Die Budgets der Politiker:Woher kommt das Geld für den Wahlkampf?

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Wahlkämpfe kosten viel Geld, einige der Bundestagskandidaten beteiligen sich selbst an den Ausgaben, für andere kommt dies dagegen gar nicht in Frage. (Foto: Imago/Ikon Images)

Für den Bundestagswahlkampf geben die Parteien viel Geld aus. Doch etliche Direktkandidaten im Landkreis müssen ihre Wahlkämpfe selbst mitfinanzieren - ein offenes Geheimnis.

Von Benjamin Reibert, Freising

Trotz staatlicher Zuschüsse, Mitgliedsbeiträgen und Spenden stecken viele Direktkandidaten für den deutschen Bundestag eigenes Geld in ihren Wahlkampf. Ihre Hoffnung: Sie holen die entstandenen Kosten durch einen Abgeordnetenposten wieder rein. Wie sieht es mit der Finanzierung im Landkreis Freising aus?

CSU

Vom Bundesverband habe er keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, sagt Erich Irlstorfer. "Man muss sich selbst darum kümmern. Wir haben nur Plakate vom Ministerpräsidenten, der Kanzlerin sowie einen neuen Infostand mit einem Pavillon und Flyer erhalten." Insgesamt stehe ihm ein fünfstelliger Betrag zur Verfügung, wovon er selbst ungefähr 35 000 Euro beigesteuert habe. "Ich habe aber noch keine Endabrechnung gemacht", so der CSU-Politiker, "aber wir werden die Summe sicherlich deutlich unterschreiten." Verlassen konnte sich Irlstorfer auf zwei feste CSU-Mitarbeiter aus Freising und Schrobenhausen. Die Ortsverbände hätten viel im Wahlkampf geholfen, besonders die Junge Union und die Senioren. Spenden von Unternehmen und Privatpersonen nimmt die CSU bekanntermaßen an, wie hoch sie im Landkreis Freising sind, wollte Irlstorfer nicht sagen.

SPD

Gut die Hälfte seines Budgets sei aus Mitteln des Bundesverbandes gekommen, erklärt Andreas Mehltretter. "Die andere Hälfte habe ich von den Unterbezirken aus Spenden zur Verfügung gestellt bekommen." Insgesamt stehe ihm ein knapp fünfstelliger Betrag zur Verfügung. Neben Markus Grill, festangestellter SPD-Geschäftsführer für die Kreise Erding, Freising und Ebersberg, hätten ihm ausnahmslos Ehrenamtliche geholfen. Dass Mehltretter selbst Geld mit in den Wahlkampf bringt, sei in keiner Weise verlangt worden. In der Regel werde danach auch nicht gefragt - "zumindest in unserem Landkreis". Spenden von Unternehmen habe er nicht erhalten, stellt Mehltretter klar. Ob er Unternehmensgelder dennoch annehmen würde? "Das ist eine schwierige Frage", gesteht er, "das hängt von dem Unternehmen ab." Fest steht für ihn, dass große Spenden das Demokratieverständnis untergraben. "Ein Unternehmen darf keine Gegenleistung erwarten", warnt der SPDler. "Es kommt aber auch auf die Summe drauf an. 1000 bis 2000 Euro sind noch im Rahmen." Speziell für kleine Parteien sei es schwer, "sich Gehör ohne finanzielle Mittel zu verschaffen. Da werden schon mal gerne Kredite aufgenommen." Er selbst würde keine Schulden machen: "Ich bin sehr froh über die Parteienfinanzierung in Deutschland."

ÖDP

Nicht zufrieden mit dem Modell der Parteienfinanzierung ist Reinhold Reck: "Staatliche Zuschüsse sind in Ordnung, aber das sollte viel offener und transparenter geschehen." Vom Bundes- und Landesverband seiner Partei habe er keine finanzielle Unterstützung erhalten. Festangestellte habe die Partei hier im Landkreis nicht, nur Angela Kern, die Geschäftsführerin, arbeite als Minijobberin. "Wir haben kein großes Budget." Er habe vom Bundesverband 2000 Wahlprogramme gestellt bekommen. Insgesamt konnte er sich auf 15 ehrenamtliche Wahlkämpfer verlassen, eigenes Geld musste er nicht aufbringen. "So gut verdiene ich auch nicht." Spenden erhielt die ÖDP ausschließlich von Privatpersonen. "Unternehmensspenden würden wir nicht annehmen", verrät Reck. Sie unterwanderten die Politik. Auch Unternehmensanzeigen in Parteiblättern seien nicht gut. "Es gibt meist keinen direkten Zusammenhang zwischen den politischen Entscheidungen und Spendern, aber es herrscht natürlich eine Loyalität. Ich halte es für eine Illusion, dass Geld keinen Einfluss hat." Ideal seien möglichst viele Kleinspenden.

AfD

Über viele Kleinspenden freut sich Johannes Huber: "Bei den Veranstaltungen haben wir einiges an Spenden reingeholt, auch Dank der Auftritte von Alice Weidel und Jörg Meuthen." Vom Bundesverband seiner Partei habe er keinen Zuschuss erhalten: "Wir haben uns aus eigenen Mitteln finanziert." Insgesamt habe er ein Budget im vierstelligen Eurobereich verwenden können. Jeder seiner Helfer sei ehrenamtlich aktiv gewesen, stellt Huber klar: "Wir haben über 50 aktive Wahlkämpfer."

