Eigentlich haben die Schmidts alles bestens organisiert gehabt: Für ihr Kind fanden sie einen Krippenplatz in annehmbarer Entfernung zu Wohnung und Arbeitsstätte, die Mutter wollte nach der Elternzeit wieder arbeiten gehen. Doch dann trudelte bei der Familie, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen will, ein Informationsschreiben der Stadt München ein.
Die Kita werde nicht - wie geplant - im Februar eröffnen können, sondern erst im April, stand dort geschrieben. Der Grund: Die Fertigstellung des Neubaus verzögert sich. Zwar bekamen die Schmids ein Alternativangebot, einen sogenannten Belegplatz. Das aber wollten sie ihrem Kleinkind nicht antun - der Kleine sollte sich nicht nach kurzer Zeit schon wieder an eine neue Einrichtung gewöhnen müssen.
Eltern haben einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz - doch das bedeutet nicht, dass sie ihr Kind sofort unterbringen. Im Gegenteil. Manchmal versuchen sogar 80 verzweifelte Eltern, sich bei zwei Erzieherinnen unvergesslich zu machen. Ein Erfahrungsbericht.
Die Küche kommt erst Ende März
Tatsächlich wird die Krippe in der Weißenseestraße in Obergiesing nicht rechtzeitig fertig. Ein Bauträger habe sie errichtet, teilt das zuständige Bildungsreferat mit, und anschließend an die Stadt verkauft. Erst nach Abschluss der Arbeiten sei das Objekt am 24. Februar an die Stadt übergeben worden. Doch nun fehle noch eine Küche, die bis Ende März eingebaut werden soll. Erst dann bekomme der Träger "Paula & Max" die Kita und könne die Krippe einrichten.
"Grundsätzlich tut die Landeshauptstadt selbstverständlich alles dafür, Termine für die Bau-Fertigstellung einzuhalten", sagt eine Sprecherin des Bildungsreferats. Verzögerungen kämen jedoch immer mal wieder vor. Auf viele Faktoren habe die Verwaltung keinen Einfluss. Als Beispiele nennt die Sprecherin die Witterung im Winter, Klagen von Nachbarn, Anträge von Bezirksausschüssen, die eine erneute bauliche Prüfung forderten oder Lieferungsverzögerungen von Firmen. Nach Angaben der Stadt handelt es sich bei der Krippe in der Weißenseestraße zumindest derzeit um einen Einzelfall: 20 Kitas würden derzeit gebaut. Bei allen gehe man davon aus, dass sie planmäßig eröffnen würden, sagt die Sprecherin.
Darauf mussten die Münchner Eltern lange warten: Um Betreuungsplätze für ihre Kinder können sie sich online im "Kita-Finder" bewerben. Obwohl längst nicht alle Krippen, Horte und Kindergärten mitmachen, gibt es schon Tausende Vormerkungen. Bis zum Herbst will die Stadt das Angebot ausbauen - und ein wichtiges Problem lösen.
Wer dringend einen Platz braucht, wird von der Stadt versorgt
Im Fall der Weißenseestraße geht es um 48 Plätze, die vorrangig von der städtischen Elternberatungsstelle vergeben werden. Eigentlich, so erklärt die Sprecherin, würden bei Neubauten keine festen Zusagen vergeben, sondern nur ungefähre Fertigstellungszeitpunkte genannt. "Die Träger entscheiden dann selbst, wann die Eingewöhnung beginnen kann", sagt die Sprecherin. Und das kann sich ziehen, da nicht alle Kinder gleich am ersten Tag kommen können. Wer dringend einen Platz brauche, werde auch versorgt. "Bisher hatten wir noch keinen Fall, in dem die Eltern leer ausgegangen sind", erklärt die Sprecherin. Viele Familien würden allerdings einen Platz in einer bestimmten Kita bevorzugen und dann lieber warten.
Auch Familie Schmid hat sich zwischenzeitlich selbst beholfen, wie der Vater berichtet. Weil keine Angehörigen in der Stadt lebten, hätten er und seine Frau einen Babysitter organisiert, für den sie nun zehn Euro pro Stunde bezahlen. "Anders ging es leider nicht, weil meine Frau fest zugesagt hat, wieder in die Arbeit zu gehen", sagt der Vater. Und so viel Urlaub, um die Zeit bis Ende April zu überbrücken, hätten beide zusammen nicht ansatzweise.