Diebstahl:Cousine von Papst Benedikt XVI. jagt Handtaschendieb durch die U-Bahn

Lesezeit: 2 min

Mithilfe mehrerer Passanten kann die 87-jährige Klothilde Kreutterer den Täter fassen.

Interview von Lisa Marie Wimmer

Wer mit dem Papst verwandt ist, hat einen kurzen Draht zu seinem Schutzengel - das versteht sich eigentlich von selbst. Die Münchnerin Klothilde Kreutterer ist die Cousine des Papstes Benedikt XVI - zu dem sie allerdings schon länger keinen engen Kontakt mehr hat. Kürzlich erlebte die 87-Jährige, wie es ist, wenn einem jemand ganz schnell hilft, wenn es nötig ist.

Sie wurde an der U-Bahn Station Westendstraße Opfer eines Taschendiebes. Schnell bewiesen etliche Passanten Zivilcourage und standen der Münchnerin hilfreich zur Seite. Gerne würde sich Klothilde Kreutterer bei ihren Rettern persönlich bedanken, aber sie hat von keinem die Adresse. Deswegen macht sie es jetzt mit diesem Interview.

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Von Martin Bernstein

SZ: Frau Kreutterer, wie hatte der Dieb denn versucht, Ihre Handtasche zu stehlen?

Klothilde Kreutterer: Ich saß auf einer Bank am U-Bahnsteig. Neben mir war ein nicht sehr junges Pärchen, das sich küsste. Ich habe mich noch gewundert, weil der Mann bei der Frau so komisch im Gesicht herumgegrapscht hat, dass man deren Gesichter gar nicht sehen konnte. Ich stellte meine Tasche neben mich und bückte mich, um mir meinen Schnürsenkel neu zu binden. Als ich wieder hoch sah, rannte der Mann, der eben noch mit der Frau beschäftigt war, mit meiner Tasche den Bahnsteig entlang.

Wie haben Sie dann reagiert?

Ich bin ihm natürlich hinterher gelaufen und habe gerufen: "Hilfe, Polizei, Hilfe." Sie müssen wissen, dass ich jede Woche mit dem "Einstein" Gassi gehe, ein Hund, mit dem ich manchmal unterwegs bin. Der rennt dann immer so schnell. Da muss ich dann natürlich hinterher. Er gehört einer Sekretärin in einer Grundschule. Dort bin ich nämlich Lesepatin. Der Dieb jedenfalls, den ich verfolgt habe, machte auf mich einen ganz normalen Eindruck, war aber groß und kräftig. Einige Männer folgten mir, eine junge Dame gab einem Herrn, der sehr korrekt aussah, ihr Handy und sagte ihm, er solle die Polizei rufen. In dem Moment fuhr die U-Bahn ein.

Das klingt ja ganz schön spannend.

Ja, war es auch. Der Dieb rannte dann in die U-Bahn, ich hinterher, die Männer auch. Er warf meine Tasche weg. Ein Herr, der in der U-Bahn saß, sprang auf und riss dem Dieb meine Geldbörse aus der Hand. Dann drängten wir alle zusammen den Dieb wieder hinaus aus der Tür. Er wollte weglaufen, aber wir haben ihn auf der Sitzbank festgehalten. Er versuchte es wieder und wieder. "Nichts da, du bleibst sitzen", hat einer der Männer gerufen. Zwei junge Frauen haben mich ganz nett beruhigt und gesagt: "Bleiben Sie ruhig, setzen Sie sich, ist ja nichts passiert." Die dachten wohl, ich falle um, aber ich wollte ja sehen, was passiert. Und dann kam auch schon die Polizei, die den Übeltäter festnahmen.

Gab es unter den vielen hilfsbereiten Passanten auch welche, die nur zugesehen haben?

Ja natürlich, aber es waren ja schon genug da, die geholfen haben. Die hätten ja nichts tun können. Aber von den wirklichen Helfern hat sich nicht einer entfernt. Ich denke, die hatten sicher Termine, und sind trotzdem geblieben. Alle, mir völlig fremden Menschen, auch die jungen Damen, blieben und gaben ihre Angaben bei der Polizei zu Protokoll. Leider habe ich in der Aufregung keine einzige Adresse festhalten können, um mich zu bedanken.

Es klingt wirklich beeindruckend, wie Sie unterstützt wurden.

Ich habe immer gedacht, dass niemand helfen würde in so einer Situation. Weil man es nicht sehen will oder zu träge ist. Deswegen will ich mich ja unbedingt bedanken. Das gehört sich einfach. Wenn ich in der Situation des Helfers wäre, würde ich denken: Zumindest hat sie sich bedankt.

© SZ vom 24.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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