Gerichtsvollzieher am Flughafen:Thailändische Prinzen-Boeing in München gepfändet

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Eine Boeing 737 der Royal Thai Air Force steht am Münchner Flughafen und darf nicht abheben. Der Grund: Ein Insolvenzverwalter hat den Flieger pfänden lassen. Es geht um die Insolvenz eines Großkonzerns - und um sehr viel Geld.

Tobias Dorfer

Er hat das Ziel fest im Visier. Begleitet von mehreren Polizisten betritt der zuständige Erdinger Obergerichtsvollzieher am Dienstagabend den gesicherten Bereich des Flughafens München. Er geht auf eine Boeing 737 der Royal Thai Air Force zu, die auf dem Wartungsvorfeld beim Lufthansa-Hangar abgestellt ist. Dann geht alles ganz schnell. Ein Pfandsiegel wird an die Außenhaut des Fliegers geklebt, die Türe versiegelt, ein Formular ausgefüllt und unterschrieben - in Thailand könnte das Geschehen für jede Menge Aufruhr sorgen.

Festgesetztes Flugzeug der Royal Thai Air Force am Münchner Flughafen: Werner Schneider, Insolvenzverwalter von Walter Bau, fordert vom thailändischen Staat etwa 40 Millionen Euro. (Foto: dpa)

Hinter dieser Aktion steckt der Neu-Ulmer Wirtschaftsprüfer Werner Schneider, der seit der spektakulären Insolvenz der Walter Bau AG im Jahr 2005 rigoros die Außenstände des ehemals drittgrößten Baukonzerns Deutschlands eintreibt. Mit der beschlagnahmten Boeing will Schneider den Druck auf die thailändische Regierung erhöhen, von der der Insolvenzverwalter einen Millionenbetrag fordert.

Konkret geht es um den Bau einer 26 Kilometer langen Autobahn zwischen dem Flughafen Bangkok und der Innenstadt, an der Walter Bau von 1996 bis 1999 beteiligt war. Finanziert werden sollte der Bau durch Mauteinnahmen.

Doch Schneider wirft der thailändischen Regierung vor, diese Mautgebühren so stark gesenkt und darüber hinaus noch eine zweite - kostenfreie - Straße zum Flughafen gebaut zu haben, dass die Autobahngesellschaft "keine Chance" hatte, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Immer wieder, so betont der Insolvenzverwalter im Gespräch mit sueddeutsche.de, habe er versucht, an das Geld zu kommen - ohne Erfolg. Ein Schiedsgericht in der Schweiz hat daraufhin die Forderung bestätigt und mit 30 Millionen Euro beziffert. Inzwischen hat sich der Betrag laut Schneider wegen Zinsen auf etwa 40 Millionen Euro erhöht. Wie viel von dieser Summe durch den Verkauf der Boeing 737 erlöst werden kann, ist fraglich, denn der exakte Wert des Fliegers ist dem Insolvenzverwalter nicht bekannt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Schneider mit einer solchen Aktion für Aufsehen sorgt. Im Oktober 2005 ließ er einen Airbus A321 der libanesischen Fluglinie Middle East Airlines beschlagnahmen, um eine offene Rechnung von 7,1 Millionen Dollar zu begleichen. Damals zahlte der Libanon.

Ärgern dürfte sich jetzt vor allem Thailands Kronprinz Maha Vajiralongkorn, der mit der Boeing 737 nach Deutschland geflogen war. Der 58 Jahre alte Sohn von König Bhumibol Adulyadej ist Stammgast in München. Immer wieder landet er am Airport im Erdinger Moos, und steuert von dort aus verschiedene europäische Städte an - um seine Pilotenlizenz zu erneuern.

Kuckuck am Flugzeug: Die festgesetzte Boeing 737 kann derzeit nicht vom Münchner Airport aus starten. (Foto: Schneider Geiwitz & Partner)

Oder um sich angenehmen Zwischenbeschäftigungen hinzugeben: Am Montag vor einer Woche traf der Kronprinz nebst Gattin und einer Entourage von 15 Bodyguards zum Erdbeerenpflücken am Blümelhof im niederbayerischen Sandharlanden bei Abensberg ein - nach zwei Stunden zog die Gruppe mit 60 Kilogramm Erdbeeren und acht Kilogramm Himbeeren wieder ab. Die Chauffeure hatten während der Pflück-Aktion mit weißen Tüchern die Autos poliert, hat das Landshuter Wochenblatt beobachtet.

Für derartige Ausflüge hat der Kronprinz nun ein wenig mehr Zeit, denn der Flieger darf den Airport vorerst nicht verlassen. Und möglicherweise könnte noch eine Rechnung des Münchner Flughafens in den königlichen Briefkasten flattern. Der verlangt eigentlich laut Preisliste für ein Modell wie die gestrandete Boeing 737 etwa 650 Euro Stellgebühr - pro Tag.

Sollten die Forderungen nicht beglichen werden, will Schneider die Staatsmaschine meistbietend versteigern. Von der thailändischen Botschaft war am Mittwoch zunächst keine Reaktion zu erhalten. Thani Thingphakdi, der Sprecher des Außenministeriums in Bangkok, sagte der Deutschen Presseagentur dpa jedoch, man sei betroffen über das, was passiert ist. "Es muss sich um ein Missverständnis handeln. Die Behörden meinen, die Maschine sei Eigentum der thailändischen Regierung, aber in Wirklichkeit gehört sie Ihrer Königlichen Hoheit, dem Kronprinzen. Wir hoffen, dass die Angelegenheit so schnell wie möglich bereinigt werden kann."

Offenbar ist bereits ein Anwalt eingeschaltet. Er könnte gegen die Pfändungsaktion nun Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Insolvenzverwalter Schneider rechnet jedenfalls damit, dass sich bei ihm bald "ein ziemlich wütender Kronprinz" melden wird.

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