Beratung:Diese Frau hilft Paaren, die sich vergeblich Nachwuchs wünschen

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Franziska Ferber hat das Buch "Unsere Glückszahl ist die Zwei" über ihre ungewollte Kinderlosigkeit geschrieben. (Foto: Catherina Hess)

Die frühere Unternehmensberaterin Franziska Ferber hat den schwierigen Prozess des Hoffens und Bangens selbst durchgemacht - jetzt bietet sie Coaching an.

Von Franziska Gerlach, München

Franziska Ferber hat noch immer Sehnsucht nach Kindern. Aber anders als früher. Es tut nicht mehr weh, die Sehnsucht zerreißt sie nicht mehr. Nach Jahren des Hoffens und Bangens hat die 38 Jahre alte Münchnerin ihren Kinderwunsch endlich hinter sich gelassen. Geholfen hat ihr dabei, anderen zu helfen. Seit annähernd drei Jahren berät sie als Coach Paare, bei denen sich etwas, das doch die natürlichste Sache der Welt sein sollte, einfach nicht einstellt: eine Schwangerschaft.

Entweder kommen die Frauen - und auf deren Anraten manchmal auch die Männer - zu Ferber nach Planegg, oder aber sie buchen auf ihrer Internetseite kindersehnsucht.de einen von drei Online-Coaching-Kursen, die Ferber für die unterschiedlichen Phasen erstellt hat, die ein Paar mit unerfülltem Kinderwunsch durchlaufen kann. Über ihre eigenen Erfahrungen hat sie ein Buch geschrieben. "Unsere Glückszahl ist die Zwei. Wie wir uns von unserem Kinderwunsch verabschiedeten und unser neues, wunderbares Leben fanden", heißt es.

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In den Tagen vor Weihnachten hat Franziska Ferber, die früher für eine Unternehmensberatung tätig war, besonders viel zu tun. "Da will sich jeder wappnen", sagt sie. Denn Weihnachten ist ein Familienfest, und mit der Familie kommen die Fragen. Was denn da los sei, hakt der große Bruder nach. Und natürlich will auch die eigene Mutter wissen, wann sie beim Bridge-Nachmittag auch mal Fotos von einem Enkel vorzeigen kann.

Zu der eigenen Enttäuschung kommt bei den Paaren also oft noch der gesellschaftliche Druck hinzu. Zyklus für Zyklus. In einer auf Erfolg getrimmten Stadt wie München sehen viele eine Schwangerschaft und gesunde Kinder als Leistung an, weiß Ferber - ein Fehler im Denken. Und ein wiederkehrendes Thema im Gespräch mit ihren Kunden. "Wir sind es nicht gewohnt, Dinge mit einem ungewissen Ende hinzunehmen", sagt sie. Denn wenn die Reproduktionsmedizin heutzutage auch einiges bereitstellt an Möglichkeiten, so ist das Zeugen von Nachwuchs doch ein Vorgang, der sich nur bedingt steuern lässt.

Doch es ist gerade das Warten, das die Betroffenen zermürbt. Ihre Sorgen teilen - das können sie oft nicht. Weil sie sich schämen, oder weil anderen ihre Probleme unangenehm sein könnten. Also reden sie mit Ferber. Ein unerfüllter Kinderwunsch unterscheide sich deutlich von anderen Krisen. Denn der eigene Partner, für gewöhnlich der erste Ansprechpartner, ist hier ja selbst betroffen.

Mancher muss die komplette Lebensplanung umschmeissen

Manche von Ferbers Kunden probieren erst seit einigen Monaten, ein Kind zu zeugen, andere stecken mitten in einer Kinderwunschbehandlung und suchen Unterstützung. Da geht es dann manchmal darum, die Chancen einer weiteren künstlichen Befruchtung abzuwägen. Oftmals ein Duell, das Kopf und Bauch ausfechten müssen. Und dann gibt es noch jene, die sich von ihrem Kinderwunsch verabschieden müssen. Weil es schlichtweg nichts mehr wird, weil es keinen Funken Hoffnung auf Nachwuchs mehr gibt. Nun geht es darum, Hoffnung auf ein neues Leben zu schöpfen. Ohne Kind.

Franziska Ferber hat das alles durchgemacht. Sie kennt die Achterbahnfahrt der Gefühle, die manche Paare in einer Kinderwunschbehandlung von ganz unten nach ganz oben katapultieren kann, aber auch von ganz oben nach ganz unten. Ferber spritzte sich Hormone, damit besonders viele Eizellen reifen, ihr Mann ejakulierte in einen Becher. Als ein zweiter Versuch, Eizellen und Spermien zusammenzubringen, scheiterte, wusste sie: "Nun müssen wir uns ernsthaft damit beschäftigen, kinderlos zu bleiben."

Kein passender Coach weit und breit

Im Job hielt sie durch, am Wochenende lag sie nur noch auf dem Sofa. Sie litt. "Ich habe so dringend nach Hilfe gesucht", sagt Ferber. Professionelle Hilfe. Doch sie fand keinen Coach, der zu ihr passte. Meistens war es die Sprache, die ihr nicht gefiel. Sie wollte Mitgefühl statt Mitleid. Und klare, sachliche Worte. Eben so, wie sie es heute selbst versucht: Von betroffenem Geplänkel im Umgang mit ihren Kunden hält sie nichts. Die Frauen seien ja nicht krank, sie benötigten Beistand in einer schweren Zeit.

Lieber arbeitet Ferber, die sich zum systemischen Coach hat ausbilden lassen, mit Beispielen und Bildern, die sie gerne aus der Berufswelt ihres Gegenübers entnimmt. Einer Bankerin übersetzt sie dann etwa die Mechanismen der Kontoführung auf den Kinderwunsch. Man wähle einen Beruf ja nicht zu fällig, sondern weil man in diesem Bereich stark sei. "Und diese Stärken nutze ich, um den Frauen Wege aus der Krise aufzuzeigen."

Ferber selbst schrieb sich letztlich frei, auch einen Hund legte sie sich zu. Vor allem: "Ich habe mich als Coach selbständig gemacht, das ist mein Kanal für die Mütterlichkeit." Eine Mutter ist sie nicht geworden - dennoch hat sie das Gefühl, gebraucht zu werden. Und wenn Ferber heute Sehnsucht nach Kindern verspürt, dann ist das die Vorfreude auf ein Treffen mit ihrem Patenkind.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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