Markt Schwaben:Goldfische bedrohen Frösche und Kröten

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In dem Weiher in Markt Schwaben entwickeln sich die freigelassenen Goldfische prächtig. (Foto: Jochen Carl)
  • Viele Menschen setzen Goldfische in freien Gewässern aus.
  • Das ist problematisch, da Goldfische die Eier von einigen Amphibien fressen.
  • Wenn ein Gewässer mal in diese Schieflage gekommen ist, ist das Problem nur schwer zu beheben.

Von Rita Baedeker, Markt Schwaben

Nur wenige Schritte vom Burgerfeld in Markt Schwaben entfernt, wähnt sich der Besucher in beinahe unberührter Natur. Dunkelgrüne Schilfhalme säumen den Teich der Grünanlage, es zirpt und quakt aus allen Richtungen, Enten paddeln durchs Röhricht oder sonnen sich auf der Kiesbank am Ufer. Doch die Idylle trügt.

Schon von Weitem sieht man sie rot und gelb unter der Wasseroberfläche leuchten: Schwärme von Goldfischen. Wie in fast allen Gewässern im Landkreis sind sie auch in diesem Teich heimisch, eine Fischart, die zu den Sympathieträgern zählt, aber für Amphibien eine tödliche Bedrohung darstellt. Wie es der Goldfisch in die freie Natur geschafft hat? Der Mensch setzt ihn aus; entweder, weil er das Tier loswerden möchte, oder weil er feststellt, dass der Kleine den Winter im Gartenteich nicht überleben würde.

Natürliche Feinde hat "Carassius auratus" nicht, dafür eine hohe Lebenserwartung von bis zu 30 Jahren. So sehr der Mensch seinen Goldfisch liebt, zum Fressen gern hat er ihn nicht, daher haben Angler wenig Interesse an den gut genährten Mini-Karpfen, die nur schwer abzufischen sind. "Die sind im Nu von der Bildfläche verschwunden und gründeln tief im Schlamm", sagt Richard Straub vom Landesbund für Vogelschutz, der sich mit Jochen Carl vom Bund Naturschutz, Kreisgruppe Ebersberg, um das Problem kümmert. Ließe man Hechte auf die Zierfische los, würden am Ende sie den Tümpel leer fressen. Und an die Leine legen, wie in einer Hollywood-Komödie von Howard Hawks aus den Sechzigern behauptet? Wohl eher nicht.

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Goldfische entwickeln einen ungeheuren Appetit auf die Eier und Larven der Amphibien, etwa von Kamm-Molch und Laubfrosch. "Viele Neophyten und Neozoen sind bei uns eingewandert und heute Bestandteil unserer Fauna und Flora", sagt Carl. Einige neue Arten würden großen Schaden im Ökosystem anrichten, weil sie die heimischen Bewohner verdrängen. Dazu gehöre insbesondere der Goldfisch, so Carl, es gebe praktisch kein Gewässer mehr ohne diese Tierart.

Allein in Markt Schwaben vermuten die Naturschützer 500 Exemplare. Neben diesem Fressfeind, so eine Studie der Universität Koblenz-Landau, setzten den Amphibien Pestizide, die erhöhte UV-Strahlung, die Klimaerwärmung, Krankheiten sowie der Verlust an Lebensraum zu. Ein Rückgang von Kröten, Molchen und Fröschen sei bereits deutlich messbar, so Carl.

Der Mensch hat Schuld an der ökologischen Schieflage

"Unsere heimischen Gewässer sind goldfischverseucht", hat auch Straub festgestellt. Er macht keinen Hehl aus seinem Ärger über Zeitgenossen, die trotz wiederholter Warnungen und Aufrufe ihre Goldfische aussetzen. Oft geschehe das im Verborgenen. Helmut Deffner vom Aktivkreis Umwelt in Markt Schwaben schaut am Tümpel nach dem Rechten. Wenn er jemanden beobachtet, der im Begriff ist, Goldfische ins Wasser zu kippen, sucht er das Gespräch. "Die Leute reagieren zunächst positiv und einsichtig, aber dann tun sie es trotzdem", ist seine Erfahrung.

Schuld an der ökologischen Schieflage ist nicht der Fisch, sondern der Mensch. Der kauft je nach Größe für vier bis sieben Euro einen Goldfisch, gelb, orange-weiß gefleckt oder weiß-rot-schwarz, vergisst aber, dass ein Gartenteich im Winter bis zum Boden zufrieren kann. Im Herbst setzt er seinen Liebling dann in einem Gewässer aus, wo dieser sich prächtig entwickelt - auf Kosten der anderen Teichbewohner. Auch die Werbung, etwa eines großen Baumarktes, spiele da eine Rolle, sagt Carl. Als Comic-Held kommt der Goldfisch im Ranking gleich hinter dem Trickfilm-Clownfisch Nemo.

In der heimischen Natur kommt der Goldfisch nicht vor, er ist das Ergebnis einer etwa tausend Jahre alten chinesischen Züchtung. Dort schwimmen Goldfische als lebende Schmuckstücke in kunstvoll verzierten Keramikgefäßen umher.

Die Goldfische werden zur Plage

Die meisten Menschen handelten aus Unkenntnis, davon ist Carl überzeugt. Sie sollten sich aber klarmachen, dass es verboten ist, Tiere aus der Natur herauszunehmen oder welche auszusetzen. Als im südlichen Landkreis vor einiger Zeit ein Weiher abgelassen werden musste, habe man das Ausmaß der Plage erkannt.

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Schilder nutzten da nur wenig, sagt er. Umweltvergehen würden als Kavaliersdelikt angesehen. "Der Schaden ist schnell angerichtet, ihn zu beheben schwierig", pflichtet Straub ihm bei. Das Aussetzen der Fische habe eine Kettenreaktion ausgelöst, die nicht zu stoppen sei. Verschlimmert werde die Lage dadurch, dass manche Leute die Fische aus falsch verstandener Tierliebe auch noch fütterten. Oft mit dem Argument, dies mache den Kindern Freude.

Bei denen müsste man ansetzen und das Verständnis für das Leben im Tümpel wecken, sagen übereinstimmend die Naturschützer. So wie man die junge Generation einst für die Mülltrennung sensibilisiert habe, könne man den Kindern auch beibringen, dass Goldfische in unseren Gewässern absolut nichts zu suchen haben.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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