Fußball:Rückkehr ins Olympiastadion? Warum das für die Löwen utopisch ist

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So schön, schön war die Zeit: Am 3. April 2005 verabschiedet sich der TSV 1860 mit einem Spiel gegen den 1. FC Köln aus dem Olympiastadion, Endstand 0:0. Derzeit diskutiert der Klub über eine Rückkehr. (Foto: Werek/Imago)
  • Vorerst wird es nichts aus den Plänen des TSV 1860 München, ein eigenes Stadion in Riem zu bauen.
  • Auf Facebook brachte Löwen-Investor Hasan Ismaik eine Rückkehr ins Olympiastadion ins Spiel.
  • Die Idee, das Stadion wieder für Fußballspiele zu nutzen, ist nicht neu. Allerdings ist das fast utopisch. Die Hürden, die aus dem Weg geschafft werden müssten, sind gewaltig.

Von Markus Schäflein und Ralf Tögel, München

Dass der jordanische Geschäftsmann Hasan Ismaik eine Vorliebe für die Kommunikation über die Kanäle der Sozialmedien hat, ist ihm erst einmal nicht vorzuwerfen. Denn so behält er stets die Deutungshoheit, wenn er das Volk nach Belieben informiert. Das Löwen-Volk, um genau zu sein, denn Investor Ismaik ist nicht nur der mitteilsamste aus der Führungsetage des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München, er ist auch derjenige, der die Richtung vorgibt. Die wird nun nicht nach Riem führen, denn die Stadt hat dem Plan der Verantwortlichen, den Löwen im Münchner Osten die ersehnte neue Heimstatt zu errichten, eine Absage erteilt.

Wobei es in diesem Punkt unterschiedliche Ansichten gibt: Ismaik sagt, die Stadt habe abgesagt; Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) veröffentlichte daraufhin einen Mail-Verkehr, dem man entnehmen kann, dass die Löwen verzichten.

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Überraschend kam das Aus indes nicht, schließlich hatte Ismaik im Lauf der Verhandlungen die gewünschte Kapazität des Stadions und den Platzbedarf immer weiter erhöht. Zuletzt waren es 52 000 Zuschauer und ein angegliedertes Nachwuchsleistungszentrum. Es spielt also gar keine Rolle, wer denn nun diesen ungeeigneten Standort letztlich aus dem Rennen genommen hat; man werde sich jedenfalls, auch das ist dem Schriftverkehr zu entnehmen, weiterhin aufgeschlossen begegnen. Zugleich stellte Ismaik das Olympiastadion als möglichen Spielort für seine Mannschaft in Aussicht, man werde dies mittels einer Machbarkeitsstudie prüfen lassen.

Vielleicht könnte sich der Jordanier Zeit und Arbeit mittels eines simplen Telefonats ersparen, ein Anruf bei Marion Schöne jedenfalls würde ihm zeigen, dass man auch dort erst ein paar gewaltige Hürden aus dem Weg schaffen müsste. Schöne ist die Geschäftsführerin der Olympiaparkpark München GmbH (OMG) und in dieser Diskussion mittlerweile recht geübt.

Die Idee, das altehrwürdige Ensemble mit der Volkssportart Nummer eins wiederzubeleben, begleitet die OMG seit vielen Jahren, wie Schöne bestätigt. Zuletzt wurde 2000 ernsthaft darüber nachgedacht. Unter anderem sollten das Spielfeld abgesenkt werden, die Laufbahn verschwinden, die Zuschauer näher an den Rasen rücken und die Gegentribüne überdacht werden. "So ähnlich wie im Berliner Olympiastadion", sagt Schöne, "dort wurde aus einem Leichtathletikstadion ja auch ein Fünf-Sterne-Fußballstadion."

In München scheiterte das Vorhaben seinerzeit an der Architektengruppe um Urheber Günter Behnisch und am Denkmalschutz, dem das Ensemble untersteht. Sämtliche Überlegungen waren zwei Jahre später sowieso obsolet, die zwei großen Münchner Fußballklubs, die damals noch beide erstklassig spielten, zog es nach Fröttmaning in die neu errichtete Arena.

Will sich Ismaik nur positionieren?

Zehn Jahre später flammte das Thema abermals auf. "Wir haben eine Kostenrechnung in Auftrag gegeben", erinnert sich Schöne, die Löwen hatten einmal mehr angeklopft. Es ging um die Auflagen für die Bundesliga, unter anderem hätte eine Rasenheizung eingebaut werden müssen. "1860 hätte die Kosten tragen müssen", erklärt Schöne, die aufgewärmte Idee war damit recht schnell wieder vom Tisch.

Kurz darauf war das Thema Fußball für sechs Jahre erledigt, denn die Innenfläche des Olympiastadions wurde asphaltiert. Fortan donnerten Tourenrennwagen und Rockbands samt Zehntausenden Fans durch das Oval.

Nun also der neuerliche Vorstoß der Löwen via Facebook durch den Investor. "Das ist ja heutzutage so üblich", sagt Schöne. "Ich denke, er will sich positionieren und sucht nach Möglichkeiten." 1860-Präsident Peter Cassalette ("Unser Traum vom eigenen Stadion lebt weiter") hatte zwar eilends betont, das Olympiastadion sei nicht gerade erste Wahl des TSV bei der Standortsuche, aber ohnehin scheint nicht alles genau abgestimmt zu sein zwischen den beiden Gesellschaftern der Löwen; der jüngste Brief des TSV an Reiter war jedenfalls nur von Ismaik unterzeichnet, woraufhin der Oberbürgermeister seine Antwort an Cassalette und Ismaik adressierte.

Nicht nur weil das Olympiastadion über die Jahre hinweg in der Diskussion gewesen sei, blickt die OMG-Chefin der Entwicklung jedenfalls mit großer Gelassenheit entgegen. "Wir sind zufrieden, wie die momentane Aufteilung ist: Fußball in der Fröttmaninger Arena, Konzerte bei uns", sagt sie. Einem ernst gemeinten Angebot aber wäre die OMG natürlich aufgeschlossen, betont Schöne - allein aus pragmatischen Gründen: "Für uns wäre so eine dauerhafte Mieteinnahme natürlich eine interessante Sache." Derzeit wird ein Naturrasen verlegt, erzählt Schöne, und Fußball werde demnächst auch wieder im Stadion gespielt: "Eine OMG-Firmenmannschaft gegen eine Architektenauswahl."

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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