Dass er Eigenkapital in seinen Wahlkampf fließen ließ, sei für ihn kein Problem. Man habe das aber nicht von ihm verlangt, betont Huber. "Klar war am Anfang schon, dass der Kandidat der AfD finanzielle Mittel mit in den Wahlkampf mitbringen sollte." Es gebe kein Unternehmen, das ihn und seinen Wahlkampf finanzieren würde. Grundsätzlich wolle er so viel wie möglich beim Thema Spenden von Großkonzernen zurückschrauben. Konzerne dürften in der Politik nicht die Oberhand gewinnen, findet Huber. "Ich sehe da ein großes Problem."

Freie Wähler

Im Gegensatz zu Huber erhielt Robert Weller Unterstützung von seinem Bundesverband - 2000 Euro für Werbemittel. "Der Rest wurde von uns finanziert." Er habe ein Darlehen erhalten, das nach der Wahl an die Vorsitzenden der Ortsverbände zurückgezahlt werde. Insgesamt stehe ihm ein mittlerer vierstelliger Betrag zur Verfügung. "Über mein Facebook-Profil habe ich Posts selbst beworben", berichtet Weller. Die Kosten dafür hätten sich bei einem dreistelligen Betrag eingependelt. Es sei klar gewesen, dass er Eigenkapital mit in den Wahlkampf bringen werde: "Das ist mein eigenes Risiko, das wissen alle in der Partei." Es sei aber keine Voraussetzung gewesen: "Sie haben mir nur gesagt, dass die Kasse nicht viel hergibt." Auf Unternehmensspenden verzichtet seine Partei: "Wir nehmen keine Spenden von Firmen an, nur von natürlichen Personen." Er hielte es für eine gute Sache, wenn die Parteien noch mehr staatliche Zuschüsse erhalten würden. "Es ist notwendig, denn die Kandidaten können das finanziell nicht alles selber stemmen - und dann wird es irgendwann von Konzernen gesteuert."

Die Linke

Diese Befürchtung vertritt auch Guido Hoyer. "Wer zahlt, schafft an" sei ein treffendes Sprichwort. Seine Partei nehme deshalb kein Geld von Unternehmen an und fordere, dies gesetzlich zu verbieten. "Privatpersonen spenden für politische Inhalte, nicht für Personen", sagt Hoyer. Ihm standen 3000 Euro für seinen Wahlkampf zur Verfügung: "Es handelt sich um angesparte Mitgliedsbeiträge der Mitglieder im Kreisverband Freising." Feste Mitarbeiter hat die Partei im Landkreis nicht: "Unsere Mitglieder arbeiten aus Überzeugung im Wahlkampf mit - ehrenamtlich, ohne Aufwandsentschädigung." Dass Hoyer Eigenkapital einfließen lassen würde, stand nicht zur Debatte: "Solche unanständigen Praktiken sind in unserer Partei nicht üblich." Auch beim Punkt, ob er Schulden für den Wahlkampf machen würde, beweist er einen festen Standpunkt: "Natürlich nicht, ich bin durchaus noch zurechnungsfähig."

Grüne

Kerstin Schnapp und die Grünen erhielten vom Bundes- und Landesverband eine Förderung: "Sie haben 30 Prozent der Kosten für großflächige Plakate übernommen." Ein Mitglied aus dem Kreis habe ein weiteres Großplakat finanziert, sodass sie vier von ebendiesen aufstellen konnten. Den Rest des Budgets hätten die drei Kreisverbände beigesteuert. "Insgesamt waren wir bei 6000 Euro", rechnet Schnapp vor. Feste Mitarbeiter hätten sie nicht. "Die drei Ortsvorsitzenden standen immer an den Infoständen. Insgesamt haben wir fast 100 Wahlkampfhelfer." Viel Eigenkapital habe sie nicht mit in den Wahlkampf gebracht: "Man muss aber ehrlich sagen, dass man Geld braucht - zum Beispiel fürs Essen oder für die Mobilität. Das kostet." Bei Spenden von Konzernen kommt es für Schnapp immer auf das Unternehmen an, ob es inhaltlich passt. "Vor Jahren hatten wir einen größeren Spender, der Solaranlagen installiert. Da hatte alles gepasst." Bayern sei ein Sonderfall in der Bundesrepublik. "Wegen der CSU", führt Schnapp aus, "für die CSU-Kandidaten ist die Chance groß, ins Parlament reinzukommen und das Geld, das sie in ihren Wahlkampf gesteckt haben, zurückzubekommen."

Bayernpartei

"Unser Wahlkampf wurde vom Landesverband unterstützt", erläutert Robert Prado Diaz, der dadurch kostenlose Werbemittel wie Flyer erhielt. Seine Partei setze ausschließlich auf freiwilliges Engagement ihrer Wahlkampfhelfer. Grundsätzlich finanzierten die Direktkandidaten der Bayernpartei ihren Wahlkampf selber. Dass er als Kandidat Spenden von Unternehmen und Privatpersonen annehmen würde, steht für Prado Diaz außer Frage: "Aber es muss rechtlich einwandfrei und nicht an Zwänge gebunden sein."

FDP

"Alles eingerechnet liegt unser Budget um die 5000 Euro, berichtet Thomas Neudert. Plakate nähmen einen Großteil davon ein, sagt der FDP-Politiker, der ausschließlich von ehrenamtlichen Helfern unterstützt wurde. "Bei der Kandidatenwahl wurde die Eigenkapitalleistung nicht diskutiert und spielte keine Rolle", stellt Martin Alberti, stellvertretender Vorsitzender der FDP, klar. "Dennoch halte ich es für selbstverständlich, sich in einem gewissen Rahmen zu beteiligen, sofern das wirtschaftlich möglich ist." Trotzdem sollte Geld kein Kriterium für eine Kandidatur sein, betont Neudert. "Wir haben für den Wahlkampf keine Schulden gemacht und sind uns im Vorstand einig, dies auch nicht zu tun."

© SZ vom 20.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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