"Minna Thiel" in Maxvorstadt:Die Lokalpolitiker haben sich hoffnungslos verrannt

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Sie ignorieren neue Fakten und blockieren das Kulturprojekt "Minna Thiel" weiter.

Kommentar von Stefan Mühleisen

Als der Bezirksausschuss Maxvorstadt noch im Palais Dürckheim an der Türkenstraße tagte, da wurde die Stadtvilla auch als "Palais der schlechten Laune" bezeichnet. Das lag daran, dass das Klima im Gremium oft von gegenseitigen Anwürfen vergiftet war; am neuen Tagungsort im Saal der Bayerischen Landesbank gibt es das immer weniger. Dafür verlegt sich das Gremium jetzt offenbar auf schlechtes politisches Agieren, wie die Debatte um das Kulturprojekt "Minna Thiel" nahe legt.

In der Sitzung erfuhr die Runde der Stadtviertelpolitiker, dass sie sich mit der Ablehnung des Projekts verrannt hatte: Der beliebte Treff vor der Filmhochschule wird nicht ausgeweitet, es gab keine besondere Beschwerdelage, und es ist auch keine neue Müll-Schwemme von plötzlich anschwellendem Party-Publikumsverkehr zu erwarten. Alles wie gehabt, nur das Label auf dem Genehmigungsantrag trägt jetzt den Titel "Bauantrag", weil die Erlaubnis auf drei Jahre befristet werden soll.

Doch die Mehrheit war geneigt, das zu ignorieren - nur weil es angeblich formal problematisch sei, einen Beschluss zurückzunehmen. Damit schaden die Maxvorstädter Politiker nicht nur einem Kulturveranstalter, der mit "Minna Thiel" den lebendigen Austausch zwischen Filmhochschule, Studenten und Anwohnern nachweislich fördert. Sie schädigen auch ihr eigenes Ansehen und das anderer Lokalgremien in der Stadt.

Erstens übergehen sie einen wichtigen Aspekt, der im groß angelegten Bürgergutachten zum Kunstareal vorgebracht wurde: Teilnehmer wünschten sich damals mehr Leben und explizit mehr Gastronomie zwischen den Museumsbauten. Zweitens macht sich ein Bezirksausschuss unglaubwürdig, wenn eine offenkundige Falschentscheidung wegen BA-Formalia nicht korrigiert wird - und er riskiert, drittens, dass dies auf andere Stadtviertelgremien abstrahlt.

Meistens ist man dort bemüht, sorgsam abzuwägen, und man erreicht damit oft viel. Doch es sind solch ignorante Entscheidungen wie bei "Minna Thiel", die sich der Bevölkerung einprägen. Die Pointe dabei: Das Votum des BA in dieser Sache gilt der Lokalbaukommission ohnehin nur als Empfehlung. Die Behörde wird streng nach Fakten- und Rechtslage entscheiden - weshalb das BA-Votum einer Genehmigung von "Minna Thiel" wohl kaum im Weg stehen wird.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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