Kein Traumberuf:Arbeiten ja, aber nicht im Stall

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Die neue Kreisbäuerin Elisabeth Mayerhofer. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Landfrauentag war einmal ein Festtag für die Bäuerinnen, den keine verpassen wollte. Heute gleicht er einem Seniorentreffen, sagt Kreisbäuerin Elisabeth Mayerhofer.

Von Katharina Aurich, Freising

"Wir veraltern", bedauert die 50-jährige neue Kreisbäuerin und Hauswirtschaftsmeisterin Elisabeth Mayerhofer. Sie hat vor Kurzem die Nachfolge von Rosa Westermair (60) an der Spitze der Landfrauen im Landkreis übernommen. Denn Veranstaltungen wie der Landfrauentag in Moosburg oder die Adventsfeier entwickelten sich zunehmend zu Ü-60-Treffen, stellt Mayerhofer fest. Immer weniger Frauen unter 50 Jahren besuchten die Veranstaltungen im Landkreis Freising.

Der Landfrauentag war in früheren Zeiten für die Bäuerinnen ein Festtag, den keine verpassen wollte. Er bot eine der seltenen Gelegenheiten, Gleichgesinnte zu treffen, sich auszutauschen und einen Tag lang Abstand von den vielen Aufgaben auf dem Hof zu bekommen. Heute gleiche er einem Seniorentreffen, so Mayerhofer. Immer mehr junge Frauen, die auf Bauernhöfen leben, haben mit der Landwirtschaft nur noch wenig zu tun. Sie verdienen ihr Geld außerhalb des häuslichen Hofes. Entweder weil sie es wollten oder weil das zusätzliche Einkommen für dessen Fortbestand notwendig sei, sagt die Kreisbäuerin. Im Moment gebe es im Landkreis etwa 1600 Betriebe, davon werde die Hälfte im Nebenerwerb bewirtschaftet, informiert Mayerhofer.

Die sozialen Strukturen und die technische Ausstattungen vieler Höfe haben sich verändert. Während früher zum Beispiel auf Milchviehbetrieben Bauer und Bäuerin, meist noch die Oma oder Schwiegermutter, für den Stall, das Füttern, Misten, die Kälberaufzucht und das Melken zuständig waren, seien die neuen Ställe mit Melkkarussell oder gar Melkrobotern ausgerüstet, so dass nur noch eine Arbeitskraft für die Bewirtschaftung nötig sei, erklärt die Kreisbäuerin.

Davon kann die 47-jährige Petra Murr nur träumen. Sie heiratete als junges Mädchen auf den Hof ihres Mannes in Plörnbach bei Haag ein und wurde Mutter dreier Kinder. Sie steht jeden Morgen um 5 Uhr auf, um die 35 Kühe zu melken und das Vieh zu versorgen. Ihr Mann Lorenz gehe zwar "in die Arbeit", helfe aber auf dem Hof kräftig mit. Trotzdem sei selbst ein Ausflug in die Berge für die Familie fast unmöglich, denn die Arbeit auf dem Hof und die Kühe warteten nicht, erzählt die Landwirtin. Trotzdem liebt Petra Murr ihr selbst bestimmtes Leben als Bäuerin und möchte mit niemandem tauschen, betont sie.

"Die Bäuerinnen hier in der Gemeinde kann man an einer Hand abzählen"

15 Jahre lang war Murr Ortsbäuerin der Ortsgruppe Haag, jetzt wurde diese mit der von Inkofen zusammen gelegt und Murr ist Stellvertreterin. "Früher haben wir noch Koch- und Backkurse für die Bäuerinnen organisiert, heute reicht es, wenn das der katholische Frauenbund anbietet. Die Bäuerinnen hier in der Gemeinde kann man inzwischen an einer Hand abzählen", sagt Murr. Sie gibt mehrere Gründe für das Aussterben dieser Spezies an: Ein gewichtiger ist, dass jüngere Landwirte oft keine Frau mehr finden, sie betreiben den Hof alleine oder mit ihren Eltern. Andere Betriebe geben auf, da es für die Inhaber in der Flughafenregion berufliche Alternativen gibt. Auch keiner ihrer drei Söhne will den Milchviehbetrieb mit den vielen hügeligen Wiesen übernehmen. Wer dennoch als Frau auf einen Hof einheirate, sagt Murr, der behalte meist seinen Job jenseits der Landwirtschaft. Entweder, weil das Geld gebraucht werde, oder weil junge, gut ausgebildete Frauen keine Lust mehr hätten, jeden Morgen in Gummistiefel zu schlüpfen und wirtschaftlich vollständig von ihrem Mann abhängig zu werden.

Murr bedauert diese Entwicklung. Deshalb gebe es immer weniger junge Bäuerinnen, die mit Leib und Seele bei der Sache seien und zu den Versammlungen gingen, meint Murr. Das mag die Stellvertretende Kreisbäuerin Eva Steinberger (39) aus Neufahrn nicht so hinnehmen. Sie habe jetzt über den Winter wieder Vorträge für Landfrauen organisiert und es kämen auch Jüngere, stellt sie fest. Neben Themen wie "Grabgestaltung", das auch von jüngeren Frauen sehr gut angenommen worden sei, standen Informationen zu Lebensmittelzusätzen sowie der Vortrag einer Heilpraktikerin auf dem Programm, zählt Steinberger auf. "Man probiert halt aus, was gut ankommt", lautet ihr Fazit. Damit den Bäuerinnen das Lachen nicht vergeht, gab es auch einen Vortrag von einer Lachtrainerin unter dem Motto "Lachen ist gesund und hält uns fit". Der habe allen besonders gut gefallen, bestätigt Steinberger.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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