zu geizen und nur zwei Gänge (35 Euro) zu wählen statt drei (45), würden wir als kapitalen Fehler einstufen. Auf keine der Vor- und Nachspeisen hätten wir im Nachhinein verzichten wollen.

Bei einem der Besuche, es war am Ende einer langen Arbeitswoche, offenbarte sich doch noch ein - allerdings architektonisch bedingter - Makel. Die Lautstärke im Gastraum erreichte Bierhallenniveau. Vielleicht lag es auch am Sitzplatz direkt an einer der riesigen Schaufensterscheiben, Stichwort Schallreflexion, vielleicht war es auch der leidenschaftliche Kapitalist an einem der arg eng platzierten Nebentische, der mit kräftigem Bariton über Fintex-Aktien und Ex-cum-Geschäfte dozierte, oder die größere Gruppe hinten im Raum, die ihren Aperitiv im Stehen und mit lautstarkem Smalltalk einnahm.

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Von SZ-Autoren

Bei Hochbetrieb wurde es jedenfalls mühsam, den eigenen Tischpartner noch zu verstehen. Ein paar Schallschlucker an der Decke würden den außergewöhnlichen Trink- und soliden Essgenuss im Schönfärber noch deutlich schöner färben.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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