Kommentar:Besser als nichts ist nicht genug

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In der Rosenheimer Straße soll also künftig Tempo 30 gelten. Aber macht das die Situation wirklich besser?

Von Andreas Schubert

Für Erfolgsmeldungen gibt es oft verschiedene Lesarten. Wenn jetzt zum Beispiel die Münchner Rathauskoalition die Einführung von Tempo 30 auf der Rosenheimer Straße als Erfolg verbucht, kann sie dies gerne tun. Immerhin spart die Stadt gut fünf Millionen Euro, weil sie die Straße nicht großartig für Radwege umbauen und noch dazu keine Bäume fällen muss. Ist doch schon mal gut. Die Autofahrer sind auch zufrieden, weil sie weiterhin in jeder Richtung zwei Spuren haben und ihnen außerdem die Parkplätze erhalten bleiben. Und die Radler? Ja, könnte man jetzt sagen, die pochen doch sowieso dauernd auf ihr Recht, auf der Straße fahren zu dürfen - also sollen sie jetzt gefälligst zufrieden sein.

Alles schön und gut also? So einfach ist das natürlich nicht. 29 000 Autos und Lastwagen rollen täglich durch die Haidhauser Verkehrsader. Auch wenn es logisch und nachweisbar ist, dass bei langsamerem Tempo tendenziell weniger Unfälle passieren, wird es weiterhin so bleiben, dass sich Autos knapp an den noch langsameren Radlern vorbeiquetschen. Und wenn es keine konsequenten Kontrollen gibt, wird sich sowieso längst nicht jeder an das Tempolimit halten. Das ist und bleibt gefährlich, auch wenn zum Glück nur selten ernsthafte Unfälle mit Radlern auf der Rosenheimer Straße passieren. So bleibt den schwächeren Radfahrern ein mulmiges Gefühl. Viele weichen lieber auf weniger stark befahrene Routen aus und nehmen dafür Umwege in Kauf, während der direkte Weg den Autos vorbehalten bleibt.

"Besser als nichts" sei diese Lösung, sagen etwa die Grünen und der ADFC. Aber warum soll sich eine selbsternannte Radlhauptstadt mit "Besser als nichts" begnügen, vor allem, wenn sie binnen acht Jahren den Anteil des Verkehrs mit Verbrennungsmotoren halbieren will? Die vielen Fahrradstraßen in München sind schon mal ein guter Anfang. Den Radverkehr aber auch mit eigenen, ausreichend breiten Spuren auf Straßen wie der Rosenheimer zu begünstigen, wäre ein wichtiges Zeichen. Dann kommt es halt zu Staus - aber nur so werden mehr Autofahrer aufs Rad umsteigen, weil sie einsehen, dass sie damit nicht nur sauberer, sondern vor allem stressfreier vorankommen.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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