Kino:Fakten statt Fake

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Eine Seefahrt, die ist lustig: Regisseur Tristan Ferland Milewski begleitet in Dream Boat die Teilnehmer einer schwulen Kreuzfahrt. (Foto: Dokfest München)

Das 32. Internationale Dokumentarfilmfestival München eröffnet gigantomanische Perspektiven. An 12 Tagen werden 157 Dokumentarfilme aus 45 Ländern gezeigt.

Von Anna Steinbauer

Ob Brexit, Trump oder die richtungsweisende Präsidentschaftswahl in Frankreich: In Zeiten von populistischen Tendenzen und Fake News ist das Interesse am Dokumentarfilm groß. Und das Genre so wichtig wie nie. Auf der Leinwand bekommen Asyl und Migration ein Gesicht, der chinesische Traum bizarr-gigantomanische Züge, russische Strafgefangene eine Stimme.

Im vergangenen Jahr konnte das Internationale Dokumentarfilmfestival München mit rund 38 000 Zuschauern einen neuen Rekord verzeichnen, seit 2011 hat sich die Zahl der Zuschauer mehr als verdreifacht. Das 32. Dok-Fest findet dieses Jahr zwölf Tage lang statt, zu sehen sind 157 Dokumentarfilme aus 45 Ländern, Gastland ist Mexiko.

Das Festival eröffnet mit David Borensteins Film Dream Empire, der im Deutschen Theater gezeigt wird. Das Geschäft mit der Globalisierung und dem Bauboom in China formen die Kulisse dieses absurden Trips ins Herz der kapitalistischen Immobilienbranche. Die 24-jährige Yana lebt ihre Variante des amerikanischen Traums: Mit ihrer Agentur vermarktet sie ausländische Performer, die bei Verkaufsveranstaltungen in abgelegenen Geisterstädten durch ihre bloße Anwesenheit internationales Flair vermitteln sollen. "White Monkey Gigs" nennt sich diese Art von Tätigkeit, die den Marktwert von Immobilien steigern und zu der keinerlei Talent erforderlich ist.

Ein Themenschwerpunkt ist die ungewisse Zukunft Europas. Dazu gehören Asyl und Migration, wie sie im Film Auf dünnem Eis - Die Asylentscheider verhandelt werden, in dem Beamte des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nach kurzen Gesprächen darüber entscheiden, wer abgeschoben wird und wer bleiben darf. Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Griechenland werden ebenso thematisiert (A Greek Winter) wie das Leben von Jugendlichen in einem Pariser Banlieue (Swagger).

Natürlich ist auch der Krieg allgegenwärtig, so etwa in Nowhere to Hide, dem Porträt eines Krankenpflegers in der ostirakischen Provinz Diyala, in der der IS erstarkt. Die zunehmende Radikalisierung des Islam spielt in vielen deutschen Dokumentarfilmen wie Glaubenskrieger oder Bruder Jakob eine große Rolle. Die Retrospektive ist dem Dokumentarfilmer und Journalisten Georg Stefan Troller gewidmet, in der unter anderem das Porträt der streitbaren Boxlegende Muhammad Ali - Der lange Weg zurück zu sehen sein wird.

32. Internationales Dokumentarfilmfestival München, Mi., 3., bis So., 14. Mai, diverse Orte, www.dokfest-muenchen.de

© SZ vom 27.04.17 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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