Die Stadt München begrenzt die Veranstaltungen von Pegida und verteilt sie über die Innenstadt. Auf dem Marienplatz ist von 9. Mai an nur noch einmal pro Woche eine Kundgebung erlaubt. Bisher sind es vier. Die Muezzin-Rufe dürfen nur noch einmal zu Beginn der Veranstaltung für fünf Minuten über die Lautsprecher laufen. Im Moment sind sie alle 15 Minuten genehmigt.
Auch am Odeonsplatz darf Pegida deutlich seltener auftreten: nur noch an einem ersten Montag im Monat und ohne den anschließenden Zug durch die Innenstadt (bisher jeden Montag). Einen entsprechenden Bescheid mit Ersatzstandorten für die übrigen Termine erließ das Kreisverwaltungsreferat (KVR) am Montag. Abzuwarten bleibt nun, ob Pegida dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen wird.

Rechtspopulismus:Reiter will ständige Auftritte von Pegida in der Innenstadt verbieten
Der Oberbürgermeister spricht von einer "völligen Überreizung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit" und will gegen die Muezzin-Beschallung vorgehen - auch auf die Gefahr, vor Gericht zu scheitern.
"Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem man sagt: So kann es nicht weitergehen", sagte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle. Dabei bezieht er sich ausdrücklich nicht auf die politischen Botschaften von Pegida, sondern auf die Beeinträchtigungen der Münchner durch ihre Veranstaltungen. Der geringen und teils immer noch schwindenden Zahl von Demonstranten stünden Zehntausende Anwohner, Geschäftsleute, MVV-Nutzer und Autofahrer gegenüber, die durch massive Sperrungen in der Innenstadt in ihrem Alltag "unzumutbar beeinträchtigt" würden, sagte Blume-Beyerle.
Am Montagabend kommen kaum 100 Pegida-Unterstützer, auf dem Marienplatz sind es oft keine zehn. Deshalb versuche die Stadt, das Grundrecht auf Meinungsäußerung voll zu wahren, dabei aber die Lärm- und Verkehrsbelastung gerechter zu verteilen.
Dem KVR-Chef und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist klar, dass sie sich auf rechtlich sensiblem Gebiet befinden. Reiter unterstützt das Vorgehen ausdrücklich, auch wenn die Gefahr einer Niederlage vor Gericht besteht. Er habe das KVR "ermuntert, alles zu tun, um den rechtlichen Rahmen auszuschöpfen", sagte er am Montag. Da habe ihn "niemand zum Jagen tragen müssen", ergänzte Blume-Beyerle am Dienstag. Sollte Pegida gegen den Bescheid klagen, schätzt der KVR-Chef die Chancen auf "fifty-fifty". Obwohl die Stadt bisher alle Pegida-Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verlor.
Juristisch betritt die Stadt mit den Einschränkungen "Neuland"
Seine Hoffnung gründet Blume-Beyerle auf eine "Sondersituation", die in Deutschland einmalig sei. Demos und Märsche eines Veranstalters "in dieser Intensität, beinahe täglich" habe es über so einen langen Zeitraum bisher nirgends gegeben. "Ein Ende ist nicht absehbar." 2016 und 2017 lägen regelmäßige Anmeldungen vor. "Die Beschwerdelage ist aber schon jetzt enorm", sagte Blume-Beyerle. Auch die Rechte der betroffenen Bürger dürfe die Stadt nicht ignorieren, deshalb sei "eine Modifizierung" des Grundrechts nötig. "Wir greifen ein, aber mit Augenmaß". Juristisch betrete die Stadt dabei "Neuland".
Die Basis dafür ist ein etwa 50 Seiten starker Bescheid. In dem werden für jeden jetzt schon genehmigten Pegida-Termin detailliert Ersatzstandorte und -routen benannt. Alle befinden sich ebenfalls direkt in der Innenstadt an ähnlich frequentierten Punkten. Die Kundgebung, die jetzt viermal die Woche auf dem Marienplatz stattfindet, soll abwechselnd auf den Max-Joseph-Platz, Stachus, Rindermarkt und die Neuhauser Straße (am Richard-Strauss-Brunnen) ausweichen.
Die sogenannten Montags-Spaziergänge sind nur noch zweimal im Monat genehmigt, einmal mit Start und Ziel an der Seidlstraße, einmal am Isartorplatz. An den restlichen Montagen sind Demonstrationen ohne Märsche am Stachus und am Stiglmaierplatz zugelassen. "Sehr sorgfältig" habe man sich um Ausweichorte bemüht, sagte der KVR-Chef, wohl wissend, dass die Initiative juristisch nach hinten losgehen kann. Wenn es "ganz dumm" laufe, verliere die Stadt jeden Einfluss auf die Pegida-Veranstaltungen.
Trotzdem kommt Unterstützung aus dem Stadtrat. "Absolut richtig" sei das Vorgehen, sagte SPD-Fraktions-Vize Christian Vorländer.