Neuer Stadtteil:Freiham bekommt keine U-Bahn

Lesezeit: 3 min

  • Eine Verlängerung der U 5 in den neuen Stadtteil Freiham wird es wohl nicht geben, da sich das Projekt laut einem Gutachten nicht rechnet.
  • Das zwischenzeitlich ruhende Konzept der Verlängerung der Tram 19 von Pasing nach Freiham soll jetzt wieder aufgenommen werden.
  • Diskutiert wird auch eine neue tangentiale Verknüpfung der radial verlaufenden S-Bahn-Linien im Westen von Freiham aus.

Von Ellen Draxel, Freiham

Der neue Stadtteil Freiham wird wohl eine Tram, in absehbarer Zeit aber keinen U-Bahn-Anschluss bekommen. Eine Verlängerung der U 5 nach Freiham, wie seit Monaten vehement von Lokalpolitikern und Bewohnern des 22. Stadtbezirks gefordert, rechnet sich einem Gutachten zufolge nicht.

Die systemvergleichende Untersuchung, die die Firma Intraplan Consult im Auftrag des Planungsreferates und der Stadtwerke durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass "nur die zusätzliche Erschließung des Entwicklungsgebietes mit einer Straßenbahn als gesamtwirtschaftlich vorteilhaft zu bewerten" ist. Zwar würde eine Verlängerung der U 5 bis nach Freiham mit vier neuen Haltestellen dem öffentlichen Nahverkehr einen Zuwachs bescheren und den Autoverkehr auf den Straßen deutlich reduzieren. Und auch auf den S-Bahn-Strecken schlüge eine spürbare Entlastung positiv zu Buche. Diese Pluspunkte wiegen den Kostenfaktor aber nach Einschätzung der Gutachter nicht auf.

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Für die Trambahnstrecke zwischen Pasing und Freiham rechnen die Planer mit Investitionen in Höhe von rund 53 Millionen Euro. Die entsprechenden Werte für die U-Bahn-Trasse liegen um mehr als das Neunfache höher, bei circa 485 Millionen Euro. "Für jeden durch die Tramverlängerung hinzugewonnenen Fahrgast müssten etwa 12 000 Euro aufgewendet werden, bei einer Verlängerung der U 5 nach Freiham sind es etwa 80 000 Euro", so das Resümee des Gutachtens. Im Übrigen sei die Tram hinsichtlich der "Erschließungswirkung" der Viertel im Westen eindeutig im Vorteil, denn: Eine U-Bahn-Verbindung erfordere auch noch ein zusätzliches Busnetz, welches ergänzend finanziert werden müsste. Als problematisch erachtet der Gutachter außerdem die Auto-Verkehrsströme, die eine U-Bahn-Endstation in Freiham auslösen könnte. Ein großer Park-and-ride-Parkplatz mit tausend Stellplätzen etwa würde das lokale Straßennetz nicht entlasten, sondern nur zu noch mehr Pkw-Fahrten führen.

Für die Bewertung hat Intraplan Consult die Verlängerung der U 5 von Laim nach Pasing mit einem Acht-Minuten-Takt bereits vorausgesetzt, ebenso die Realisierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke mit den entsprechenden Angebotsänderungen sowie die Anpassung der Buslinien 57 (Laimer Platz - Neuaubing West), 143 (Olympia-Einkaufszentrum - Freiham/Möbel Höffner), 162 (Moosach Bahnhof Eichelhäherstraße) und des 267er-Busses (Fürstenried West - Altenburgstraße). Aus Freiham, kalkulierten die Planer, werden voraussichtlich rund 20 500 Bewohner, gut 11 000 Erwerbstätige und circa 4400 Schüler das Verkehrsnetz im Jahr 2025 nutzen. Und für das Bestandsgebiet Aubing und Westkreuz unterstellten sie einen Bevölkerungszuwachs bis 2025 um rund 4000 Menschen auf dann insgesamt 28 000 Einwohner; die aktuellen Siedlungsvorhaben Aubing-Mitte, Gleisharfe, Dornier-Gelände sowie Aubing-Ost schon eingerechnet.

In dem vergleichenden Planspiel des Gutachtens würde die Tram 19 vom Bahnhof Pasing zur Hauptverkehrszeit im Fünf-Minuten-Takt verkehren, sonst alle zehn bis 20 Minuten bis zum S-Bahnhof Freiham. Die U-Bahn hingegen käme alle acht bis zehn Minuten, mit Stopps am Westkreuz, an der Radolfzeller Straße und an der Riesenburgstraße. Zur Feinerschließung wäre bei der U-Bahn-Version zudem eine neue Buslinie zwischen Freiham-Süd und dem S-Bahnhof Aubing notwendig. Entfallen müsste in beiden Fällen jedoch die Buslinie 57.

Die Verlängerung der Tram 19 von Pasing wird wieder diskutiert

Im Prinzip, so das gutachterliche Fazit, seien für den Bau einer Siedlung in Freiham allerdings weder die Tram noch die U-Bahn zwingende Erschließungsvoraussetzungen. Denn das Quartier sei bereits heute mit zwei S-Bahn-Haltestellen, diversen Buslinien und drei Autobahnanschlüssen gut angebunden.

Das Planungsreferat hofft nun, dass das Ergebnis des Systemvergleichs in Sachen Verkehrsinfrastruktur zu einer "Versachlichung der Diskussion" beiträgt. Das zwischenzeitlich ruhende Konzept der Verlängerung der Tram 19 von Pasing nach Freiham soll jetzt wieder aufgenommen, die Option einer U-Bahn-Trasse für den Fall geänderter Rahmenbedingungen langfristig aber dennoch offen gehalten werden. Darüber hinaus denkt man im Referat darüber nach, ob nicht eine neue tangentiale Verknüpfung der radial verlaufenden S-Bahn-Linien im Westen von Freiham aus sinnvoll sein könnte, um die Anbindung von Aubing, Ober- und Untermenzing zu verbessern. Mit dem Gutachten wird sich nun der Planungsausschuss des Münchner Stadtrates befassen, ein Termin dafür steht allerding noch nicht fest.

Der Entwurf einer Beschlussvorlage zur Erschließung Freihams durch den öffentlichen Personennahverkehr ist bereits ausgearbeitet; die Bezirksausschüsse Pasing-Obermenzing, Laim und Aubing-Lochhausen-Langwied sind nun gebeten, Stellung zu nehmen. Die hauptsächlich betroffenen Lokalpolitiker aus Aubing-Lochhausen-Langwied haben das Thema angesichts seiner Komplexität erst einmal vertagt.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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