Debakel bei der Auswahl des Gesundheitsreferenten:Strenger Check für Beamte

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Passanten laufen am Münchner Rathaus vorbei über den Marienplatz. (Foto: Robert Haas)
  • Nachdem Markus Hollemann wegen seiner Nähe zu Abtreibungsgegnern den Posten des Gesundheitsreferenten nicht antreten durfte, stellt sich die Frage, wie er überhaupt in den Bewerberkreis kam.
  • In der Verwaltung durchlaufen Bewerber ein schwieriges Auswahlverfahren, bei dem die Teilnehmer auf Herz und Nieren geprüft werden.
  • Anscheinend ist das Verfahren bei "Stadtministern" jedoch weniger aufwendig.

Von Dominik Hutter, München

Darf ein scharfer Abtreibungsgegner eine Spitzenposition in der städtischen Verwaltung haben? Kann ein radikaler Christ, Moslem, Jude als städtischer Beamter arbeiten? Markus Hollemann, Kandidat für den Posten des Umwelt- und Gesundheitsreferenten, stürzte über seine Unterstützung für Abtreibungsgegner und christliche Fundamentalisten - und nicht nur im Rathaus fragen sich viele, wie der ÖDP-Politiker überhaupt in den engeren Bewerberkreis gelangen konnte. "Befremdend" sei das, findet Grünen-Stadträtin Sabine Nallinger. Denn in der Verwaltung würden sonst ganz andere Maßstäbe angesetzt. "Dort wird bei höheren Positionen jeder Bewerber auf Herz und Nieren überprüft", sagt die Politikerin, die einst selbst bei den Stadtwerken angestellt war.

Für Verwaltungsposten gibt es tatsächlich ein ausgeklügeltes Auswahlverfahren, das von Experten betreut wird. Es besteht aus Einzelinterviews, Gruppendiskussionen und einem langen Fragebogen, mit dem die Prüfer die Bewerber möglichst gut kennenlernen wollen. Grundsätzlich gelte das Prinzip: Je höher die Position, umso intensiver wird geschaut, berichtet Personalreferent Thomas Böhle.

Führungszeugnis vor der Einstellung

Auch Internetrecherche über den Bewerber gehöre dazu, allerdings sei dies angesichts der Vielzahl an Neubesetzungen nicht obligatorisch. Vor der Einstellung muss noch ein Führungszeugnis vorgelegt werden, die Bewerber werden zu Vorstrafen, Disziplinar- oder Ermittlungsverfahren befragt, es gibt eine Belehrung über die Pflicht zur Verfassungstreue.

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Politische Gesinnungstests sind freilich nicht vorgesehen - auch wenn sich die Grüne Nallinger durchaus an Fragen über ihr politisches Engagement erinnern kann. Die hätten im Fall Hollemann die Stadträte selbst vornehmen müssen. Das wäre auch nicht allzu schwer gewesen: Inzwischen ist der Eintrag auf Hollemanns Internetseite zwar gelöscht, doch noch am Mittwoch hätte jeder lesen können, dass der Kandidat für den Chefposten im Umwelt- und Gesundheitsreferat Sympathisant der umstrittenen Vereine "Aktion Lebensrecht für alle" und "Christian Solidarity International" ist.

Weniger Bewährungstests für "Stadtminister"

Tatsächlich müssen die "Stadtminister" aber viel weniger Bewährungstests überstehen als ihre späteren Untergebenen. Die acht Kandidaten haben sich am Donnerstag vergangener Woche nur jeweils 25 Minuten vor dem Stadtrat präsentiert und Fragen beantwortet. Bereits am Montag legte sich die CSU, die das Vorschlagsrecht hat, auf den ÖDP-Mann Hollemann fest. Am Mittwoch wäre er gewählt worden - wenn nicht seine Mitgliedschaften in den beiden Vereinen bekannt geworden wären. Die hatte Hollemann bei der Bewerbung verschwiegen.

Dass große Teile des Stadtrats obendrein seine Vorstellung wenig überzeugend fanden, interessierte angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht. Offiziell gibt es übrigens nur wenige Voraussetzungen für das Referentenamt: Ein Uni-Abschluss muss vorliegen oder zumindest eine dreijährige Tätigkeit in vergleichbarer Position. Vor der Einstellung folgt dann noch ein schriftliches Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Versicherung, kein Scientology-Mitglied zu sein.

© SZ vom 30.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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