Erding:Erster Flüchtlingsflieger aus Rom erreicht München

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Hilfesuchende aus Eritrea kamen am Dienstag am ehemaligen Fliegerhorst in Erding an. (Foto: Renate Schmidt)
  • 188 Flüchtlinge aus Eritrea sind per Charterflug am Münchner Flughafen angekommen und in das Durchgangs-Camp in Erding gebracht worden.
  • Auf diesem Weg will Deutschland etwa 27 000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufnehmen.

Von Florian Tempel, Erding

An Bord des Charterflugs aus Rom, der am Dienstagmittag am Münchner Flughafen landete, waren ganz besondere Passagiere: 188 Flüchtlinge aus Eritrea. Es war der erste Flüchtlingsflieger aus Italien. Im Oktober waren bereits ähnlich viele Asylsuchende, fast alle Syrer, aus Griechenland per Flugzeug nach Deutschland gebracht worden. In den kommenden Wochen und Monaten soll es nun regelmäßig weitere Flüge geben, abwechselnd jede Woche eine Maschine aus Rom und Athen - jeden Monat 1000 Menschen, so lange, bis 27 320 Flüchtlinge nach Deutschland umgesiedelt sind. So sehen es zwei EU-Ratsbeschlüsse vor, die im September 2015 gefasst wurden, um Italien und Griechenland bei der Betreuung von Flüchtlingen zu entlasten.

Die Übernahme der 188 Eritreer am Dienstag war perfekt organisiert und das exakte Gegenteil chaotischer Zustände. Fünf Busse, die direkt auf das Flughafengelände gefahren waren, holten die Frauen und Männer vom Flieger ab, um sie umgehend ins nur 20 Kilometer entfernte Erding zu bringen. Am dortigen Fliegerhorst steht seit dem Herbst 2015 ein riesiges Durchgangs-Camp, der sogenannte Warteraum Asyl mit 3500 Schlafplätzen in alten Tornado-Unterständen und Leichtbauhallen, die so groß wie Volksfestzelte sind. Um die Versorgung der Flüchtlinge kümmern sich das Deutsche Rote Kreuz und der Verein Flüchtlingshilfe Erding, Hausherr im Camp ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Der Ablauf dort ist strikt durchgeplant: Nach dem Aussteigen ging es für die Eritreer in die Erste-Hilfe-Halle. Der Gesundheitsstatus der Flüchtlinge war in den vergangenen Tagen schon mehrfach überprüft worden. Jeder war in Italien einem großen Medizin-Check unterzogen worden, inklusive Röntgenaufnahmen. Am Tag vor dem Abflug gab es noch eine "fit for travel"-Untersuchung. An den Schnelldurchlauf im Medizinzelt schloss sich so etwas wie eine gemütliche, bayerische Begrüßung an: In einem sehr gut gewärmten Zelt nahmen alle Eritreer an Biertischgarnituren Platz und bekamen ein Lunchpaket mit Butter- und Käsesemmeln sowie einem Apfel.

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Von hier ging es in kleinen Grüppchen und ohne Hast zur erkennungsdienstlichen Registrierung und weiter zur Einweisung in die Schlafhallen. Nach nur einer Nacht geht es mit zwölf Bussen in verschiedene Erstaufnahmezentren in der Republik. Wer schon Familie in Deutschland hat, wird in deren Nähe untergebracht. Um 18 Uhr am Mittwoch wird das Camp wieder leer sein.

Die Mitarbeiter im Warteraum Erding haben die Ankunft neuer Flüchtlinge geradezu sehnlich erwartet. Immer nur gut vorbereitet sein, ohne aber konkrete Arbeit zu haben, ist für sie auf Dauer extrem unbefriedigend. Seit Ende Februar die Balkanroute dicht gemacht wurde, kamen keine Flüchtlinge mehr dort an. Davor waren an manchen Tagen im Herbst und Winter 2015 mehr als 2000 Menschen direkt von der bayerisch-österreichischen Grenze ins Erdinger Camp gebracht worden. Nur für einen kurzen Aufenthalt, bevor es in eine Erstaufnahmeeinrichtung irgendwo in Deutschland weiterging. Oder bevor sich die Flüchtlinge selbst wieder auf den Weg machten, um sich zum Beispiel bis nach Schweden durchzuschlagen.

Diese Art unkontrollierter Eigeninitiative hatte viele irritiert und verängstigt, erst recht als bekannt wurde, dass heuer mehrmals IS-Terrorverdächtige Monate zuvor im Warteraum Erding ganz offiziell registriert worden waren - als scheinbar harmlose Flüchtlinge. Das solle sich nun auf keinen Fall wiederholen, so Volker Grönhagen, Leiter des Warteraums Erding. Alle Flüchtlinge würden nun einer sehr gründlichen Überprüfung "durch unsere Dienste" unterzogen.

Die Menschen, die eingeflogen werden, sind aber ohnehin handverlesen. Ihre Umsiedlung werde seit Wochen, wenn nicht schon seit Monaten von den italienischen und deutschen Behörden akribisch geplant, versichert Grönhagen. Alle Flüchtlinge müssen eine sehr gute Bleibeperspektive haben. Konkret heißt das, sie müssen aus Syrien, Iran, Irak oder Eritrea stammen.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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