Special Olympics:Kampf mit dem kleinen Ball

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In Olching wird der Golf-Wettbewerb der Olympischen Spiele für geistig Behinderte ausgetragen. Doch auch wenn es exzellente Bedingungen für die Sportler gibt, hat Golf so seine Tücken.

Karl-Wilhelm Götte

Marvin Broeker steht auf der Olchinger Driving Range und versucht, den Golfball mit dem Eisen möglichst weit zu schlagen. Bei den ersten beiden Versuchen fliegt der Ball nur flach weg. Beim dritten Schlag jedoch trifft ihn der 16-Jährige exakt, der Ball fliegt 60 Meter weit in den abgesteckten Sektor zwei. "Prima, zwei Punkte sind das", sagt der Schiedsrichter. Marvin gehört zu den 39 Golfern, die bei den nationalen Special Olympics der geistig behinderten Sportler in Olching drei Tage lang um Medaillen und Ehrenplätze kämpfen. Die meisten Golfer kommen von weit her, aus Bayern sind nur drei Teilnehmer dabei. Dafür erweisen sich Golfclub Olching und die Stadt als hervorragende Gastgeber.

Das sind ganz exzellente Bedingungen hier", schwärmt Bradley Carr. Der schottische Golflehrer betreut Marvin Broeker und neun andere Teilnehmer der Mamre-Patmos-Schule in der traditionsreichen Einrichtung für Kranke und Behinderte Bethel in Bielefeld. Carr war schwer beeindruckt, als er auf dem Abschlagplatz einen Olchinger Nachwuchsspieler traf, der den Ball locker über die 250-Meter-Marke hinaus schlug. Der Schotte kennt Marvin seit einem Jahr. Einmal in der Woche kommen die geistig behinderten Jugendlichen auf den Bielefelder Golfplatz zum Üben. "Diese Jugendlichen sind geduldiger als andere", weiß Carr aus den vielen Übungsstunden - und sagt dann auch in bestem Deutsch warum: "Die sind noch unverdorben." Will heißen, dass sie den Sport "mit Demut betreiben und nicht so schnell frustriert sind", wenn einmal ein Schlag misslingt. Die Freude zu spüren, welche die Jugendlichen an Kleinigkeiten auf dem Platz hätten, sei eine große Genugtuung für ihn, erzählt Carr. Seine sonstige Klientel würde ihm dieses gute Gefühl viel seltener vermitteln. "Putten und Pitchen war gut", meint Marvin und lächelt zufrieden. Jeweils 18 von 20 Punkten lassen ihn nach dem Einstufungstest am Dienstag am heutigen Mittwoch auf Medaillen hoffen.

Dominiert werden die Special Olympics der Golfer eindeutig von Teilnehmern aus Nordrhein-Westfalen. Auch aus Rheinland-Pfalz, aus Gerolstein, ist von den Gemeinnützigen Westeifel-Werken eine siebenköpfige Delegation gekommen. Aus Wismar und Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern spielen von dortigen Diakoniewerken ebenso sechs Golfer in Olching mit. Aus Schwerin kommt auch der Organisator Ole Gutberlet, der seine Helfer aus der ganzen Republik rekrutiert. "Auch in Bayern wird sich Golf mit geistig Behinderten noch entwickeln", sagt Gutberlet mit überzeugtem Unterton. Hier sei halt der Fokus auf den Wintersport gelegt. Immerhin habe man in Olching mit 39 Golfern Rekordbeteiligung bei den Special Olympics. Erstmals war Golf bei den Wettkämpfen 2006 in Berlin vertreten gewesen, damals mit neun Athleten.

Es gibt in Bayern keine Schulen und Werkstätten, die sich dem Golfsport widmen", sagt Annette Fischer. Die Regensburgerin sieht darin die Ursache für die geringe bayerische Beteiligung. So wird ihr 18-jähriger Sohn Jakob von seinem Vater Thomas Fischer betreut. Auch Sarah Rinkowitz ist mit ihren Vater Udo aus dem Landkreis Haßberge in Unterfranken gekommen. Sarah wirkt etwas schüchtern und gibt zu, dass sie vor ihrem nächsten Einsatz etwas nervös ist. Jakob hingegen, der im Winter Ski-alpin betreibt, lächelt den Interviewer gewinnbringend an, schnappt sich zwei Golfschläger aus seiner Golftasche und stellt sich für den Fotografen sofort in Schlagposition.

Inzwischen ist Mittagspause. 300 Meter weiter im "Haus der Begegnung" steht Olchings Bürgermeister Andreas Magg (SPD) mit weißem Hemd und Krawatte am Tresen und gibt Lasagne mit Salat und Nachtisch für etwa hundert Beteiligte der Special Olympics aus. Ihm zur Seite stehen Helfer aus der Senioren-Kochgruppe, zehn Schüler der Montessori-Schule und Freiwillige, die sich zum Helfen gemeldet haben. "Alles klappt prima", sagt die Sozialpädagogin Sabine Probst. "Wir freuen uns, dass so viele mithelfen." Genau wie auf denen der anderen Helfer ist auf ihrem T-Shirt der Satz "In jedem von uns steckt ein Held" zu lesen.

Für Gutberlet gebührt auch dem Golfclub ein Heldenlob: "Wir sind hier mit offenen Armen empfangen worden, alle unsere Wünsche werden erfüllt", sagt er. Clubmanager Markus Schweiger freut vor allem, dass die Mitglieder die Anwesenheit der Special-Olympics-Golfer erkennbar zustimmend mittragen. Immerhin erleben diese drei Tage lang Einschränkungen beim eigenen Spiel. "Für uns war es selbstverständlich, dass wir das machen", bekräftigt Schweiger. Verwunderlich ist es freilich nicht, dass gerade der Olchinger Club in der Region München Gastgeber für diese Veranstaltung ist. Denn die Linie von Präsident Michael Borbe war es in den vergangenen Jahren immer, regelmäßig Benefiz-Golfturniere zu veranstalten, zum Beispiel zu Gunsten der Brucker Bürgerstiftung.

© SZ vom 23.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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