Demonstrationen:Einschränkungen für Pegida sind gut, aber heikel

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Zu den Pegida-Kundgebungen ist die Polizei in der Innenstadt schwer beschäftigt. (Foto: Florian Peljak)

Die neue Linie der Stadt gegen die Demos von Pegida ist raffiniert und durchdacht. Selbst wenn sie vor Gericht scheitern sollte: Den Versuch ist es wert.

Kommentar von Heiner Effern

Die Stadt will die Umtriebe von Pegida eindämmen. Wieder einmal. Mehrere Versuche sind vor Gericht gescheitert. Besonders bitter stieß den Münchnern auf, dass die Richter nicht einmal am 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht, einen Aufmarsch verboten. Die Gesellschaft musste wieder einmal akzeptieren, dass das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung höchsten Schutz genießt.

Das ist in diesem Fall schwer zu akzeptieren, es lässt sich aber gerade wegen der Erfahrungen aus der Nazi-Zeit stichhaltig begründen. So viel rechte und manchmal rechtsextreme Parolen muss eine offene Gesellschaft aushalten.

Nun wagen die städtischen Juristen mit einem neuen Bescheid einen neuen Vorstoß, allerdings mit einer völlig anderen Taktik. Die Rechte aller Nicht-Pegida-Demonstranten (1,5 Millionen minus einhundert) sollen nun herhalten, um das Grundrecht "zu modifizieren". Tatsächlich nerven der enorme Polizeieinsatz bei jeder Montagsdemo, die vielen Absperrungen, die dudelnden Muezzin-Rufe am Marienplatz tierisch. Was allerdings vor Gericht niemanden interessieren wird.

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Die Islamfeinde dürfen nur noch einmal pro Woche auf den Marienplatz, auch die Muezzin-Rufe vom Band werden seltener. Ob das so bleibt, entscheiden am Ende aber wohl die Gerichte.

Von Heiner Effern

Deshalb führt die Stadt nun Geschäftsleute ins Feld, die Einbußen beklagen. Anwohner, die den Lärm am Marienplatz nicht mehr aushalten. Tausende von MVV-Nutzern und Autofahrern, die wegen der Veranstaltungen in ihren Rechten eingeschränkt werden.

Das klingt für den Laien erst einmal charmant. Besonders da der Bescheid in der Tat äußerst geschickt die Eingriffe in das Grundrecht minimal hält. Alle Ersatzstandorte sind annähernd gleichwertig, niemand kann behaupten, dass sich Pegida nicht auch dort Öffentlichkeit verschaffen kann. Juristen würden sich wohl nicht wundern, wenn die Stadt vor dem Verwaltungsgericht trotzdem verlieren würde. Das wäre aber kein Grund, zu verzagen.

Die Stadt handelt richtig, wenn sie alles versucht, die zunehmend rechtsextremen Dauerdemonstranten zu bekämpfen. Immer wieder. Je kreativer, umso besser. Als Zeichen an Pegida, aber auch an die überwältigende Mehrheit der Münchner, die mit einer solchen Bewegung nichts zu tun haben will.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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