Apotheke mit bewegter Geschichte:Den alten Charme bewahrt

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An ein Museum erinnert der alte Behandlungsraum der Hof-Apotheke mit seiner sehenswerten Ausstattung. (Foto: Maximilian Mutzhas)

Die Hof-Apotheke in der Freisinger Altstadt ist ein architektonisches Juwel, auch die Schränke sind bereits 150 Jahre alt. Das Haus lockt immer wieder Besucher an, die nichts kaufen, sondern nur schauen wollen.

Von Till Kronsfoth, Freising

Das charakteristische Schild mit dem verschnörkelten Buchstaben "A" sucht man an der Wand dieses Hauses vergebens. Zierte die Fassade nicht in goldenen Lettern das Wort "Hof-Apotheke" - nur wenige Menschen kämen auf die Idee, dass sie dort Arzneimittel kaufen können. Im Inneren des Hauses ist es ähnlich: dunkle Möbel, hohe Decken, nichts von dem hellen, oft leicht steril wirkenden Ambiente moderner Apotheken.

Der Raum atmet Geschichte. Es riecht nach Holz. Den Verkaufsbereich zieren Intarsien. Die Apothekerschränke sind rund 150 Jahre alt, älter als die Apotheke selbst. "Viele Menschen wollen gar nichts kaufen", erklärt eine ältere Dame im weißen Kittel, die hinter dem Tresen steht. "Oft kommen sie nur herein, um sich die Architektur anzusehen."

Zur Zeit der Hexenverfolgung fand hier die "Hochnotpeinliche Befragung" statt

Das viergeschossige Gebäude mit der roten Fassade an der Unteren Hauptstraße 27 in Freising ist ein architektonisches Schmuckstück. Erbaut im 16. Jahrhundert zierte das Haus mit dem hohen Satteldach und dem Erker lange Zeit auch eine mit Schnitzereien verzierte Holztür aus der Rokokoepoche. Diese ist immer noch erhalten, befindet sich mittlerweile jedoch am Wohnhaus der Familie Lettenmayer. Ludwig Lettenmayer ist der Eigentümer der Hof-Apotheke.

"Hof-Apotheke durften sich nur jene Apotheken nennen, die einen fürstlichen Hof belieferten", sagt er. "Der Name ist geschützt." Das Haus an der Unteren Hauptstraße 27 hat eine bewegte Geschichte. Ursprünglich residierte dort der Hofkanzler, der oberste Beamte des Fürstbistums. Zur Zeit der Hexenverfolgung fand dort die "Hochnotpeinliche Befragung" statt, sprich: Der Fürstbischof ließ vermeintliche Hexen foltern. Später wurde das Hofkanzlerhaus zum Sitz des Stadtprokurators. Allein im 19. Jahrhundert wechselte es viermal den Besitzer, bis es 1934 in den Besitz der Familie Lettenmayer gelangte. Der Vater des heutigen Eigentümers richtete in dem ehemaligen Wohnhaus schließlich die neuen Räumlichkeiten seiner Apotheke ein. Mittlerweile gehört das Gebäude zu den zahlreichen Baudenkmälern Freisings.

Hinter dem Haus befindet sich ein schöner Garten - von der Straße aus ist er nicht zu sehen. (Foto: Maximilian Mutzhas)

"Eigentlich sind wir ein Museum"

Lettenmayer ist ein eleganter Herr mit silbernem Haar und dunkelblauem Sakko. Er führt von den Räumlichkeiten der eigentlichen Apotheke durch einen modernen, wintergartenähnlichen Durchgang in das Hinterhaus, welches man von der Straße aus nicht erahnt. "Eigentlich sind wir ein Museum", sagt Lettenmayer, und das stimmt. Im großen Gewölbesaal des Hinterhauses hängen Fotografien, die das Haus in seinem ursprünglichen Zustand zeigen. Die Wände schmücken alte Waagen, auf denen man die Arzneien noch mit Gewichten abwog sowie handgeblasene Flaschen mit dem Wappen der Familie Lettenmayer.

"Im Rahmen eines von der Stadt Freising organisierten Tages der offenen Tür hatten wir unsere Räumlichkeiten für Besucher geöffnet. Damals dachten wir: Wer interessiert sich schon für eine alte Apotheke? Letztendlich kamen 120 Besucher", erzählt Lettenmayer. Er führt in den ersten Stock des Hinterhauses. Dort ist ein Kosmetikstudio eingerichtet. Doch auch in diesen Räumen trägt man dem alten Charme Rechnung. Der Parkettboden glänzt, an der Wand neben der Tür befindet sich ein venezianischer Spiegel. Von der Decke hängt ein Kronleuchter aus Murano-Glas. Dann geht es auf eine enge Wendeltreppe, an der Wand Fenster aus Butzenscheiben. Der Aufgang erinnert an die Stiege eines Burgturmes. Die Treppe endet unter dem Dach. Von dort aus hat man einen guten Ausblick über den großen Garten, der sich hinter dem Haus erstreckt. Ludwig Lettenmayer öffnet ein Fenster und streckt den Arm aus. "Man kann von hier aus bis zum Bürgerturm sehen", sagt er.

Lettenmayers Tochter Lisa ist seit Kurzem approbierte Apothekerin. "Mein Vater war sehr froh, als ich mich entschloss, die Apotheke eines Tages zu übernehmen", sagt sie. Im Vorderhaus befindet sich auch ein kleines Labor. "Hier stellen wir eigene Salben und Hustensäfte her. So etwas macht nicht mehr jede Apotheke". Angesprochen auf das fehlende Schild mit dem typischen roten "A", das normalerweise jeden Apothekeneingang ziert, sagt Ludwig Lettenmayer: "Die Geschichte unseres Hauses sorgt dafür, dass wir auch ohne Werbung genug Kundschaft haben und dass wir trotz der großen Apothekendichte in Freising 15 Angestellte beschäftigen können." Und mit einem verschmitzten Lächeln fügt er hinzu: "Ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass wir diese Art von Werbung nicht nötig haben. Es würde das Erscheinungsbild des Hauses von außen doch etwas ruinieren."

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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