Fluglärm in Markt Schwaben:An der Grenze des Zumutbaren

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So wie hier am Himmel über Erding hinterlassen auch über Markt Schwaben jeden Tag viele Flugzeuge ihre Spuren. (Foto: Peter Bauersachs)

Nach dem Eindruck vieler Markt Schwabener fliegen seit dem Sommer immer mehr Flugzeuge über den nördlichen Landkreis Ebersberg. Dagegen unternehmen lässt sich wohl nichts.

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

Paragraf 1 des deutschen Luftverkehrsgesetzes besagt: "Die Benutzung des Luftraums ... ist frei." So verheißungsvoll das klingen mag, so viele Probleme bringt die Regelung mit sich. Denn nicht wenige Bürger - gerade in Markt Schwaben und den umliegenden Gemeinden - wünschen sich über ihren Häusern und Wohnungen einen Luftraum, der weniger frei von Einschränkungen, dafür aber von Flugzeugen ist. Eine zunehmende Zahl von Maschinen, die über ihre Köpfe hinweg donnern, machen den Fluglärm immer unerträglicher - sagt zumindest das Gefühl vieler Bewohner des nördlichen Landkreises. Wirkliche Belege für eine steigende Zahl von Flugzeugen über Markt Schwaben fehlen.

Im Bestreben, mehr Fakten auf den Tisch zu bringen und die Bürger in einen konstruktiven Dialog einzubinden, hatte die Markt Schwabener SPD gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer (SPD) am Mittwoch zu einem Informationsabend ins Schweiger Brauhaus eingeladen. Referent war Herbert Knur, der Vorsitzende der Münchener Fluglärmkommission, einem Beratungsgremium für den Flughafen im Erdinger Moos. Knur versuchte nicht, Verständnis für den Fluglärm zu schaffen, sondern klärte über die aktuelle Sachlage auf.

Er berief sich auf eine fünfwöchige Messung, die im Auftrag des Flughafens im vergangenen Juli und August durchgeführt wurde. Demnach liegt der Lärm über der Gemeinde tagsüber bei 45 Dezibel und während der Nacht bei 40 Dezibel. Gemessen wurde allerdings die sogenannte Dauerschallbelastung. "Alle Geräusche werden wahrgenommen und dann als Durchschnitt nivelliert", sagte Knur. Einzelne Lärmspitzen können also durchaus bei über 70 Dezibel liegen, werden dann aber mit den Ruhephasen zu einem Mittelwert verrechnet.

Die Werte in Markt Schwaben lägen noch im Rahmen des Zumutbaren. Es existiert zwar keine gesetzliche Grenze, was zu viel und zu lauter Lärm ist, doch als Bezugspunkt gelten Grenzwerte für Ansprüche auf passiven Lärmschutz. Wenn nämlich der von Flugzeugen verursachte Lärm die Marke von 55 Dezibel überschreitet, haben Betroffene Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen. Erst dann gilt Lärm als unzumutbar und unzulässig.

Erst wenn der Flughafen Schutzfenster zahlen muss, ist der Lärm offiziell zu viel

Heißt im Klartext: Erst wenn der Flughafen die Kosten für Schallschutzfenster übernehmen muss, ist der Lärm zu viel. "Natürlich werden einzelne Flugbewegungen am Himmel als belästigend wahrgenommen - auch zu Recht", sagte Knur, "besonders, wenn man an einem lauen Sommerabend auf der Terrasse sitzt." Doch rechtlich kann eine einzelne Kommune nur wenig daran ändern, die Gesetze kommen aus Berlin.

Selbst bei einer anderen Gesetzeslage bliebe noch eine zweite Hürde: die Geografie. Der Flughafen im Erdinger Moos kann aus zwei Richtungen angeflogen werden, aus Westen und aus Osten. Dies ist abhängig von der Wetterlage, denn die Flugzeuge müssen gegen den Wind starten. "Problematisch für Markt Schwaben ist vor allem die Betriebsrichtung West", so Knur, "die durchschnittlich an zwei von drei Tagen im Jahr geflogen wird."

Dann wickeln sich die An- und Abflüge südlich des Flughafens in einem Korridor ab, der zwischen Markt Schwaben und Pliening verläuft. Einige Bürger schlugen also vor, den Luftraum zu verlegen oder die Belästigung großflächig auf die Umgebung zu verteilen. Knur hält diese Idee allerdings für nicht praktikabel: "Der Korridor ist nicht zufällig gewählt. In Ottersberg am Rande der Gemeinde Poing steht nämlich ein Funkfeuer, das zur Flugsicherung im südbayerischen Raum bis nach Österreich genutzt wird."

Da im Umkreis nur wenige solche Anlagen mit ähnlicher Funktion installiert sind, könne der Standort nicht einfach verschoben werden. Um eine wirksame und faire Lösung zu finden, da waren sich Ewald Schurer, Herbert Knur und die anwesenden Lokalpolitiker einig, müssen sich die Kommunen zusammentun. Gemeinsam gegen Fluglärm war also die Losung des Abends. Konkrete Schritte sind bisher aber nicht geplant.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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