"DSDS in concert":Wie eine Familie um ein Konzert geprellt wurde

Lesezeit: 4 min

  • Eine Familie aus Landshut wollte sich die Show "DSDS live in concert" im Circus Krone anschauen - doch die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt.
  • Weder das Ticketportal noch der Veranstalter erstatten die Ticketpreise zurück.
  • Immer häufiger fühlen sich Menschen bei derartigen Vorfällen geprellt.

Von Franziska Stadlmayer

Es sollte eine Überraschung für ihre drei Kinder sein. 250 Euro hat Eva Triebswetter für die fünf Tickets für "DSDS live in concert" bezahlt, am 25. Juni dieses Jahres im Circus Krone in München, mit DSDS-Vorjahressieger Prince Damien und weiteren Finalisten. Doch als die Familie aus Landshut vor dem Circus Krone ankam, brach Enttäuschung aus. "Das Konzert war abgesagt worden und wir standen mit gut 30 anderen Ticketbesitzern vor der Halle", erzählt Triebswetter.

Vom Ticketportal Eventim, über das sie die Karten gekauft hatte, war zwei Tage vorher eine E-Mail mit der Absage des Konzerts gekommen. "Die Mail hatte ich aber nicht gleich gelesen, weil ich öfters Werbemails von Eventim bekomme", sagt Triebswetter. Im Betreff der Mail wurde zwar ein wichtiger Hinweis für die Veranstaltung angekündigt, die Absage des Konzerts fand sich aber erst im Text.

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Die Enttäuschung ist mittlerweile verarbeitet. Viel schlimmer ist, dass Eva Triebswetter über vier Monate später immer noch nicht weiß, was mit ihrem Geld ist. "Ich habe alle Beteiligten kontaktiert", sagt sie, "aber keiner fühlt sich zuständig."

Eventim schrieb bereits in seiner Konzertabsage: "Bedauerlicherweise ist es uns nicht möglich, eine Rückabwicklung ihres Auftrags vorzunehmen. Wir haben Ihnen die Eintrittskarten lediglich im Auftrag des Veranstalters, der Brown Media GmbH, Inhaber Sebastian Modl, verkauft." An Modl, der auch als Geschäftsführer firmiert, schrieb Eva Triebswetter E-Mails und einen Brief, eine Antwort kam bis heute nicht. "Es kann immer sein, dass ein Konzert abgesagt werden muss, aber dann erwarte ich einen Ersatztermin oder eine Rückerstattung", sagt Triebswetter.

Auf Anfrage der SZ meldet Modl sich per E-Mail. "Wir haben niemanden geprellt", teilt er mit. Und: "Bitte haben Sie Geduld, wir probieren Ersatztermine für die Kunden zu veranstalten." Nachfragen kommen als unzustellbar zurück, die E-Mail-Adresse ist nicht mehr erreichbar. Im August wurde am Amtsgericht Coburg ein Insolvenzverfahren gegen die Firma Brown Media GmbH eröffnet.

Beim bayerischen Verbraucherschutz kennt man die Klagen von Kunden, die sich durch Konzertveranstalter geprellt fühlen. "Wir stellen im Speziellen bei Tickets häufiger fest, dass es ein Problem mit den Zuständigkeiten gibt", sagt Tatjana Halm, Referatsleiterin für Markt und Recht bei der Verbraucherzentrale Bayern, "es gestaltet sich tatsächlich immer schwieriger, den Ansprechpartner zu finden. Deshalb sollte man im Kleingedruckten schauen, wer wirklich die Tickets verkauft." Dort verweisen Portale gerne darauf, dass sie nur als Vermittler für den Verkäufer tätig sind - und damit bei Schäden oder Ausfällen nicht haften.

Eventim betont auf Anfrage, für das DSDS-Konzert in München sei man nur Vorverkaufsplattform gewesen: "Lediglich der Aussteller der Eintrittskarten, also der Veranstalter, schuldet den Ticketinhabern die Durchführung einer Veranstaltung. Als Ticketing-Dienstleister können wir Rückerstattungen nur dann vornehmen, wenn wir vom Veranstalter mit der Abwicklung beauftragt werden." Ein solcher Auftrag habe hier nicht vorgelegen.

Eva Triebswetter findet das unbefriedigend: "Klar kaufe ich Tickets auch deshalb über Eventim, weil ich denke: Das ist eine seriöse Plattform." Wie viele andere Kunden vertraute sie darauf, dass sie sich im Schadensfall an das Portal wenden kann: "Eventim verdient Geld mit den Tickets, wie können sie sich dann rechtlich raushalten?" Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale sagt zum Verhältnis zwischen dem Verkäufer des Tickets und dem Ticketportal: "Die Rechtslage ist hier nicht eindeutig."

Eva Triebswetter schrieb zuerst E-Mails, andere Geschädigte gingen gleich zur Polizei. Zuständig ist das Polizeipräsidium Oberfranken, bei dem die Anzeigen gegen die Brown Media zusammenlaufen. Das Präsidium bestätigt, dass überwiegend im süddeutschen Raum etwa 70 Anzeigen in Zusammenhang mit der Absage von "DSDS live in concert" eingegangen seien. Straftatbestand: mutmaßlicher Leistungsbetrug.

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Wenn Kunden, wie in diesem Fall geschehen, umgehend weder eine Rückerstattung noch ein Ersatzkonzert angeboten bekommen, empfiehlt die Polizei, Anzeige zu erstatten. Allerdings ist sie für die strafrechtlichen Ermittlungen zuständig, nicht dafür, dass geschädigte Kunden ihr Geld zurückbekommen. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit, mit der die Kunden einen Anwalt beauftragen können. Ob sich das finanziell lohnt, ist oft zweifelhaft.

Die Frage, was sie unternehmen können, stellen sich aber nicht nur Ticketkäufer in München. Hauptveranstalter der Tour "DSDS live in Concert" ist die Michow Konzertagentur, ansässig in Hamburg. Das Unternehmen teilt mit, dass fünf von 15 geplanten Konzerten kurzfristig von der Brown Media, die jeweils als örtlicher Veranstalter auftrat, abgesagt worden seien. Neben München waren das die Veranstaltungen in Erfurt, Löbau, Mannheim und Nürnberg.

Wie die Agentur in einer Pressemitteilung vermeldet, hatte die Brown Media als örtlicher Veranstalter offenbar die gebuchten Hallen nicht rechtzeitig bezahlt. "Wir haben versucht, den Fans den Eintritt für Konzerte in einer anderen Stadt zu ermöglichen", teilt Michow Concerts mit. In der Kürze der Zeit sei dies aber nicht für alle Städte möglich gewesen. Für eine Rückerstattung verweist die Agentur ebenfalls an die Brown Media.

Auch beim Circus Krone ist man verärgert. So kurzfristig lasse sich die Halle nicht neu vermieten, dazu kommen die Personal- und Nebenkosten, heißt es von dort. Absagen von Veranstaltungen gebe es immer wieder, ohne Ersatztermin oder Rückerstattung allerdings so gut wie nie. Und was sagt RTL, das die Lizenz für die "DSDS live in concert"-Veranstaltungen an Michow Concerts vergeben hat? Man sei über die organisatorischen Details nicht informiert, und es tue "uns sehr leid, dass die Fans enttäuscht und verärgert sind". Ob es einen Imageschaden für RTL oder DSDS gebe, das möchte der Sender nicht kommentieren.

Eva Triebswetter hat auch Anzeige gegen den Veranstalter erstattet. Trotz allem hofft sie immer noch auf ein Ersatzkonzert: "Vor allem für die Kinder, für die wäre das einfach toll."

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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